Ein Baum und seine Geschichte
Na also! Jetzt haben wir doch die Lösung für das Problem Napoleonstanne gefunden! Ein junger Stamm wächst schon heran – Napoleon II breitet seine Äste kraftvoll aus. Die Frage ist nur, wie er vom Garten in der Märzenbachsiedlung auf die Anhöhe über Gottmannshofen kommt. Oder – noch besser – vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, neue Setzlinge aus den Zapfen der alten Tanne, pardon – Fichte – zu ziehen...
Napoleon und kein Ende. Für Geschichten ist der legendäre Feldherr immer gut und die Wertinger sind besonders stolz, dass auch sie dazu zählen dürfen und sich um ihr Städtchen NapoleonSagen und Mythen ranken. Denn im Laufe der Geschichte sammeln sich viele Irrläufer an, die wohl aus jahrzehntelanger Mund-zuMund-Propaganda stammen. Die Mär von den unappetitlichen „Hinterlassenschaften“des Franzosen in einer Pfaffenhofener Gastwirtschaft etwa. Und so weiter und so fort.
Richtig solide geforscht hat hingegen der unvergessene frühere Stadtarchivar Jürgen Fiedler, der der Zusamstadt reichhaltige und interessante Geschichtsliteratur beschert hat. All seine Bücher – nicht nur jenes über das Gefecht von 1805 – sind ein wahrer Schatz für die Stadt Wertingen, für das Leben in unserem Städtchen in der frühen und nahen Vergangenheit. Vielleicht finden ja derartige Werke auch Verwendung in unseren Schulen – Heimatkunde wird ja in Zeiten unserer hoffentlich baldigen und künftigen Bundesregierung wieder groß geschrieben.
Denn es wäre schön, wenn sich der Eifer und die Diskussion nicht nur um den sterbenden Baum, sondern auch um den geschichtlichen Hintergrund drehen würde. Die Fichte – die Napoleonstanne – die nach über hundert Jahren ihr Leben aushaucht, gebeutelt von Stürmen und Frösten, wird wohl auf Dauer nicht zu retten sein. Dem Wissen um die Geschichte aber könnte mit einem neuen Baum wieder nahrhafter Boden für gute Wurzeln bereitet werden.