Ein Erdrutsch nahe Wertingen
Einen Steinwurf von Gottmannshofen entfernt bewegt sich seit Jahren Erde. Ein Experte erklärt, wie ein solcher Erdrutsch zustande kommt. Und ob Gefahr für die Bevölkerung besteht
Nur einen Steinwurf von Gottmannshofen entfernt kann man eine große Abbruchkante in einem Acker bestaunen.
Wertingen Eines Tages war Wolfram Stadler in der Flur auf den Feldwegen nahe Gottmannshofen unterwegs. Das Langlauftraining stand an. Da bot sich ihm plötzlich ein ungewöhnlicher Anblick: Entlang des Feldwegs klaffte, in leichter U-Form und etwa 30 Meter lang, ein tiefer Riss in der Erde auf einem landwirtschaftlich genutzten Feld. An manchen Stellen schien er mehr als zwei Meter tief zu sein.
Überrascht hat ihn diese Entdeckung allerdings nur bedingt. Denn schon Jahre zuvor hatte Stadler, der sich selbst nur als „an der Sache interessiert“und nicht als Experte bezeichnet, hier Bewegungen im Boden beobachtet. „Der Rutschvorgang hat sich schon seit Jahren angekündigt, weil immer wieder ein Abkippen des Weges und Zugrisse zwischen dem nördlichen und dem südlichen Acker – der nun gerutscht ist – zu beobachten waren“, sagt Stadler.
Der Hobby-Bodenforscher las sich in die Materie ein. Er vermutet, dass die Erdbewegung mit starken Regenmassen zusammenhängt. Diese müssen nicht zwangsmäßig in unmittelbarer zeitlicher Nähe erfolgt sein. Der Regen sickert in zuvor gebundene Erdschichten ein und bewirkt somit, dass die Oberflä- che schwerer wird als darunterliegende Schichten. Dann reicht schon eine vergleichsweise geringe Hangneigung, um die obere Schicht in Bewegung zu bringen. Sie rutscht ab. Oft sei ein solcher Erdrutsch schon seit vielen Jahren sehr langsam im Gange und beschleunige sich dann plötzlich stark.
„Es ist in etwa das selbe Prinzip wie bei rutschenden Schneemassen“, erklärt Stephan Hase vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Wertingen. „Die obere Schicht rutscht auf der unteren ,Platte’ einfach ab.“
Auch Hase vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Erdrutsch und Regenfällen in der Vergangenheit. Allerdings spielt in seinen Augen auch die Beschaffenheit des Bodens eine große Rolle. Zwar liege ihm derzeit kein detailliertes „Geologisches Profil“des Hanges vor, in der wissenschaftlich fundiert die Zusammensetzung des Bodens überprüft ist. Doch die Stadt führt eine eigene Begehung durch, in deren Zuge Hase selbst eine Probe entnehmen will. Er kennt das Gelände und vermutet dort einen sandigen Boden, auch Lehm ist charakteristisch für dessen Beschaffenheit in der Region.
Besonders Regen verursacht, dass sich eine „Trennschicht“im Erdreich bildet. Sind die Unterschiede in den einzelnen Schichten des Bodens groß genug geworden, bewirkt laut Hase ein komplexes Zusammenspiel physikalischer Kräfte, dass sich ein Teil des Hanges in Bewegung setzt und abrutscht. Vor allem ist daran die durch die Hangneigung begünstigte Schwerkraft beteiligt. Es entsteht eine sogenannte Erosionsrinne.
Schon vor zwei Jahren hatten sich die Stadt Wertingen und Landwirte mit dem Hangrutsch beschäftigt, damals wurde die Kluft wieder mit Erdreich aufgeschüttet. Wie nun verfahren wird, ist noch offen. Eine Gefahr für die Bevölkerung sieht Hase derzeit nicht. Zwar gibt es in etwa 100 Metern Entfernung Luftlinie Wohnhäuser. Doch ließe ein solcher Erdrutsch keinerlei Schlüsse auf die Erdrutsch-Gefahr für die Umgebung zu. „Die Wohnhäuser liegen zudem an einer anderen Hangseite“, sagt Hase. Damit gelten für diese laut Experte andere Bedingungen.