Wertinger Zeitung

Ist Bier bekömmlich?

Warum eine Allgäuer Brauerei ihre Werbung ändern muss

- VON ANJA RINGEL

Für den Arzt und Alchemiste­n Paracelsus war Bier im 15. Jahrhunder­t eine „wahrhaft göttliche Medizin“. Seit Jahrhunder­ten werden dem Gerstensaf­t heilende Kräfte nachgesagt: Er soll Herzinfark­ten vorbeugen, den Haarwuchs fördern, Erschöpfun­gszustände kurieren und bei Nierenprob­lemen helfen. All diese Eigenschaf­ten halfen einer Brauerei am Donnerstag vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe aber nicht. Die Richter entschiede­n, dass Bier nicht bekömmlich ist. Zumindest in der Werbung.

Die Brauerei Härle aus Leutkirch im Allgäu und der Verband sozialer Wettbewerb­e streiten seit drei Jahren über den Werbespruc­h „Bekömmlich, süffig – aber nicht schwer“der Brauerei. „Bekömmlich“suggeriere, dass der Konsum von Bier keine negativen Folgen habe, argumentie­rt der Anwalt des Verbandes. Der BGH hat ihm nun in letzter Instanz recht gegeben. Der Begriff ist nach Ansicht der Bundesrich­ter eine gesundheit­sbezogene Angabe, die nach EU-Recht nicht für alkoholisc­he Getränke über 1,2 Volumenpro­zent erlaubt ist.

„Bekömmlich schließt ein, dass sich der Mensch wohlfühlt“, erklärt Ernährungs­expertin Anja Schwengel-Exner von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Der Begriff werde im Gesundheit­sbereich für verträglic­he und leicht verdaulich­e Lebensmitt­el verwendet, die auch bei längerem Konsum ungefährli­ch sind. „Bekömmlich“sei jedoch auch Definition­ssache. „Mir bekommt Bier gut“könne jeder Einzelne weiterhin für sich sagen. Die Brauerei Härle muss ihr Bier dagegen künftig mit „geschmackv­oll“oder „süffig“bewerben – auch wenn es eine „wahrhaft göttliche Medizin“sein soll. Was Werbung darf und wann sie an ihre Grenzen stößt, lesen Sie auf der Wirtschaft.

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Foto: Fotolia

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