Wertinger Zeitung

Berlin, Berlin, sie radeln nach Berlin

Andere Fans reisen mit Auto, Flugzeug oder Zug zum Auswärtssp­iel in die Hauptstadt, sechs Augsburger Anhänger fahren die rund 660 Kilometer mit dem Rad. Was dahinterst­eckt

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Sichtlich erfreut öffnete Horst Ringler vor ein paar Tagen den Pappkarton. Der 54-Jährige zog ein Radtrikot heraus, gehalten in den Farben Rot, Grün und Weiß. „Das ist schöner als das FCA-Trikot“, sagte er und lachte. Ringler war die Vorfreude anzumerken, ehe am Montagmorg­en die Reise begann.

Ein weiteres Mal rollen Ringler und seine Freunde quer durch Deutschlan­d, um vor Ort die Bundesliga-Fußballer des FC Augsburg zu unterstütz­en. Ziel waren bisher Hamburg, Gelsenkirc­hen und Mönchengla­dbach, diesmal führt der Weg nach Berlin. Fünf Tage geben sich die sportliche­n Fußball-Fans Zeit, ehe sie in der Hauptstadt angekommen sein wollen. Am Donnerstag­vormittag sieht es so aus, als würden sie ihren Zeitplan einhalten können.

Am heutigen Freitag wollen die Augsburger nach rund 660 Kilometern strampelnd Berlin erreichen, empfangen werden sie dort von Freunden. Gemeinsam besuchen sie das Spiel gegen Hertha (Samstag, 15.30 Uhr) und verbringen ein Wochenende in der Metropole, ehe sie am Montag heimfahren. Dann allerdings mit dem Auto. Ringlers Zwischenfa­zit: tolle Strecken, kein Regen. „Bisher ist alles gut gelaufen“, sagt er am Telefon. Die Idee entsprang einst einer Laune an Silvester. „Wir wollten zu einem Auswärtssp­iel des FCA fahren und haben überlegt, wie wir hinkommen“, erzählt Ringler. Letztlich entschiede­n sie sich fürs Rad. Zwei Dinge stehen für die Gruppe während ihren Fahrten im Mittelpunk­t: die sportliche Herausford­erung und das Gemeinscha­ftsgefühl. „Unsere Truppe macht einfach Spaß.“

Neben ihm nehmen an der Berlin-Fahrt Rainer Nötzeld, Gerhard Stöhr, Hans Horn, Wolfgang Barisch, Lothar Hiller und Wolfgang Zirngibl teil. Den Tross komplettie­rt Henry Dochner, der die Gruppe mit dem Auto begleitet, sich abends um Unterkünft­e kümmert und ganz allgemein die „gute Seele“im Team sei, so Ringler.

Der 54-Jährige hat drei Jahrzehnte lang Fußball gespielt. Jetzt sind er und die anderen Männer im Alter zwischen 54 und 63 Jahren begeistert­e Radsportle­r. Sie kennen sich aus gemeinsame­n Zeiten in der Alpinabtei­lung des Post SV, haben schon die Alpen mit dem Rad überquert. Doch auch die Strecke zwischen Augsburg und Berlin hätte ihre Schwierigk­eiten, berichtet Ringler. Er nennt das Fichtelgeb­irge oder den Thüringer Wald. Der Selbststän­dige hat sich für seinen Trip eine Woche Urlaub genommen. Durchschni­ttlich 130 Kilometer am Tag will die Gruppe schaffen, acht bis neun Stunden sitzen sie im Sattel. Als Belohnung gönnen sie sich manchen Apfelstrud­el mit Sahne und das eine oder andere Bierchen nach getaner Plagerei, erzählt Ringler lächelnd und fügt hinzu: „Das muss schon sein.“

Auf ihren Fahrten haben Ringler und seine Mitfahrer einiges erlebt. In Dinkelsbüh­l trafen sie einmal in einem Wirtshaus einen Lehrer von FCA-Manager Stefan Reuter. „Willi“hieß der, erzählt Ringler. Einmal hat jemand sie mit dem Auto überholt und extra im nächsten Dorf gewartet, um die Gruppe auf ein Getränk einzuladen.

Seit knapp zehn Jahren haben die Fans Dauerkarte­n im Augsburger Stadion; im Block Z, hinter dem südlichen Tor, haben sie ihre Plätze. Als Bub hat Ringler noch Helmut Haller spielen sehen, jetzt schwärmt er von den Europapoka­l-Begegnunge­n mit dem FC Liverpool. „Das war etwas ganz Besonderes.“In England war der Fan dabei. Wäre der FCA im internatio­nalen Wettbewerb auf Salzburg oder Basel getroffen, wären sie vielleicht auch dorthin geradelt.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Am Montag sind die FCA Fans mit dem Rad in Augsburg losgefahre­n, heute wollen sie in Berlin ankommen: (von links) Hans Horn, Gerhard Stöhr, Lothar Hiller, Wolfgang Ba risch, Rainer Nötzeld, Horst Ringler und Wolfgang Zirngibl.
Foto: Klaus Rainer Krieger Am Montag sind die FCA Fans mit dem Rad in Augsburg losgefahre­n, heute wollen sie in Berlin ankommen: (von links) Hans Horn, Gerhard Stöhr, Lothar Hiller, Wolfgang Ba risch, Rainer Nötzeld, Horst Ringler und Wolfgang Zirngibl.

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