Die Fotogruppe Blickwinkel zeigt, was sie kann
Im Wertinger Schloss kann man eine tolle Auswahl an hochklassigen Fotografien ansehen
Wertingen Nicht-Fotograf Alfred Sigg erkennt in Stefan Willers Foto einen Engel, während der Wassertropfen ins konturenreiche Nass fällt. Peter Sendlinger hat es Siggs Meinung nach besonders gut geschafft, die stimmungsvolle Landschaft bei Asbach festzuhalten. Das gefällt dem Laudator bei der Ausstellungseröffnung im Festsaal des Wertinger Schlosses. Die Farben samt Spiegelungen auf den Sonnenbrillen faszinieren ihn in Udo Wüsts Bild „Buntes Dresden“. Von jedem der 13 Fotografen durfte sich der Laudator ein Werk heraussuchen und zeigte sich begeistert. Ließ sich sogar Nachhilfe geben von Claudio Contartese in Sachen „HDR“, wobei das Bild aus mehreren Fotos mit verschiedenen Belichtungen zusammengesetzt wird. „Mein Nichtwissen wird mir mit dem Amateurstatus verziehen“, scherzt Sigg, der betont: „Fotos, die mit viel Geduld und dem besonderen Blick entstehen, halten die Ästhetik fest.“
Auch wenn die „Blickwinkler“, wie er sie liebevoll nennt, ihm nicht die Chance gegeben haben, einen richtigen Verein aus der Fotogruppe zu machen – Alfred Sigg hat gemerkt: „Das sind Freunde, die wissen, dass ein und dieselbe Sache aus verschiedenen Blickwinkeln etwas ganz anderes bedeuten kann.“Außerdem haben sie verstanden, dem Augenblick Dauer zu verleihen, wobei der Mensch hinter der Kamera zählt und nicht das Fabrikat und die Marke. Bei späteren Gesprächen zeigte sich aber, dass die Marke manchem Fotograf durchaus wichtig ist.
Seit Freitagabend läuft die Ausstellung der Wertinger Fotogruppe „Blickwinkel“. Übrigens die zweite nach der Erstauflage im Frühjahr 2015. Harry Kraus meinte bei seiner Begrüßung: „Wir haben versucht, eine bunte und schwarz-weiße Vielfalt zu bilden. Lassen Sie die Bilder auf sich wirken.“Insgesamt 100 Bilder präsentieren die Fotofreunde, dazu noch 18, die das Zusamstädtchen von seiner besten Seite zeigen.
Nicht nur deshalb war Bürgermeister Willy Lehmeier begeistert. „Ich bin glücklich über diese Ausstellung. Ich habe mich gefragt: Gibt es überhaupt noch Fotografen, die mit der Spiegelreflexkamera unterwegs sind oder nur solche, die Fotos mit dem Handy machen und Selfies mit demselben?“Lehmeier dankte auch seinem Stadtrat, welcher Kunstschaffenden stets offen gegenüber steht. Das Bläserduo Jürgen Marx und Katharina Briegel bereicherte die Veranstaltung musikalisch, zu der zahlreiche Besucher gekommen waren, neben Kunstbegeisterten aus Wertingen und Umgebung auch befreundete Fotogruppen.
Der Wertinger Geschichtsexperte Sigg hatte übrigens noch manche Anekdote im Gepäck. Er erzählte vom ersten, der in Wertingen einen Fotoapparat hatte. Ein Vorfahr der Zeitungsfamilie Krauß, der als Protestant die ihm unbekannten Fronleichnamsaltäre fotografierte und daraufhin eingesperrt wurde, bis die Prozession vorbei war. Dass er sie verhindern wolle, fürchteten die frommen Katholiken. Und er sprach von Jonas Zieglers Großvater vom Foto Zolleis, der amerikanische Soldaten beim Einmarsch nach Wertingen unter Lebensgefahr fotografierte. Das war verboten. Die Ausstellung der Fotogruppe Blickwinkel darf jeder anschauen und sich beim Vertiefen in die Bilder eine Auszeit vom Alltag nehmen.