Handgemacht und ganz schön schlau
Ein ganzes Buch per Hand schreiben? Ist dem Autor eigentlich klar, dass wir im Jahr 2018 leben? Schon der fortschrittliche Mensch in den 50ern hätte ihm wohl nahegelegt, sich eine Schreibmaschine anzuschaffen. Doch heutzutage fragt man ob solch einer Tatsache gleich noch einmal nach, ob man sich nicht verhört hat. Warum sollte sich jemand um Himmels Willen diese Tortur antun, wenn er doch mit den ganzen Bequemlichkeiten der Technik auf Tasten drücken, sein Werk sauber abspeichern, automatisch korrigieren, ausdrucken und auf seinem Laptop überall auf der Welt bearbeiten kann?
Wer sich mit Wolfgang Pfaffenberger unterhält, merkt sofort, dass er kein Wirrkopf ist. Sondern, dass seine Arbeit eine ganz bewusst gewählte Ausdrucksform ist, um seine Ansichten und Beobachtungen zu verbreiten. Das macht er mit teils großartigem Scharfsinn und Witz. Klar kann man einen erhobenen Zeigefinger erkennen, wenn er in seinen Satireversen etwa über das heutige männliche Ego herzieht, das ständig von hochglanzpolierten Selfies gestützt werden muss. Oder diverse andere Themen, die mit der modernen Techniknutzung zu tun haben – so heißt zum Beispiel ein Kapitel „Office go home“, eine Anspielung auf mehreren Ebenen, die den dauernd erreichbaren, gläsernen Bildschirmarbeiter von heute aufs Korn nimmt.
Mancher urbane Hipster auf der Frankfurter Buchmesse wird Pfaffenberger dafür belächeln. Den älteren Herrn aus dem kleinen Wertingen, der mit seinem handgeschriebenen Buch daherkommt und ihm damit einen deutlichen Gegenentwurf zu seinem durchgestylten Leben, das sich auf allen möglichen Kanälen im Internet abspielt, präsentiert.
Man sollte den ehemaligen Lehrer aber keinesfalls belächeln. Ihm ist mit seinem Buch ein hintersinniges und vergnügliches Werk gelungen, das die Absurditäten der digitalen und der analogen Welt aufzeigt. Ein Werk, das einen kurz innehalten und über eigene Angewohnheiten nachdenken lässt. Genau das brauchen wir für die Zukunft: Eine Betrachtungsweise, welche die unvermeidbaren Umwälzungen durch den Fortschritt nicht verteufelt, sondern gewitzt hinterfragt und ihm damit ein Stück weit seinen Schrecken nimmt. Lassen Sie sich also nicht von dem grauenhaft überkandidelten Klappentext abschrecken: Dieses Buch ist ein Stück schlauer Weltbetrachtung, made in Wertingen.