Ein zu großes Großprojekt?
Die Wohnungsbauten in der Wertinger Laugnastraße halten die Abstandsregeln nicht ein. Im Bauausschuss passt das manchem nicht. Doch die Nachbarn stimmen dem Bau zu
Wertingen Um Weihnachten herum war das große Bauprojekt der Firma Ulrich Reitenberger Bau gestoppt worden. Denn das Landratsamt hatte gemahnt, dass die Abstände bei den Bauten in der Wertinger Laugnastraße zu den Nachbargrundstücken nicht eingehalten worden seien, und das bei beiden Wohnungsbauten – insgesamt soll der Komplex einmal 33 Wohnungen beinhalten (wir berichteten). Da das Projekt keine Sonderbaumaßnahme ist, habe das Landratsamt keine Kontrollpflicht. Ob die Vorschriften eingehalten werden, liege in diesem Fall einzig in der Verantwortung des Bauherren. Doch ein Nachbar meldete sich beim Landratsamt und bat, in dieser Hinsicht einmal genauer nachzusehen. Und dabei zeigte sich: Der Bau ist rund 25 Zentimeter zu hoch. Damit ergeben sich auch zu den angrenzenden Grundstücksseiten andere Vorgaben. Die beiden Bauten verstießen ergo in allen Himmelsrichtungen gegen die genehmigten Vorgaben, sagt Regierungsdirektorin Christa Marx vom Dillinger Landratsamt.
Deshalb forderte das Landratsamt ein sogenanntes Tekturverfahren – die Baufirma solle Änderungen nachreichen. „Wir brauchen Unterlagen, die genehmigungsfähig und sauber sind“, sagte die zuständige Baujuristin Marx im Januar gegenüber unserer Zeitung. Diese würden dann ihren Weg über die Stadt zum Landratsamt gehen.
Dieser Weg bereitete nun den Mitgliedern des Wertinger Bauausschusses Verdruss. In der vergangenen Sitzung des Gremiums verlas Bürgermeister Willy Lehmeier eine Rechtsauskunft des Landratsamtes. Die Quintessenz: Aus Sicht des Landratsamtes ist der Bau jetzt genehmigungsfähig, da sich der Bauherr Reitenberger mit den angrenzenden Nachbarn geeinigt habe. Ein umfangreicher Rückbau sei nicht notwendig.
Die meisten Mitglieder des Bauausschusses schienen sich vor vollendete Tatsachen gestellt zu fühlen. Der Freie Wähler Reinhold Wörle fand deutliche Worte für die Abstimmung. „Das ist eine Farce“, sagte Stadtrat Wörle. In seinen Augen sei die Vergrößerung des Projekts von Anfang an Absicht gewesen. Er stellte den angegebenen Grund der Firma Reitenberger, dass im Plan vom Architekten die Maße von Rohfußboden und Fertigfußboden verwechselt worden seien, infrage.
Auch vier weitere Mitglieder des Gremiums zeigten sich verstimmt über das Prozedere. Während Bürgermeister Lehmeier und der Zweite Bürgermeister Johann Bröll für den Antrag votierten, stimmten die anderen Ausschussmitglieder Franz Bürger, Cilli Wiedemann, Wolfgang Zenetti, Reinhold Wörle und Peter Hurler gegen den Antrag. Nachfolgend sagte Wörle gegenüber unserer Zeitung, dass er mit dem Bauprojekt an sich einverstanden sei. „Wir brauchen ja Wohnungen“, sagte Wörle.
Es stellt sich nun die Frage, ob die Abstimmung des Bauausschusses eine bedeutungslose Randnotiz bleiben wird. Es liegen laut der Baujuristin Christa Marx vom Landratsamt die Unterschriften der vier unmittelbar angrenzenden Nachbarn vor. Diese zeigten sich nun alle mit dem geplanten Großbau einverstanden. Deshalb habe das Landratsamt für die Weiterführung des Baus seine Zustimmung erteilt, so Marx. Seit dem 1. Februar wird an dem Projekt wieder gebaut, der verordnete Baustopp habe geendet, als die Firma Reitenberger die Unterschriften der Nachbarn vorgelegt hatte.
Jetzt müsse am Landratsamt, der Genehmigungsbehörde, geprüft werden, welche Konsequenzen sich aus der Ablehnung des Bauprojektes seitens des Wertinger Bauausschusses ergeben, sagt Marx. Denn eine Genehmigung soll laut Gesetz stets im Einvernehmen mit der Kommune erfolgen. Doch die Gründe, welche diese für eine Ablehnung anbringen, müssen bauplanungsrechtlicher Natur sein. Sind sie das nicht, muss das Landratsamt das Einverständnis der Kommune ersetzen, sagt Marx. Es werde nun geprüft, wie es sich in dieser Hinsicht mit den Argumenten des Bauausschusses verhalte.
In der Sitzung des Bauauschusses wurde außerdem eine Bauvoranfrage der Kanzlei Dr. Spann diskutiert. Diese will einen Neubau für die Bürogebäude in der Alten Straße in Reatshofen. Diese Pläne umfassen außerdem den Bau einer Tiefgarage mit 18 Stellplätzen. Die Bauvoranfrage wurde von den Mitgliedern positiv beschieden und geht jetzt ans Landratsamt. Es wurde zwar angemerkt, dass sich das Verkehrsaufkommen in der dortigen Sackgasse erhöhen werde, allerdings in einem vertretbaren Rahmen.
Reitenberger einigte sich mit den Nachbarn