Landtag im Gymnasium
Schüler des Albertus-Gymnasiums Lauingen schlüpfen in die Rolle von Abgeordneten
Dass wir uns aktuell in einer hochpolitischen Phase befinden, dürfte jedem klar sein. Fast sechs Monate nach den Bundestagswahlen ist der Eintritt der SPD in die Große Koalition beschlossen. Am Donnerstag wurde Angela Merkel vereidigt und außerdem feiert der Freistaat Bayern dieses Jahr 100-jähriges Jubiläum. Dazu stehen am 14. Oktober die Landtagswahlen an. Damit auch die Jugendlichen besser über Politik Bescheid wissen, bietet das Centrum für angewandte Politikforschung Planspiele unter dem Motto „Der Landtag sind wir!“an. Dabei schlüpfen die Schülerinnen und Schüler einen Tag lang in die Rollen von Landtagsabgeordneten und befassen sich in Ausschüssen mit einem Gesetzesentwurf zu einem ausgewählten Thema.
Alexander Förg, Lehrer für Deutsch, Geschichte und Sozialkunde am Albertus-Gymnasium in Lauingen, ist es besonders wichtig, seine Schüler an politische Themen heranzuführen. „Ich versuche immer auf das aktuelle Geschehen einzugehen und so das politische Bewusstsein der jungen Leute zu fördern“. Daher meldete er die gesamte 10. Jahrgangsstufe, darunter auch die Einführungsklasse, an. Die Einführungsklasse ermöglicht Realschülern nach ihrem Abschluss der mittleren Reife das Abitur zu absolvieren. „Es freut mich, dass bei dieser Gelegenheit alle Klassen miteinander gemischt werden, da sonst kaum Berührungspunkte da sind“, sagt Förg. Bereits im Sozialkundeunterricht haben die Schüler den Aufbau und die Aufgaben verschiedener politischer Institutionen, wie den Bundestag oder den Bundessrat, kennengelernt.
„Nun dürfen sie selbst Abgeordnete spielen und den Prozess eines Gesetzesentwurfs nachverfolgen“, erklärt Lehrer Förg. Zu einem jugendgerechten Thema, wie beispielsweise die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre, die Abschaffung des Sitzenbleibens oder wie, in diesem Fall, der Umgang mit Jugendkriminalität, setzen sich die Jugendlichen mit unterschiedlichen Meinungen auseinander. Dazu werden sie den Fraktionen CSU, SPD, Die Grünen oder Freie Wähler zugeteilt. Von Vertretern des CAP, darunter Studenten der LudwigMaximilians-Universität München und eine Lehrkraft, bekommen die Schüler Mappen mit Hintergrundund Informationsmaterial. Das Szenario: Die CSU hat einen Gesetzesentwurf eingebracht, um Jugendkriminalität in Bayern wirksamer zu bekämpfen. Ein beschleunigtes Strafverfahren und der Ausbau des Jugendarrests für straffällig gewordene Jugendliche sollen die Konsequenzen strafbaren Handelns deutlich spürbar machen. Nun diskutieren die Schüler diesen Gesetzesentwurf innerhalb von Fachausschusssitzungen und vertreten dabei auch die Interessen ihrer Fraktion. Sie bringen Vorschläge ein und stimmen anschließend über Änderungen ab.
Ihr Lehrer ist überrascht über die lebhafte Diskussion: „Ich hätte nicht gedacht, dass die Schüler so engagiert sind.“Auch die CAPVertreterin Julia Plotthof bestätigt: „Die Schüler sind mit Feuer und Eifer dabei.“Sie erklärt, warum es gerade jetzt wichtig ist, die Jugendlichen an solche Themen heranzuführen: „Sie befinden sich kurz vor dem Wahlalter und entwickeln so langsam eine feste politische Orientierung. Sie sollen nicht nur unterrichtsmäßig den Ablauf erfahren, sondern auch selbst erleben.“Dadurch würde das Interesse gesteigert werden. Nach den Sitzungen werden die Ergebnisse zusammengetragen und die Reden der einzelnen Fraktionen vorbereitet, die in der darauffolgenden Plenarsitzung vorgetragen werden. Dort stimmen die Schüler auch darüber ab, ob das Gesetz offiziell verabschiedet werden soll. Zum Schluss haben die Schüler der 10. Jahrgangsstufe sogar die Möglichkeit Abgeordneten aus dem Bayerischen Landtag mit ihren Fragen zu löchern.
Dazu kommen die Landtagsabgeordneten Georg Winter von der CSU, Johann Häusler von den Freien Wählern und Herbert Woerlein von der SPD vorbei und geben den Schülern Antworten. Wie viel verdient ein Politiker? Wie lange dauert ein Gesetzesentschluss? Was macht ein Politiker den ganzen Tag? Wieso werden rechtsextreme Parteien wie die NPD nicht verboten? Jede Frage ist erlaubt und wird beantwortet. Wer weiß, vielleicht sieht man einen der Schüler irgendwann sogar im Landtag sitzen?