Westen fordert Aufklärung von Russland
Krise zwischen London und Moskau bekommt eine weltweite Dimension
Jetzt ist er in vollem Gang, der diplomatische Schlagabtausch zwischen Großbritannien und Russland. Die britische Regierung hatte am Mittwoch verfügt, dass 23 russische Diplomaten die Insel innerhalb einer Woche verlassen müssen. Moskau kündigte einen Tag später eine schnelle und harte Reaktion an. London bezichtigt Moskau offen, für den Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok auf den früheren russischen Doppelagenten Sergej Skripalundd essen Tochter im süd englischen Salisbury zumindest mitverantwortlich zu sein. Russland bestreitet dies energisch.
Je härter die Konfrontation wird, desto intensiver bemüht sich die britische Premierministerin Theresa May um die Unterstützung der Verbündeten – mit Erfolg. In einer gemeinsamen Erklärung bekundeten die Regierungschefs von Deutschland, Frankreich sowie die USARegierung Solidarität mit London. Zusammen mit den Briten fordern sie zudem Aufklärung von Moskau: „Ein solches Vorgehen verletzte in deutigdieBe stimmungen des Chemie waffen über einkommens und das Völkerrecht. Es bedroht unser aller Sicherheit.“
Und das ist im Falle des Mordanschlags alles andere als eine Übertreibung: „Im Verhältnis zu anderen Nerven kampf stoffen wie V Xi st Nowitschok zehnmal giftiger“, sagte der Toxikologe Ralf Trapp im Gespräch mit unsrer Zeitung. Schon die Menge, die einem Salzkorn entspreche, sei ausreichend, einen Menschen zu töten. Trapp verweist darauf, dass die Briten bisher keine eindeutigen Beweise präsentiert haben. Aber: „Alles das, was man sieht, deutet schon in die Richtung, dass die Russen dahinterstecken.“
In Großbritannien wird nun diskutiert, ob die Sanktionen tatsächlich über die diplomatische Symbolkraft hinaus schmerzhaft für Moskau sind. Der britische RusslandExperte Mark Galeotti geht davon aus, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin kaum Sorgen machen muss, dass Großbritannien Gegenmaßnahmen ergreift, die wirklich weh tun – wie etwa Sanktionen gegen russische Oligarchen. Galeotti glaubt nicht, dass die Briten, gerade mit Blick auf den Brexit, auf deren Geld verzichten wollen. Als sicher gilt, dass Russen im Finanzzentrum London viele Milliarden Euro angelegt haben.
An diesem Punkt will der CDUAußenpolitiker Norbert Röttgen ansetzen. In London und anderen europäischen Großstädten sei „dubioses Großkapital russischer Herkunft mit leichten Möglichkeiten der Geldwäsche unübersehbar“,
Röttgen: Auf dubioses Kapital aus Russland achten
sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. „Hier sollte Großbritannien, aber auch die Europäer ihre bisherige Politik der Offenheit korrigieren.“Doch genau davor schreckten die EU-Mitglieder bisher meist zurück.
Dafür, dass im Verhältnis zwischen dem Westen und Russland eine dauerhafte Eiszeit droht, spricht seit gestern Nachmittag noch mehr: Die Regierung von USPräsident Donald Trump hat Sanktionen gegen Moskau wegen der mutmaßlichen russischen Einmischungen in den US-Wahlkampf 2016 verhängt. Die Strafmaßnahmen richten sich gegen fünf Firmen und Organisationen sowie 19 Einzelpersonen. Die USA reagierten damit auf „böswillige russische Cyberaktivitäten“, darunter die versuchte Intervention bei den USWahlen, erklärte US-Finanzminister Steven Mnuchin.
Lesen Sie zum Russland-Konflikt auch den Leitartikel von Gregor Peter Schmitz sowie in der Politik das Interview mit einem Toxikologen.