Lästereien und halbnackte Tatsachen
Die zähe Regierungsbildung, Glyphosat, Trump – die Narren hatten viel Stoff für die „Fastnacht in Franken“
Veitshöchheim Unerwartet viel nackte Haut, ordentliche Lästereien gegen Politiker aller Parteien und Länder und ein trotziges Nilpferd – die Fernsehprunksitzung „Fastnacht in Franken“hat am Freitag neben der gewohnten Mischung aus Klamauk, Bütt, Musik und Akrobatik auch viele Neuerungen ins Programm aufgenommen.
Euphorische Reaktionen bekam beispielsweise ein Männerballett, das nicht mit wippenden Bierbäuchen, sondern nackten muskulösen Oberkörpern zumindest die Frauenwelt im Saal begeisterte. Die Turedance sind sechsfache bayerische Meister im Männerballett und durften erstmals Teil der „Fastnacht in Franken“aus Veitshöchheim sein. Die Sendung wurde live im Bayerischen Fernsehen übertragen. Die Prunksitzung des Fränkischen Fastnacht-Verbandes gilt als einer der Höhepunkte der bayerischen Faschingssaison – auch für die Politiker des Landes.
Heuer waren die Tische der PolitProminenz aufgrund der noch andauernden Koalitionsverhandlungen in Berlin allerdings ziemlich ausgedünnt. So fehlten neben Ministerpräsident Horst Seehofer auch Fastnachts-Urgestein Barbara Stamm, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und Staatssekretärin Dorothee Bär (alle CSU). Von Frotzeleien hielt das die Künstler der Fastnacht trotzdem nicht ab.
Ob Abgas-Affäre, Hickhack zur Ehe für alle, Fipronil-Eier, GroKo, FDP oder AfD – die Narren sparten in der etwa dreieinhalbstündigen Sendung kaum ein politisches Thema aus. Die Politiker der CSU mussten am Abend am tapfersten sein. Sie bekamen wie gewohnt das meiste Fett ab. So lästerte Wortakrobat Oliver Tissot, der heuer als Karl Marx verkleidet war, über den CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: „Bei Wölfen gibt es einen Leitwolf; bei Rindviechern einen Dob-Rindt.“Mit Blick auf politische Entscheidungen der Partei sagte er: „Die CSU versteift sich auf nix mehr – da ist ja selbst Beate Uhse davon in die Pleite getrieben wor- den.“Nilpferddame Amanda und Bauchredner Sebastian Reich fachsimpelten über eine bayerische Nationalmannschaft. Darin sollte Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt Stürmer werden, denn „der kennt sich mit Alleingängen auf dem Feld aus“. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) tauge zum Torwart, denn „der will ja keinen reinlassen“. und Amanda sind seit zehn Jahren Teil der „Fastnacht in Franken“. Sie machte zudem wegen Seehofers Abwesenheit ihrem Ärger ordentlich Luft. Weil ihr Horst in Berlin bei „Angela auf dem Schoß“sitzt, statt bei ihr in Veitshöchheim zu sein, will sie sich nun einfach neu verlieben. „Er hat immer ausgefallene Kostüme an, er hat sein Herz am rechten Fleck. Auch, wenn er aktuell kein Ministerpräsident ist. … Günther Beckstein, wo bist du!“Der ehemalige bayerische Ministerpräsident war neben Markus Söder (beide CSU) in den vergangenen Jahren der Politiker mit den aufwendigsten Verkleidungen. Söder hatte sich schon als Zauberer Gandalf, Marilyn Monroe, Punk, GanReich dhi und Homer Simpson verkleidet. Nun hat er allerdings angekündigt, dass nach der diesjährigen Ausgabe der Verkleidungsspaß für ihn vorbei ist. Als Ministerpräsident komme man stets mit Frack und Fliege. Heuer trat er als Prinzregent Luitpold an – mit mächtigem Bart und prächtiger Uniform.
Christiane Gläser, dpa