Und Jimmy ging zum Theater
William Hartwig hatte es nie leicht in seinem Leben. Vorurteile und Krankheiten machten ihm zu schaffen. Dennoch hat der Fußballer viel erreicht
William „Jimmy“Hartwig war schon früher immer ein bisschen anders als andere Profi-Fußballer. Vielleicht, weil er um alles kämpfen musste und ihm nichts in den Schoß fiel. Als uneheliches Kind eines farbigen US-Soldaten hatte es der kleine Jimmy, der 1954 geboren wurde, in seiner Heimatstadt Offenbach nicht gerade leicht. Als Hartwig vier Jahre alt ist, verlässt der Vater die Familie und geht zurück in die Staaten. Von seinem Großvater – einem alten, übrig gebliebenen Nazi – setzte es täglich Ohrfeigen. Doch sein Talent konnte ihm keiner nehmen. Fußball war sein Ein und Alles. Aber selbst im Sport wurden ihm wegen seiner Hautfarbe manche Steine in den Weg gelegt.
Als Spieler später bei 1860 München war er ein willkommenes Opfer für den damaligen Meistertrainer Max Merkel. Der Österreicher ließ selten ein gutes Haar an Hartwig. Mit Sprüchen wie „der trifft aus elf Metern keinen Möbelwagen“stellte er Hartwig öfter bloß. Es gab Zeiten, da schämte sich Hartwigs ehemalige Frau so sehr, dass sie nicht mehr beim Metzger einkaufen wollte. Auch von seinen Gegenspielern musste er sich rassistische Sprüche anhören. Es sind Geschichten, die Hartwig, der trotz allem immer ein sympathischer und fröhlicher Kerl blieb, 1994 in seiner Biografie „Ich möchte noch so viel tun“erzählte. Das war nach seiner Krebserkrankung. Zweimal (1991 und 1993) wurde die Krankheit bei ihm festgestellt. Zweimal hat er sie besiegt. Das alles kam nach seiner Karriere als Kicker. Die war trotz allen Widrigkeiten erfolgreich. Mit dem Hamburger SV wurde der Mittelfeldspieler dreimal deutscher Meister. Zweimal wurde er sogar in die deutsche Nationalmannschaft berufen. Seine Trainerkarriere blieb überschaubar. 1989 trainierte er unter anderem den FC Augsburg in der damaligen Bayernliga. Das Leben des Jimmy Hartwig verlief immer etwas unruhig. Sein mit Fußball verdientes Geld hatte er Leuten anvertraut, die es verspekulierten. Hartwig war auch Sportmoderator und dann hockte er 2004 im RTL-Dschungelcamp. In einem Berliner Café lernte er später den deutschen Theater- und Filmschauspieler Thomas Thieme kennen. Der fragte ihn, ob er Lust hätte, Theater zu spielen. „Und ich mit meiner großen Schnauze habe zugesagt“, hat Hartwig einmal unserer Zeitung erzählt. Der 63-Jährige, der seit 2010 mit der Unternehmensberaterin Stefanie Almer verheiratet ist, eroberte die Theaterbühnen. Neben Ben Becker spielte er am Deutschen Nationaltheater in Weimar in Bertolt Brechts „Baal“. Zudem spielte er die Rolle des „Woyzeck“von Georg Büchner. Oder Herzog Suffolk in „Margaretha.“Ab morgen will der zweifache Vater auch in Augsburg beweisen, was er oben auf der Bühne auf dem Kasten hat. Im Martini-Park ist dann Premiere des Theaterstückes „Roxy und ihr Wunderteam“. Eine Fußball-Operette von Paul Abraham. Also sozusagen wie auf den Leib geschneidert für William „Jimmy“Hartwig. Wolfgang Langner