Erinnerung an Reinhold Roth
Über den Sport lässt sich viel Gutes sagen. Er hält gesund, weckt Emotionen, stellt Aufgaben. Er sozialisiert und verbindet, begeistert und weckt Leidenschaft. Für viele ist er ihr Leben.
Das mag im Angesicht des Amateurkickers überzogen klingen – aber auch der verliert mit dem Ende seiner Karriere mitunter Weg und Ziel. Vielmehr noch gilt das für den Leistungssportler. Sport ist für ihn Lebensinhalt und Existenz.
Dafür geht er an seine Grenzen – und wenn er oben stehen will, auch darüber hinaus. Gleiches gilt für Regeln und Gesetze. Läuft alles gut, erlebt er den Himmel. Dafür stehen die Olympioniken, die Medaillen behangenen, die gesund und ohne positive Dopingprobe aus Pyeongchang zurückgekehrt sind. Läuft es schlecht, verliert er mit einem Schlag alles – im äußersten Fall das Leben selbst.
So gesehen hat Reinhold Roth an jenem 17. Juni 1990 bei einem Unfall in Rijeka Glück gehabt. Der Motorradrennfahrer aus Amtzell im Allgäu war auf einen überrundeten Fahrer geprallt und gegen die Streckenbegrenzung geschleudert.
Roth erlitt einen Schädelbasisbruch, Kieferfrakturen und Gehirnblutungen. War dem Tod näher als dem Leben. „Wenn er gehen will“, habe sie gedacht – hat seine Frau Elfriede vor Jahren in einem Gespräch eingeräumt –,„darf er gehen.“Sein Gehirn war acht Minu- ten ohne Sauerstoff geblieben – ein Verhängnis. Der hochtrainierte Athletenkörper aber wollte bleiben. Der damals 37-Jährige hat das Leben behalten, aber es war nicht mehr seines.
Auch für Elfriede und den damals sechsjährigen Sohn begann ein anderes Leben. Elfriede kämpfte um alles, was ihren Mann auch nur ansatzweise weiterbringen konnte. Der Schwerverletzte lag ein halbes Jahr in der Reha-Klinik in Burgau, ehe er aus dem Koma erwachte. Zweieinhalb Jahre nach dem Unfall kehrte Roth nach Amtzell zurück. Acht Jahre lang sprach er kein einziges Wort. Irgendwann sagte er „Morgen“.
Während Reinhold winzige Schritte vorwärtsmachte, ging seine Frau unter der Last der Pflege allmählich in die Knie. Zwei schwere Krankheiten überzeugten sie, ihr Leben neu zu ordnen. Elfriede Roth rettete die Existenz der Familie. Viele Menschen haben ihr dabei geholfen. Warum wir das alles erzählen? Am Sonntag wird Reinhold Roth 65. Das sollte nicht vergessen sein.