So fühlen sich die Pflanzen wohl
Gartenarbeit Wann muss welches Gewächs umgetopft werden? Und was ist eigentlich pikieren? Detaillierte Anweisungen für den grünen Daumen
Wertingen Die drei jungen Frauen stellen das grüne Kistchen auf die Arbeitsplatte. Den durchsichtigen Deckel brauchen Susanne Kischkat, Diana Leix und Eva Klein erst später. Wie ihre Mitschülerinnen, die Gemüse aussäen dürfen, füllen sie die Anzuchterde in ihr Gefäß. Führen alle Schritte so durch, wie Kerstin Kranzfelder das kurz zuvor gezeigt hat. Bald stehen die verschlossenen Behälter in den Räumen der Wertinger Landwirtschaftsschule, natürlich im Warmen. Denn sie sollen keimen und dann zu kräftigen Pflanzen heranwachsen, die ins Freie gesetzt werden können, sobald es warm genug ist.
Die Fachlehrerin hat den Schülerinnen im einsemestrigen Studiengang Hauswirtschaft vorher genau erklärt, wie sie vorgehen müssen. Die ein oder andere Frage taucht noch auf. Doch mit den Erklärungen und der praktischen Erfahrung im Gepäck können die Frauen daheim ihre Tomaten, Paprika und was sie sonst noch anbauen möchten, selbst aussäen.
Natürlich könnten sie die Pflanzen rund um die Eisheiligen Mitte Mai auch kaufen. Doch Kerstin Kranzfelder zieht den Vergleich: Kostet eine Tomatenpflanze beim Gärtner rund fünf Euro, entspricht das in etwa dem Preis eines Päckchens mit hochwertigem Samen, das sechs Körner enthält. Wenn diese alle keimen und gut gedeihen, können bis zu 30 Kilogramm Tomaten wachsen. Die wiederum würden im Laden zwischen 90 und 180 Euro kosten. Auf die Frage, wie viel sie aussäen müssen, um sechs Pflanzen zu bekommen, antwortet Kerstin Kranzfelder, dass bei der entsprechenden Sorgfalt alle aufgehen. Sie zeigt die verschiedenen Behälter. Das kleine grüne Minitreibhaus hat sie ebenso parat wie Eierschachteln, einfach Kunststoffschalen oder Joghurtbecher, und sie erklärt: „Wichtig ist die passende Größe.“Dann führt sie aus, warum spezielle Anzuchterde besser geeignet ist: „Ein kleines Samenkorn braucht noch nicht viele Nährstoffe.“
Handschuhe stehen ebenso parat. Vor allem mit kleinen Schnittverletz- an den Händen ist es besser, auf den zusätzlichen Schutz zurückzugreifen, damit keine Bakterien und Keime in die Wunden gelangen. Sie nimmt eine rechteckige Kunststoffschale, füllt Anzuchterde hinein. Sie streicht die Erde glatt, nimmt einen Teigschaber und sticht quer und hochkant Rillen hinein. „Wie ein Karo sieht das aus“, meint eine der Schülerinnen und die Lehrerin bestägeeigneten tigt, dass je ein Paprika-Samenkorn in die Schnittstellen gelegt wird. Blumensamen könne man schon „breitwürfig“ausbringen, aber so, dass die einzelnen Pflänzchen noch Platz zum Wachsen haben.
Nun holt Kerstin Kranzfelder gesiebte Erde, die sie in einer kleinen Wanne vorbereitet hat, und deckt die Samen zu. Etwa ein Zentimeter dick soll die Schicht sein. „Durch das Siezungen ben ist die Erde feiner und krümelig, so können die Pflänzchen gut durchwachsen.“Nun nimmt sie einen Wäschebestäuber und gießt die Samen. Mit Frischhaltefolie verschließt sie das Gefäß, damit sich Wärme und Feuchtigkeit besser halten. Damit es aber nicht zuviel des Guten wird und sich womöglich Schimmel bildet, sticht sie mit einem Holzstäbchen Löcher rein. Dann beschriftet die Lehrerin ein weißes Stäbchen, also ein Etikett, das sie in die Schale steckt. Darauf steht das Datum und welcher Samen eingepflanzt wurde. Jetzt heißt es: Ab damit an die Heizung. Doch nicht vergessen, dass die kleinen Pflänzchen dann auch Licht brauchen. Schon nimmt Kerstin Kranzfelder eine Schale zur Hand, in der bereits viele kleine Paprikapflänzchen gewachsen sind. Die haben zwei Blätter. „Um sie umsetzen zu können, brauchen sie noch zwei weitere Laubblätter.“Auch die hat sie parat. Ganz viele in einer Schale, die nun ihren eigenen Topf bekommen, damit sie stark genug werden, um nach den Eisheiligen ins Freie gesetzt werden zu können. Sie nimmt eines vorsichtig mitsamt dem Wurzelballen heraus. Eine dünne Wurzel, die lang herunterhängt, kürzt sie etwas ein. „Das Einkürzen der Wurzel fördert die kräftigere Neuausbildung.“Sie nimmt ein Pikierholz, auch der Stiel einer Gabel ist geeignet, sagt sie, und macht ein kleines Loch in die Erde inmitten des Topfs, der für die Paprikapflanze gedacht ist. Hier ist Blumenerde drin, die hat mehr Nährstoffe und auch kleine Stängelreste. Kerstin Kranzfelder macht die Schülerinnen darauf aufmerksam, dass es drei Sorten Gemüse gibt, die nicht umgesetzt werden dürfen: „Gurken, Kürbis und Zucchini wollen in ihrer Kinderstube bleiben.“Bis sie so groß sind, dass sie ins Freie oder ins Gewächshaus gesetzt werden können jedenfalls.
Dass die Schülerinnen das ausprobieren dürfen, hat einen praktischen Nutzen, den Kerstin Kranzfelder nennt: „Wir brauchen die Pflanzen für den Schulgarten.“Denn dort soll im Jahresverlauf alles wachsen, blühen und reiche Ernte tragen. So werden die Schülerinnen bald frische Zutaten zum Kochen haben.