Studenten klagen gegen „Gefährdergesetz“
Was darf Bayerns Polizei, wenn Gefahr droht? Vertreter dreier Universitäten haben dazu eine klare Meinung
München Diese Verfassungsklage dürfte in ihrer Form in Bayern einmalig sein: Am Donnerstag reichten gleich drei Jura-Professoren der Universitäten in Würzburg, Erlangen und München und rund 20 ihrer Studenten beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eine gemeinsame Popularklage gegen das im vergangenen Sommer in Kraft getretene sogenannte „Gefährdergesetz“ein. Ende März hatten bereits die Grünen gegen das Gesetz Klage eingereicht.
Diese bayerische Neuregelung sieht unter anderem die Möglichkeit einer alle drei Monate durch einen Richter überprüften Präventivhaft sowie die Überwachung durch Fußfesseln oder der Verhängung von Aufenthaltsbeschränkungen für sogenannte Gefährder vor.
Das Paket war vergangenen Sommer mit den Stimmen der CSUMehrheit im Landtag beschlossen worden und ist im Zusammenhang mit der derzeit hitzig geführten Debatte um eine weitere, tief greifende Änderung des Polizeiaufgabengesetzes in Bayern zu sehen. Beide Änderungen werden vom bayerischen Innenministerium mit der Notwendigkeit einer Erhöhung der Sicherheit durch polizeiliche Eingriffsrechte bereits bei einer „drohenden Gefahr“begründet. „Diese Maßnahmen der Sicherheit gehen aber über Gebühr auf Kosten der individuellen Freiheit“, kritisierte die Würzburger Jura-Professorin Isabel Feichtner vor der Abgabe der Klageschrift.
So schränke etwa der unbestimmte Begriff der „drohenden Gefahr“ das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit ein – zumal er nicht nur auf potenzielle Terroristen, sondern grundsätzlich auf alle Bürger angewendet werden könne. Daran ändere auch nichts, dass das Bundesverfassungsgericht diesen Begriff in seinem Urteil zum BKA-Gesetz selbst eingeführt habe: „Das bayerische Gesetz geht sehr weit über diese Vorgaben hinaus“, kritisiert Feichtner.
Wenig praktikabel sei zudem der Richtervorbehalt bei der zuvor auf nur 14 Tage beschränkten Präventivhaft: „Richter müssen hier auf Monate voraus eine reine Prognoseentscheidung treffen“, warnt die Juristin. Die Furcht, dabei einen Fehler zu begehen, könne deshalb zu einer dauerhaften Inhaftierung ohne jegliche begangene Straftat führen. Dies aber sei mit den Vorgaben der Verfassung nicht vereinbar.
Bereits vor einem Jahr hatten praktizierende Richter und Rechtsanwälte bei einer Expertenanhörung zu dem Gesetz im Landtag ähnliche Bedenken geäußert. Die CSUStaatsregierung hielt an ihren Plänen dennoch unverändert fest. Die nun eingereichte Verfassungsklage ist das Ergebnis eines gemeinsamen Studentenprojektes der drei bayerischen Universitäten. Dabei soll an einem konkreten Fall juristisches Fachwissen mit sozialem Engagement verbunden werden. Die beteiligten Studenten hatten mithilfe ihrer Dozenten rund ein halbes Jahr an der nun eingereichten Klageschrift gearbeitet. »Kommentar