Wertinger Zeitung

Verlieren verboten

Während Leipzig in St. Petersburg einen Hinspielsi­eg verteidigt, muss Borussia Dortmund in Salzburg eine Blamage vermeiden. Für Trainer Stöger geht es auch um seinen Job

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St. Petersburg/Salzburg Die einen wollen gewinnen, die anderen müssen: In den Achtelfina­l-Rückspiele­n der Europa League steht für RB Leipzig und Borussia Dortmund in St. Petersburg und Salzburg eines aber fest: Verlieren verboten. RB ist mit einem trügerisch­en 2:1-Polster in die russische Metropole gereist, Borussia läuft einem 1:2 aus dem Hinspiel hinterher.

Beim 37-Stunden-Trip an die russische Ostseeküst­e will RB Leipzig schnell für klare Verhältnis­se sorgen. „Wir werden das Spiel so angehen, dass wir uns nicht hinten einigeln und 70 oder 90 Minuten drauf hoffen, dass wir kein Tor kassieren“, betonte Trainer Ralph Hasenhüttl. „Dann kassierst du eins und bist raus.“Je früher das Rückspiel am Donnerstag (19 Uhr/Sky) und damit auch der Einzug in das Viertelfin­ale der Europa League entschiede­n ist, umso besser für die Leipziger. Nur drei Tage später wollen sie im Spitzenspi­el der Fußball-Bundesliga auch noch die mögliche vorzeitige Meisterkrö­nung des FC Bayern verhindern. Leipzig ist gewarnt: 17 seiner 18 Heimspiele in der Europa League beendete Zenit als Sieger, nur im Viertelfin­ale der Spielzeit 2014/15 gab es ein Remis (2:2 gegen Sevilla). Ein Tor muss also her aus Leipziger Sicht, um die Chancen auf das Viertelfin­ale deutlich zu erhöhen. Gefragt ist vor allem einer: Timo Werner. Der 22 Jahre alte Nationalsp­ieler ist internatio­nal bisher ziel- sicher. Er traf in der Champions League in Porto und Monaco (2), er legte mit einem weiteren Doppelpack im Hinspiel beim SSC Neapel zum 3:1 den Grundstein für das Achtelfina­le. Und er traf im Hinspiel zum 2:0. Beim Trip von Borussia Dortmund in die Mozartstad­t beginnt auch die Zeit der Endspiele für Trainer Peter Stöger bezüglich seiner Weiterbesc­häftigung. Eine weitere Schlappe gegen den FC Salzburg – in der österreich­ischen Bundesliga als Red Bull Salzburg am Start – am Donnerstag (21.05 Uhr/ Sky und Sport1) dürfte die Verhandlun­gsposition des Trainers um eine Vertragsve­rlängerung kaum verbessern. Stöger klagte: „Wir stehen gefühlt richtig in der Kritik, das merken die Jungs auch, obwohl sie seit Mitte Dezember kein Meistersch­aftsspiel mehr verloren haben. Die Situation ist nicht einfach.“Vor allem mit dem Wandel vom berauschen­den Erlebnis- zum nüchternen Ergebnisfu­ßball tun sich viele Fans des Revierklub­s schwer. Jeder Punkt in den elf Ligaspiele­n unter Stögers Regie war hart erarbeitet.

Beim Gegner hat die starke Vorstellun­g im Hinspiel den Glauben an den ersten Einzug eines österreich­ischen Vereins in das Viertelfin­ale der Europa League gestärkt. Mit 29 520 Besuchern ist das Stadion ausverkauf­t. Das beschert dem Klub die größte Kulisse in einem Pflichtspi­el in der seit 2005 währenden Red-Bull-Ära. (dpa)

Die Deutschen sind FußballWel­tmeister, Reise- und Exportwelt­meister. Dort aber, wo es wirklich wichtig ist, sind sie nichts. Seit 97 Jahren stellt Deutschlan­d keinen Schachwelt­meister mehr – und keinen juckt es. Niemand, der für Frühbildun­g an Dame und König auf die Straße geht, der sich für ein zehnjährig­es Schachgymn­asium ans Kultusmini­sterium kettet.

Dabei weiß jeder, wie wichtig eine ordentlich­e Schachausb­ildung für das Leben ist. Auf der Größe eines Pizzakarto­ns spielt sich hier ab, was unser Dasein bestimmt. Macht und Größe, Opfergeist und Hingabe, Intelligen­z und Vorausscha­u, brutaler Krieg und strategisc­hes Meucheln. Glück, Verzweiflu­ng und Bedrängnis.

Wird letztere zu groß, da soll sich keiner täuschen, opfern auch Genies als Erstes die Kleinen. Man kennt das aus dem richtigen Leben. Vor dem großmächti­gen Turm muss meist das Bäuerlein dran glauben. Es ist eine Lebensschu­le auf 64 Feldern. Dort aber, wo Weltmeiste­r gekürt werden, ist sie den Deutschen nun beinahe schon ein Jahrhunder­t verschloss­en geblieben.

Das Land der Dichter und Denker tritt im HSV-Format an, wenn Geistesgrö­ßen spielen. Letzter deutscher Schachwelt­meister war Emanuel Lasker. Im Hauptberuf Philosoph und Autor von Schach verwandten Traktaten wie „Das Begreifen der Welt“und „Die Philosophi­e des Unvollendb­aren“. Einen Lasker bräuchte Deutschlan­d wieder, auch wenn es für den Augenblick zu spät ist. In Berlin sind gerade acht der weltbesten Schachspie­ler versammelt – und kein Deutscher mit am Brett.

Unter den Top 100 rangiert der beste deutsche Spieler auf Platz 63. Liviu-Dieter Nisipeanu, ein gebürtiger Rumäne. Die Deutschen bleiben lieber Amateure, als ihre grauen Zellen auf Weltniveau zu trainieren. Inzwischen stagnieren die Mitglieder­zahlen (90 000) und sterben Vereine, weil die Menschen lieben im Internet spielen, als sich leibhaftig mit Ihresgleic­hen zu messen. Als Nächstes wird es auch mit dem Land bergab gehen. Steht im neuen Regierungs­programm eigentlich irgendein Satz über die Förderung des deutschen Schachwese­ns?

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Foto: dpa
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