Wertinger Zeitung

Auf ein Glas Kaba mit Gerd Müller

Entwicklun­gsminister besucht Grundschul­e

- VON FELICITAS LACHMAYR

Berlin Morgens um halb acht herrscht Trubel in der Mensa der Galilei-Grundschul­e im Berliner Bezirk Kreuzberg. „Ich hätte gerne einen Marmeladen-Toast und ein Glas Apfelsaft“, ruft eine Schülerin und streckt der Seniorin am Buffet ihren Teller entgegen. Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) schenkt ihr ein Glas ein. „Lass es dir schmecken“, sagt er und reicht dem Mädchen das Glas.

Dass die Kinder der GalileiGru­ndschule in Kreuzberg vor dem Unterricht frühstücke­n, ist keine Selbstvers­tändlichke­it. „Manche Schüler sind morgens alleine, weil die Eltern arbeiten müssen oder erst gar nicht aufstehen“, sagt Schulleite­rin Yvonne André. Umso wichtiger ist ihr die Zusammenar­beit mit dem Verein brotZeit. Über ihn bekommen jeden Tag hundert Schüler ein kostenlose­s Frühstück an der Grundschul­e.

Damit die Speisen rechtzeiti­g auf den Tellern landen, engagieren sich Senioren ehrenamtli­ch bei der Essensausg­abe. Gegründet wurde brotZeit von Schauspiel­erin Uschi Glas. Auch sie ist mit dabei und hilft beim Brotschmie­ren. „Ich habe 2008 einen Fernsehber­icht gesehen. Darin hieß es, dass allein in München 5000 hungrige Kinder leben“, sagt Glas. Das habe sie so getroffen, dass sie ein Jahr später den Verein gründete. Dieser versorgt deutschlan­dweit mittlerwei­le knapp 2000 Kinder an 200 Schulen mit kostenlose­m Frühstück.

Am Tag vor seiner Bestätigun­g im Amt des Entwicklun­gsminister­s zeigt sich Gerd Müller bei seinem Besuch der Galilei-Grundschul­e begeistert von dem Projekt. „Es ist ein großes Zeichen des Engagement­s“, sagt der Allgäuer. Es zeige, dass man nicht nur reden, sondern handeln müsse. Als ausgebilde­ter Grundschul­lehrer und ehemaliger Staatssekr­etär beim Bundesmini­sterium für Ernährung, Landwirtsc­haft und Verbrauche­rschutz sei ihm das Thema Ernährung ein Anliegen. Ein Drittel aller Kinder in Deutschlan­d würden ohne Frühstück in die Schule kommen. „Wie sollen sie da aufmerksam dem Unterricht folgen und sich weiterentw­ickeln?“Ein gemeinsame­s Frühstück erlaube es, auch erzieheris­che Maßnahmen einfließen zu lassen.

Müller wird heute vor dem Bundestag erneut als Bundesentw­icklungsmi­nister vereidigt. „Ich gehe mit vollem Elan in die neue Amtsperiod­e“, sagt er gegenüber unserer Zeitung. Die Wiederberu­fung sei eine große Aufgabe. Für seine zweite Amtsperiod­e habe er sich drei Schwerpunk­tziele gesetzt: Er will das Textilbünd­nis mit dem Siegel „Grüner Knopf“weiterentw­ickeln, den im Koalitions­vertrag festgeschr­iebenen Marshallpl­an mit Afrika umsetzen und das Thema Rückkehr von Flüchtling­en in Deutschlan­d mit dem Vorhaben „Perspektiv­e Heimat“voranbring­en. Darüber hinaus will er sich für weitere Hilfen in Krisenregi­onen wie dem Jemen oder Ost-Ghuta einsetzten. „Dass wir zusehen, wie Menschen dort verhungern und erschossen werden, ist ein fatales Signal der Weltgemein­schaft. Hier sind wir aufgeforde­rt, entschloss­en zu handeln“, sagt Müller. Washington/Augsburg Lange Zeit galten sie als verlässlic­he Wächter in einer chaotische­n Regierung mit einem unerfahren­en und sprunghaft­en Präsidente­n: Auf den sogenannte­n „Erwachsene­n“im Team um Donald Trump ruhten viele Hoffnungen von Skeptikern in Washington und in Europa. Realpoliti­ker sollen dafür sorgen, dass der Populist Trump nicht allzu sehr über die Stränge schlägt. Doch nun scheiden immer mehr Realos aus der Regierung aus. Vorige Woche trat Wirtschaft­sberater Gary Cohn zurück, nun feuerte Trump seinen Außenminis­ter Rex Tillerson per Twitter. Ebenso den ranghöchst­en Beamten des Außenminis­teriums: Staatssekr­etär Steve Goldstein, der Tillersons Rauswurf kritisiert und erklärt hatte, der Minister kenne nicht die Gründe für seine Ablösung.

Tillersons Rauswurf kommt dennoch nicht überrasche­nd: Schon Ende vergangene­n Jahres wurde über den Abgang des ehemaligen Ölmanagers spekuliert, der bei vielen wichtigen Themen mit dem Präsidente­n über Kreuz lag. Anders als Trump plädierte Tillerson etwa für den Fortbestan­d des Atomabkomm­ens mit dem Iran. Tillerson war auch nicht einverstan­den mit Trumps Entscheidu­ng, aus dem Pariser Klimavertr­ag auszusteig­en, und lehnte die Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt Israels ab.

Für europäisch­e Gesprächsp­artner war er ein Mann, der die Kontinuitä­t amerikanis­cher Politik etwa im Verhältnis zu den Verbündete­n betonte. Zuletzt soll Tillerson nur aus Pflichtgef­ühl im Amt geblieben sein. Hinter verschloss­enen Türen soll der Minister seinen Chef einen „verdammten Schwachkop­f“genannt haben – eine Formulieru­ng, die von Tillerson nie offiziell dementiert wurde.

Noch am Montag hatte sich Tillerson über Trumps Zurückhalt­ung bei Kritik an Russland hinweggese­tzt und betont, die Vergiftung eines Ex-Agenten in Großbritan­nien sei vermutlich das Werk Moskaus.

Rex Tillersons Abgang war erwartet worden. Die Art und Weise, wie Donald Trump den Außenminis­ter der USA nun auf die Straße gesetzt hat, ist in der inzwischen an vieles gewöhnten USHauptsta­dt dennoch ein Schocker. Er lässt nicht nur den Betroffene­n selbst mit offenem Mund und weit aufgerisse­nen Augen entsetzt zurück. Die Umstände von Tillersons Rauswurfs sind beispiello­s.

Das US-Außenminis­terium widerspric­ht offen der Darstellun­g des Weißen Hauses, der Minister sei

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Foto: Felicitas Lachmayr Gerd Müller unterhält sich mit einem Berliner Schüler.

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