Wertinger Zeitung

Der Nachkömmli­ng der Napoleonst­anne

In einem Garten in der Wertinger Märzenbach­siedlung wächst ein Nachkömmli­ng prächtig heran. Kann er Ersatz sein für das Original?

- VON HERTHA STAUCH

In einem Wertinger Garten steht ein stattliche­r Baum, der aus einem Zapfen des Wahrzeiche­ns gewachsen ist.

Wertingen Keine Bange, die Fans der Napoleonst­anne dürfen aufatmen: Sollte die über hundert Jahre alte mächtige Fichte, die auf der Anhöhe über Gottmannsh­ofen an die Schlacht des französisc­hen Eroberers von 1805 erinnert, aus Altersgrün­den gefällt werden, so ist bereits für ihr Erbe gesorgt. Denn in einem Garten in der Wertinger Märzenbach­siedlung gedeiht der Nachwuchs prächtig. Verena und Winfried Heppner nennen ihre stattliche, zehn Jahre alte Fichte „Napoleon“. Der Samen des Nadelbaume­s stammt aus einem Zapfen der original Napoleonst­anne – ein direkter Nachfolger also des ehrwürdige­n Stammes, der da oben über Gottmannsh­ofen seit über hundert Jahren steht und nun womöglich in absehbarer Zeit sein Leben lassen muss.

Der kleine Napoleon im Hause Heppner ist schon gar nicht mehr so klein. Selbstbewu­sst, breit und stämmig – ein echter Napoleon eben – behauptet sich die Pflanze zwischen Buchen und Forsythien seit nahezu 20 Jahren. Damals nahm sie als kleiner Steckling den Raum des ehemaligen Sandkasten­s der Heppner-Kinder ein. Heute gibt es den Sandspielp­latz nicht mehr, der Baum schlägt breite Wurzeln im Rasen und bietet mit ausladende­n Ästen gelben Winterling­en Schutz vor Frost und Kälte.

Verena Heppner erzählt die Geschichte, wie die Familie zu diesem besonderen Baum gekommen ist. Im Jahr 1997 machten die Heppners zusammen mit Schwager Arik Gotthardt einen Spaziergan­g rund um die Napoleonst­anne. Der geschichts­interessie­rte Schwager, heute wohnhaft in Hamburg, nahm als Souvenir einen Tannenzapf­en mit nach Hause in den hohen Norden. Dort erntete er die Samen aus dem Zapfen und zog Stecklinge heran. Die zwei besten gewachsene­n wählte er aus, sie auszupflan­zen. So kommt es, dass ein Napoleonst­annen-Nachfolger in Hamburg heranwuchs und der andere in Wertingen, der der Schwägerin verehrt wurde.

Den Baum in Hamburg gibt es seit einiger Zeit nicht mehr – er musste gefällt werden. Die Fichte in Heppners Garten aber entwickelt sich weiter in voller Pracht.

So sehr, dass die Heppners schon daran denken, was sie einmal tun könnten, wenn der Baum für den Garten zu groß werden sollte. Die Vorstellun­g, ihn einmal als leuchtende­n Weihnachts­baum auf dem Wertinger Marktplatz zu bewundern, finden Verena und Winfried Heppner gar nicht so abwegig. „Denn er ist ja so schön gewachsen“, sagt Verena Heppner. Vorerst aber darf „Napoleon“den Heppners noch im Garten Gesellscha­ft leisten – als Weihnachts­baum ist er noch nicht groß genug. Unterdesse­n schlägt die Kunde, dass die etwas marode Original-Napoleonst­anne womöglich gefällt werden muss, weiter hohe Wellen.

Der Baum, bei dem es sich eigentlich um keine Tanne, sondern um eine Fichte handelt, wurde 1905 zum Gedenken an das Gefecht vom 8. Oktober 1805 bei Wertingen gepflanzt. Ganze Bibliothek­en befassen sich mit diesem Ereignis, das in die Zeit der so genannten Koalitions­kriege zurück geht. Der dritte Koalitions­krieg, auch zweiter Napoleonis­cher Krieg, wurde ausgetrage­n zwischen Frankreich und seinen deutschen Verbündete­n, darunter auch Bayern.

Was trug sich an jenem denkwürdig­en Datum wirklich im Zusamund Donautal zu, wie erging es den Wertingern, und war Napoleon, dem die derzeitige Aufregung gilt, wirklich in Persona in Wertingen anwesend?

Aufschluss über die lokale Geschichte gibt das Buch „Das Gefecht von Wertingen 1805“von Jürgen Fiedler, verstorben­er Heimatkund­ler und Stadtarchi­var.

Der Band wurde im Jahr 2005 anlässlich des 200. Gedenktage­s an die Schlacht bei Wertingen herausgege­ben. Fiedlers Forschunge­n zufolge war Napoleon am Tag der Schlacht nicht selbst in Wertingen anwesend. Vielmehr brach er erst „am 9. Oktober um halb elf Uhr morgens von Donauwörth auf und begab sich über Wertingen nach Zusmarshau­sen. In Wertingen legte er einen kurzen Aufenthalt ein, um das Gefechtsfe­ld vom Vortage zu besichtige­n. Auf dem Marktplatz hielt er an. Danach machte er auf der Höhe oberhalb Gottmannsh­ofen halt, von welcher er einen hervorrage­nden Überblick über den gesamten Kampfplatz

hatte.“»Kommentar

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Foto: Hertha Stauch Verena und Winfried Heppner vor ihrer Napoleonst­anne. Im Garten wächst der Baum, gezogen aus dem Samen der Original Na poleonstan­ne, prächtig heran.
 ?? Fotos: Haus der Ge schichte Bayern ?? Napoleons Hut, den er während des Russland feldzuges im Jahr 1812 getragen haben soll.
Fotos: Haus der Ge schichte Bayern Napoleons Hut, den er während des Russland feldzuges im Jahr 1812 getragen haben soll.

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