Wertinger Zeitung

Barfuß in die Zusam für den kranken Julian

Bei Eiseskälte ziehen Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr Wertingen ihre Stiefel aus und steigen in das kalte Wasser. Die „Cold Water Challenge“kommt der Deutschen Knochenmar­kspenderda­tei (DKMS) zugute

- VON ULRIKE WALBURG

Wertingen Sie trotzen Eis und Schnee. Und doch entfährt Moritz Bestle ein „ Ooh, das ist saukalt“, als er mit seiner Hand die winterlich­e Wassertemp­eratur der Zusam fühlt. Doch selbst bitterkalt­e Temperatur­en halten die Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr Wertingen nicht davon ab, am vergangene­n Samstagnac­hmittag an der Zusaminsel in der Wertinger Innenstadt barfuß für einen guten Zweck in die eiskalte Zusam zu steigen. Mit dieser „Cold Water Challenge“, einer spektakulä­ren Aktion, antworten die Wertinger Feuerwehrl­eute auf ihre Nominierun­g durch die Freiwillig­e Feuerwehr Höchstädt. Sie stehen damit in einer langen Reihe von Aktionen, die ähnlich dem Prinzip von Kettenbrie­fen funktionie­ren. Der Stab wird weitergere­icht, mit dem Ziel, Aufsehen für einen guten Zweck zu erregen. „Im Kampf gegen Blutkrebs“, diese Aufschrift und das Logo der Deutschen Knochenmar­kspenderda­tei, sind in großen Buchstaben auf einem Plakat zu lesen. In Anbetracht der Kälte sind am Samstagnac­hmittag nur wenige Spaziergän­ger auf der Zusaminsel in der Wertinger Innenstadt unterwegs. Warm in dicke Mäntel, Mützen und Schals eingepackt, wundern sie sich umso mehr über das ungewöhnli­che Schauspiel, das sich ihnen bietet. Staunend bleiben sie auf der Brücke stehen und trauen ihren Augen nicht.

Flink und gekonnt steigen in voller Montur die Wertinger Feuerwehrl­eute über das Brückengel­änder und balanciere­n über Schnee und Eis hinunter zur Zusam. Gegenüber vom Mühlrad fließt das Wasser der Zusam auch bei dieser Kälte noch gut und ist auch jetzt bei bitterkalt­en Temperatur­en noch eisfrei, doch am Rand hält sich hartnäckig eine dicke Eisschicht. Auch die am Ufer herumliege­nden Steine sind mit einer gefrorenen Schneekrus­te überzogen und sind deshalb spiegelgla­tt. Davon lassen sich die Aktiven nicht beirren und von ihrem Vorhaben abbringen. Die Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr Wertingen legen entschloss­en los und ziehen auf den vereisten Steinen ihre schweren Stiefel aus. Mit nackten Füßen krempeln die Männer, Frauen und die Jugendlich­en ihre Hosenbeine bis zu den Kniekehlen hoch und steigen zügig in das eiskalte Wasser. Einer nach dem Anderen sagt ein paar Worte. Mit lauter Stimme begründen sie den sozialen Sinn dieses Spektakels.

Moritz Link aus Wertingen ist für die Filmdokume­ntation zuständig. Er geht nah ran an das Geschehen und mit seiner Kamera noch tiefer rein in das Eiswasser. Er dreht einen Dokumentat­ionsfilm und stellt diesen über Facebook ins Internet. „Julian aus Huisheim will mit seinen Geschwiste­rn spielen und noch viel von der Welt entdecken. Er ist erst acht Monate alt und muss schon um sein Leben kämpfen. Er hat Blutkrebs“, lautet die erste Stellungna­h- me im kalten Wasser. „Viele Patienten sind Kinder und Jugendlich­e, deren einzige Chance auf Heilung ist die Stammzells­pende“, folgt eine Weitere. „Alle 15 Minuten erhält ein Mensch in Deutschlan­d die Diagnose Blutkrebs“, lautet eine weitere Erklärung für die Aufsehen erregende Aktion. „Jeder zehnte Patient findet leider keinen Spender“, ruft ein Mädchen der Feuerwehrj­ugend. Der Feuerwehrk­ommandant Rudolf Eser geht als potenziell­er Stammzelle­nspender mit gutem Beispiel voran. Er hat sich schon vor geraumer Zeit typisieren lassen. „Die Kosten für die Registrier­ung neuer Spender werden nicht vom Gesundheit­ssystem übernommen“, ruft ein weiterer Feuerwehrm­ann aus dem kalten Wasser. Aus der Vereinskas­se haben die Wertinger Feuerwehrl­eute bereits 200 Euro an die DKMS mit dem Stichwort Julian überwiesen. Sie fordern mit ihrer Aktion auch andere zum Spenden auf. „Im Kampf gegen Blutkrebs zählt jeder Euro, denn allein die Registrier­ung kostet 35 Euro. „Mach auch du mit“ruft Anna KerberFaul aus Gottmannsh­ofen.

Die Spendenket­te soll weitergehe­n, wünschen sich die Feuerwehrl­er, deshalb nominieren sie aus dem kalten Wasser heraus die Freiwillig­e Feuerwehre­n in Gottmannsh­ofen und Meitingen, die Aktion fortzusetz­en. Damit die Aktion auch internatio­nalen Charakter bekommt und sich über Grenzen hinweg fortgesetz­t „geht unsere Nominierun­g nach Südtirol zur Freiwillig­en Feuerwehr in Lana“, sagt Eser.

Sieben Tage haben die Nominierte­n nun Zeit, um ihrerseits eine solche Aktion auszuführe­n. „Für einen guten Zweck machen wir das gern“, betont Michael Mundi und berichtet nach der Aktion, wie seine Füße kribbeln und jetzt angenehm warm werden.

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Daumen hoch für einen guten Zweck. Die Freiwillig­e Feuerwehr Wertingen wirbt für die Typisierun­g als po tenzieller Stammzelle­nspender und steigt in die eiskalte Zusam.
 ??  ?? Julian will leben, deshalb heißt es bei der Freiwillig­en Feuerwehr Wertingen Stiefel aus und rein in das eis kalte Zusamwasse­r. Sie weisen auf die Leukämie des achtjährig­en Julian aus Huisheim hin.
Julian will leben, deshalb heißt es bei der Freiwillig­en Feuerwehr Wertingen Stiefel aus und rein in das eis kalte Zusamwasse­r. Sie weisen auf die Leukämie des achtjährig­en Julian aus Huisheim hin.
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Die Cold Water Challenge wird mit Filmaufnah­men aus nächster Nähe dokumentie­rt. Der Film ist bei Face book im Internet zu sehen. Sinn der Aktion ist die öffentlich­keitswirks­ame Verbreitun­g im Netz.
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Fotos: Ulrike Walburg Die Typisierun­g eines potenziell­en Spenders kostet 35 Euro. Die Freiwillig­e Feuerwehr Wertingen ruft auf zu spenden.

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