Streit um verkaufte Wohnungen
Vor knapp fünf Jahren veräußerte der Freistaat seine größte Wohnungsgesellschaft. Jetzt kocht der Ärger wieder hoch
München Wieder führt der umstrittene Verkauf von Bayerns größter Wohnungsgesellschaft GBW zu ordentlich Ärger. Er könnte nun auch ein parlamentarisches Nachspiel haben. Dabei hat sich Finanzminister Markus Söder (CSU) im Landtag entschieden gegen Vorwürfe der Opposition im Zusammenhang mit dem Verkauf der GBW durch die staatliche Landesbank im Jahr 2013 verwahrt. Wenn aus Mutmaßungen, Halbwahrheiten und Falschmeldungen Skandale konstruiert würden, dränge sich der Eindruck auf, dass es nicht um Aufklärung gehe, sondern um Wahlkampf, kritisierte er. SPD, Grünen und Freien Wählern „geht es hier nicht um die Mieter, es geht um Mandate“.
Der Verkauf der rund 33000 GBW-Wohnungen an die Augsburger Patrizia Immobilien AG sei 2013 im Zusammenhang mit der Sanierung der Landesbank einer Vorgabe aus Brüssel gefolgt. Die offene Ausschreibung sei europarechtlich geboten gewesen, beteuerte Söder. Eine von der Opposition geforderte Übernahme der Wohnungen durch den Freistaat hätte dagegen die gesamte Landesbank-Sanierung gefährdet. Bayern halte sich zudem an rechtlichen Vorgaben und sei „keine Bananenrepublik“, erklärte Söder.
SPD-Chefin Natascha Kohnen nannte den GBW-Verkauf dagegen „die wohl größte Fehlentscheidung der Nachkriegsgeschichte“. Söder habe die Wohnungen „ans höchste Gebot verscherbelt“, anstatt die Mieter zu schützen. Die Grünen sprachen von einem „Deal zulasten des Gemeinwohls“, die Freien Wähler sehen einen „politischen Fehler par excellence“.
Bis heute sei zudem unklar, wer genau hinter dem Konsortium stecke, das den Wohnungskauf damals finanziert hat, kritisierte Kohnen. Einen Medienbericht, in dem von einem Zusammenhang zu russischem Schwarzgeld die Rede war, hatte die Patrizia bereits vergangene Woche als „schlichte Lüge“bezeichnet. Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen mangels konkreter Fakten eingestellt. SPD, Grüne und Freie Wähler drohen dennoch mit einem GBW-Untersuchungsausschuss im Landtag: „Antworten Sie, oder wir müssen gemeinsam den Fall untersuchen“, verlangte Kohnen im Landtag von Söder. Der Finanzminister habe im Fall GBW schlicht „seine Sorgfaltspflicht verletzt“.
Zudem müsse der Freistaat endlich in großem Stil in den staatlichen Wohnungsbau einsteigen, verlangte die SPD-Chefin. Jeder Bürger Bayerns habe das Recht auf eine angemessene Wohnung. Bis 2023 müssten deshalb mindestens 25 000 staatliche Sozialwohnungen entstehen, forderte Kohnen: „Wir müssen jetzt bauen, bauen und nochmals bauen.“SPD, Grüne und Freie Wähler warfen der CSU vor, den sozialen Wohnungsbau seit Jahren unzureichend voranzutreiben. Seit 1999 habe sich die Anzahl in Bayern halbiert, sagte Kohnen. Damit habe die Staatsregierung gegen die Verfassung verstoßen, denn „Wohnen ist ein Grundrecht“. In Bayern regierte aber im Wohnungsbau der freie Markt. (mit dpa) »Kommentar