Sie hinterlassen eine Lücke in Haunsheim
Mit dem Lebensmittel-Markt Hiller schließt der letzte Nahversorger der Gemeinde
Haunsheim Kurz vor Mittag. Günter Schmidt kommt zur Tür herein, in der Hand eine grüne Tasche mit dem Aufdruck „Lebensmittel Hiller“, und bestellt eine Leberkässemmel. Ach ja, und noch zwei normale Semmeln. Während er das Kleingeld herauskramt, fängt er an zu erzählen. Von damals, als es in Haunsheim noch alles gab. Die Post, Sparkassen, Lebensmittelgeschäfte. „Früher war Haunsheim autark“, sagt er. „Es gab hier alles, was man zum Leben braucht.“Und heute? Schmidt atmet durch. „Haunsheim sackt ab zu einem Weiler.“
Schmidt ist einer der Haunsheimer, die ihre Einkaufsgewohnheiten künftig ändern müssen. Der letzte verbliebene Nahversorger der Gemeinde, der Lebensmittelmarkt Hiller, schließt. Am 29. März wird Inhaberin Angelika Hiller das letzte Mal ihren Laden an der Hauptstraße aufsperren. In Haunsheim endet damit eine Ära. Seit 15 Jahren hat das Geschäft Einwohner und Durchreisende unter anderem mit Wurst, Fleisch, Käse, Backwaren und anderen Lebensmitteln versorgt. „Es war eine schöne Zeit“, sagt Hiller, die seit sieben Jahren selbst hinter der Theke in Haunsheim stand. Doch vor einem Jahr habe sie die Entscheidung getroffen, dass es nicht mehr weitergeht. Dafür gebe es zum einen private Gründe, über die sie nicht sprechen möchte. Aber zum anderen auch geschäftliche. In den vergangenen Jahren hätte sich die Zahl ihrer Kunden verringert. Dazu kommen steigende Fixkosten, etwa beim Strom, eine zunehmende Zahl von Auflagen und Vorschriften und daraus resultierend eine ständig wachsende Bürokratie. Noch dazu habe sie für Mitarbeiterin Erika Heinle, die in Ruhestand gehen wird, keinen Nachfolger finden können – ebenso wenig wie für sich selbst. Seit einem Jahr sei sie auf der Suche nach jemandem gewesen, der den Laden weiterführen will, habe Kollegen in der Region angesprochen. Ohne Erfolg. „Man findet niemanden mehr, der sich in der Früh um vier Uhr ins Geschäft stellt,“sagt sie.
Haunsheimer Bürger und Kunden bedauern das Ende des Ladens. Günter Schmidt hat mittlerweile die Semmeltüten in seine Tasche gleiten lassen. „Es geht ja nicht nur um die Möglichkeit zum Einkaufen“, sagt er. „Auch die sozialen Kontakte werden fehlen.“Er zeigt auf die Stühle und Tische an der großen Fensterscheibe. „Das war so etwas wie ein kleiner Treffpunkt für die Dorfgemeinde.“Gertrud Stiefel arbeitet in Haunsheim und war ebenfalls Stammkundin des Ladens. „Das ist ein Stückchen Dorfleben, das verloren geht“, sagt sie. Vor allem für die ältere Bevölkerung werde es dadurch schwerer, eine Einkaufsmöglichkeit zu finden. Auch Frank Georgi bedauert das Aus des letzten Nahversorgers Haunsheims. „Das ist traurig für einen Ort mit über 1000 Einwohnern.“
Nachdem sich zuletzt Banken aus der Gemeinde zurückgezogen haben, ist das Ende des Lebensmittelladens die nächste schlechte Nachricht für Haunsheim. Bürgermeister Christoph Mettel spricht von einem „großen Verlust“, da ein wesentlicher Teil der Grundversorgung und ein Stück des kulturellen Dorflebens wegbreche. Darunter leide die Attraktivität des Ortes – vor allem im Hinblick auf den Verkauf von Bauplätzen. „Aber das ist die logische Konsequenz aus dem geänderten Einkaufsverhalten“, sagt er. Größere Einkäufe seien zunehmend etwa in Gundelfingen erledigt worden. Der kleine Laden im Ort habe oft nur noch dazu gedient, Einzelprodukte wie eine Butter oder eine Milch zu besorgen. „Damit lässt sich ein privat geführter Laden nicht halten.“
Zuletzt habe die Gemeinde in Gesprächen mit der Ladeninhaberin und dem Vermieter versucht, den Standort zu retten. Weder diese noch Verhandlungen mit anderen Einzelhändlern als potenzielle Nachfolger seien erfolgreich gewesen. „Das Argument war: Der Umsatz reicht an dieser Stelle nicht für eine Filiale aus“, sagt Mettel. Der Bürgermeister überlegt, die Versorgungs-Lücke in Zukunft mit einem Dorfladen zu schließen – so, wie es unter anderem im Landkreis Donau-Ries vielerorts erfolgreich funktioniert. Dafür braucht es jedoch erst ein Konzept – und vor allem einen geeigneten Standort. „Das geht nicht von heute auf morgen“, sagt Mettel. Er geht von einem Zeitraum von rund zwei Jahren aus. In der Zwischenzeit sollen zumindest Versorgungsautos die Gemeinde anfahren. Wann und wie, muss erst noch geklärt werden.
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