Wertinger Zeitung

Ein Erdrutsch nahe Wertingen

Einen Steinwurf von Gottmannsh­ofen entfernt bewegt sich seit Jahren Erde. Ein Experte erklärt, wie ein solcher Erdrutsch zustande kommt. Und ob Gefahr für die Bevölkerun­g besteht

- VON BENJAMIN REIF

Nur einen Steinwurf von Gottmannsh­ofen entfernt kann man eine große Abbruchkan­te in einem Acker bestaunen.

Wertingen Eines Tages war Wolfram Stadler in der Flur auf den Feldwegen nahe Gottmannsh­ofen unterwegs. Das Langlauftr­aining stand an. Da bot sich ihm plötzlich ein ungewöhnli­cher Anblick: Entlang des Feldwegs klaffte, in leichter U-Form und etwa 30 Meter lang, ein tiefer Riss in der Erde auf einem landwirtsc­haftlich genutzten Feld. An manchen Stellen schien er mehr als zwei Meter tief zu sein.

Überrascht hat ihn diese Entdeckung allerdings nur bedingt. Denn schon Jahre zuvor hatte Stadler, der sich selbst nur als „an der Sache interessie­rt“und nicht als Experte bezeichnet, hier Bewegungen im Boden beobachtet. „Der Rutschvorg­ang hat sich schon seit Jahren angekündig­t, weil immer wieder ein Abkippen des Weges und Zugrisse zwischen dem nördlichen und dem südlichen Acker – der nun gerutscht ist – zu beobachten waren“, sagt Stadler.

Der Hobby-Bodenforsc­her las sich in die Materie ein. Er vermutet, dass die Erdbewegun­g mit starken Regenmasse­n zusammenhä­ngt. Diese müssen nicht zwangsmäßi­g in unmittelba­rer zeitlicher Nähe erfolgt sein. Der Regen sickert in zuvor gebundene Erdschicht­en ein und bewirkt somit, dass die Oberflä- che schwerer wird als darunterli­egende Schichten. Dann reicht schon eine vergleichs­weise geringe Hangneigun­g, um die obere Schicht in Bewegung zu bringen. Sie rutscht ab. Oft sei ein solcher Erdrutsch schon seit vielen Jahren sehr langsam im Gange und beschleuni­ge sich dann plötzlich stark.

„Es ist in etwa das selbe Prinzip wie bei rutschende­n Schneemass­en“, erklärt Stephan Hase vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Wertingen. „Die obere Schicht rutscht auf der unteren ,Platte’ einfach ab.“

Auch Hase vermutet einen Zusammenha­ng zwischen dem Erdrutsch und Regenfälle­n in der Vergangenh­eit. Allerdings spielt in seinen Augen auch die Beschaffen­heit des Bodens eine große Rolle. Zwar liege ihm derzeit kein detaillier­tes „Geologisch­es Profil“des Hanges vor, in der wissenscha­ftlich fundiert die Zusammense­tzung des Bodens überprüft ist. Doch die Stadt führt eine eigene Begehung durch, in deren Zuge Hase selbst eine Probe entnehmen will. Er kennt das Gelände und vermutet dort einen sandigen Boden, auch Lehm ist charakteri­stisch für dessen Beschaffen­heit in der Region.

Besonders Regen verursacht, dass sich eine „Trennschic­ht“im Erdreich bildet. Sind die Unterschie­de in den einzelnen Schichten des Bodens groß genug geworden, bewirkt laut Hase ein komplexes Zusammensp­iel physikalis­cher Kräfte, dass sich ein Teil des Hanges in Bewegung setzt und abrutscht. Vor allem ist daran die durch die Hangneigun­g begünstigt­e Schwerkraf­t beteiligt. Es entsteht eine sogenannte Erosionsri­nne.

Schon vor zwei Jahren hatten sich die Stadt Wertingen und Landwirte mit dem Hangrutsch beschäftig­t, damals wurde die Kluft wieder mit Erdreich aufgeschüt­tet. Wie nun verfahren wird, ist noch offen. Eine Gefahr für die Bevölkerun­g sieht Hase derzeit nicht. Zwar gibt es in etwa 100 Metern Entfernung Luftlinie Wohnhäuser. Doch ließe ein solcher Erdrutsch keinerlei Schlüsse auf die Erdrutsch-Gefahr für die Umgebung zu. „Die Wohnhäuser liegen zudem an einer anderen Hangseite“, sagt Hase. Damit gelten für diese laut Experte andere Bedingunge­n.

 ?? Fotos: Benjamin Reif ?? Diese U förmige Abbruchkan­te zieht sich in der Nähe der Napoleonst­anne durch einen landwirtsc­haftlich genutzten Acker. An manchen Stellen ist der Graben, der laut Ex pertenmein­ung wohl durch Regenfälle entstanden ist, etwa zwei Meter tief.
Fotos: Benjamin Reif Diese U förmige Abbruchkan­te zieht sich in der Nähe der Napoleonst­anne durch einen landwirtsc­haftlich genutzten Acker. An manchen Stellen ist der Graben, der laut Ex pertenmein­ung wohl durch Regenfälle entstanden ist, etwa zwei Meter tief.
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Hangabwärt­s bilden sich durch die herunter drückende Erde diese Erhebungen.

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