Lehrer rufen in einem Brandbrief um Hilfe
Gesamtschüler drohen mit Messern und beschimpfen Pädagogen als „Hurensöhne“
Augsburg Auf der Internetseite der Gemeinschaftsschule Bruchwiese in Saarbrücken wirkt alles ganz harmonisch: Ganz oben steht der Bericht über ein Fahrradtraining für Sechstklässler, außerdem ein Text über eine „Expedition ins Reich der Tiere“. Doch der Unterrichtsalltag ist nach Angaben der Lehrer alles andere als angenehm.
Wie jetzt bekannt wurde, haben die Pädagogen bereits im Juli einen vierseitigen Brandbrief an die saarländische Landesregierung verfasst, in dem sie teils schockierende Erlebnisse schildern. Wie die Saarbrücker Zeitung schreibt, mussten sich die Lehrer etwa als „Cracknutte“, „Hurensohn“oder „Wichser“beschimpfen lassen. Außerdem würden Schüler gegenüber Lehrerinnen sexuelle Anspielungen machen: „Viele Kolleginnen haben Angst, bestimmte Schüler zu unterrichten.“Die Lehrer schreiben auch von Drohungen mit Messern und Drogenmissbrauch. Viele der Jugendlichen haben Berichten zufolge einen Migrationshintergrund oder sonderpädagogischen Förderbedarf.
„Wir sind im vergangenen Schuljahr an die Grenzen unserer Belastbarkeit gestoßen“, sagte Pia Götten, Leiterin der Gemeinschaftsschule, gestern im Deutschlandfunk. Die Landesregierung habe auf den Hilferuf reagiert und zugesagt, bis Januar ein Unterstützungskonzept zu erstellen.
Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, reicht das nicht. „Wir erleben hier auch die Auswirkungen einer verfehlten Inklusionspolitik“, kritisierte er gestern. „Förderschulen wurden geschlossen und Lehrkräfte an Regelschulen unvorbereitet mit dieser immensen Herausforderung der Integration von Kindern alleingelassen.“Meidinger wirft den Schulministern vor, die Realität an Brennpunktschulen nicht zu kennen und ruft die Verantwortlichen auf, sich nicht „wegzuducken“und die Hilferufe von Lehrern ernstzunehmen. (sari, dpa)