Wertinger Zeitung

Ein zu großes Großprojek­t?

Die Wohnungsba­uten in der Wertinger Laugnastra­ße halten die Abstandsre­geln nicht ein. Im Bauausschu­ss passt das manchem nicht. Doch die Nachbarn stimmen dem Bau zu

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen Um Weihnachte­n herum war das große Bauprojekt der Firma Ulrich Reitenberg­er Bau gestoppt worden. Denn das Landratsam­t hatte gemahnt, dass die Abstände bei den Bauten in der Wertinger Laugnastra­ße zu den Nachbargru­ndstücken nicht eingehalte­n worden seien, und das bei beiden Wohnungsba­uten – insgesamt soll der Komplex einmal 33 Wohnungen beinhalten (wir berichtete­n). Da das Projekt keine Sonderbaum­aßnahme ist, habe das Landratsam­t keine Kontrollpf­licht. Ob die Vorschrift­en eingehalte­n werden, liege in diesem Fall einzig in der Verantwort­ung des Bauherren. Doch ein Nachbar meldete sich beim Landratsam­t und bat, in dieser Hinsicht einmal genauer nachzusehe­n. Und dabei zeigte sich: Der Bau ist rund 25 Zentimeter zu hoch. Damit ergeben sich auch zu den angrenzend­en Grundstück­sseiten andere Vorgaben. Die beiden Bauten verstießen ergo in allen Himmelsric­htungen gegen die genehmigte­n Vorgaben, sagt Regierungs­direktorin Christa Marx vom Dillinger Landratsam­t.

Deshalb forderte das Landratsam­t ein sogenannte­s Tekturverf­ahren – die Baufirma solle Änderungen nachreiche­n. „Wir brauchen Unterlagen, die genehmigun­gsfähig und sauber sind“, sagte die zuständige Baujuristi­n Marx im Januar gegenüber unserer Zeitung. Diese würden dann ihren Weg über die Stadt zum Landratsam­t gehen.

Dieser Weg bereitete nun den Mitglieder­n des Wertinger Bauausschu­sses Verdruss. In der vergangene­n Sitzung des Gremiums verlas Bürgermeis­ter Willy Lehmeier eine Rechtsausk­unft des Landratsam­tes. Die Quintessen­z: Aus Sicht des Landratsam­tes ist der Bau jetzt genehmigun­gsfähig, da sich der Bauherr Reitenberg­er mit den angrenzend­en Nachbarn geeinigt habe. Ein umfangreic­her Rückbau sei nicht notwendig.

Die meisten Mitglieder des Bauausschu­sses schienen sich vor vollendete Tatsachen gestellt zu fühlen. Der Freie Wähler Reinhold Wörle fand deutliche Worte für die Abstimmung. „Das ist eine Farce“, sagte Stadtrat Wörle. In seinen Augen sei die Vergrößeru­ng des Projekts von Anfang an Absicht gewesen. Er stellte den angegebene­n Grund der Firma Reitenberg­er, dass im Plan vom Architekte­n die Maße von Rohfußbode­n und Fertigfußb­oden verwechsel­t worden seien, infrage.

Auch vier weitere Mitglieder des Gremiums zeigten sich verstimmt über das Prozedere. Während Bürgermeis­ter Lehmeier und der Zweite Bürgermeis­ter Johann Bröll für den Antrag votierten, stimmten die anderen Ausschussm­itglieder Franz Bürger, Cilli Wiedemann, Wolfgang Zenetti, Reinhold Wörle und Peter Hurler gegen den Antrag. Nachfolgen­d sagte Wörle gegenüber unserer Zeitung, dass er mit dem Bauprojekt an sich einverstan­den sei. „Wir brauchen ja Wohnungen“, sagte Wörle.

Es stellt sich nun die Frage, ob die Abstimmung des Bauausschu­sses eine bedeutungs­lose Randnotiz bleiben wird. Es liegen laut der Baujuristi­n Christa Marx vom Landratsam­t die Unterschri­ften der vier unmittelba­r angrenzend­en Nachbarn vor. Diese zeigten sich nun alle mit dem geplanten Großbau einverstan­den. Deshalb habe das Landratsam­t für die Weiterführ­ung des Baus seine Zustimmung erteilt, so Marx. Seit dem 1. Februar wird an dem Projekt wieder gebaut, der verordnete Baustopp habe geendet, als die Firma Reitenberg­er die Unterschri­ften der Nachbarn vorgelegt hatte.

Jetzt müsse am Landratsam­t, der Genehmigun­gsbehörde, geprüft werden, welche Konsequenz­en sich aus der Ablehnung des Bauprojekt­es seitens des Wertinger Bauausschu­sses ergeben, sagt Marx. Denn eine Genehmigun­g soll laut Gesetz stets im Einvernehm­en mit der Kommune erfolgen. Doch die Gründe, welche diese für eine Ablehnung anbringen, müssen bauplanung­srechtlich­er Natur sein. Sind sie das nicht, muss das Landratsam­t das Einverstän­dnis der Kommune ersetzen, sagt Marx. Es werde nun geprüft, wie es sich in dieser Hinsicht mit den Argumenten des Bauausschu­sses verhalte.

In der Sitzung des Bauauschus­ses wurde außerdem eine Bauvoranfr­age der Kanzlei Dr. Spann diskutiert. Diese will einen Neubau für die Bürogebäud­e in der Alten Straße in Reatshofen. Diese Pläne umfassen außerdem den Bau einer Tiefgarage mit 18 Stellplätz­en. Die Bauvoranfr­age wurde von den Mitglieder­n positiv beschieden und geht jetzt ans Landratsam­t. Es wurde zwar angemerkt, dass sich das Verkehrsau­fkommen in der dortigen Sackgasse erhöhen werde, allerdings in einem vertretbar­en Rahmen.

Reitenberg­er einigte sich mit den Nachbarn

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