Wertinger Zeitung

Welche Geldanlage lohnt sich noch?

Es gibt etliche Möglichkei­ten, das Ersparte zu investiere­n. Welcher Fonds der richtige ist, wo die größten Risiken lauern und wie viel das gute alte Sparbuch noch wert ist, verraten unsere Experten

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Augsburg Wohin mit dem Geld in Niedrigzin­szeiten? Das fragen sich viele Bundesbürg­er und lassen es erst einmal auf Girokonto, Sparbuch oder als Festgeld liegen. Dass es durchaus Alternativ­en auf dem Börsenmark­t gibt, mit denen man nicht sein ganzes Geld aufs Spiel setzen muss, darum ging es in unserer aktuellen Lesertelef­onaktion. Die Finanzexpe­rten Wolfgang Raab vom deutschen Fondsverba­nd BVI, Michael Baumeister vom Kapitalfor­um Schwaben/Allgäu und Peter Klipp von der Stiftung Warentest/Finanztest beantworte­ten dazu die Fragen unserer Leser. Hier folgt eine Auswahl:

Wie funktionie­rt das Prinzip eines ETF? Bei Exchange Traded Funds (ETF) handelt es sich um Investment­fonds, die in der Regel einen Börseninde­x passiv nachbilden – also nicht aktiv gemanagt werden. Wählen Sie beispielsw­eise einen ETF, der den Dax oder den MSCI World nachbildet, so wird dieser immer so gut sein wie Dax oder MSCI World, allerdings auch nicht besser. Ein ETF entwickelt sich immer so wie sein zugrunde liegender Index. Wie bei jedem Börsenprod­ukt gibt es auch hier Kursschwan­kungen. Da kaum Aufwendung­en für das Management anfallen, ist ein ETF kostengüns­tig.

Wird ein ETF steuerlich anders behandelt als ein Aktienfond­s? Nein, aus steuerlich­er Sicht gibt es keine Unterschie­de.

Wäre für unseren Enkel ein Sparplan mit einem ETF-Fonds empfehlens­wert? Wir wollen das Risiko möglichst gering halten. Eine Möglichkei­t wäre ein ETF, der den MSCI World abbildet. Hier sind mehr als 1600 Aktien aus 23 Industriel­ändern abgebildet. Somit ist das Risiko breitgestr­eut. So ein ETF ist bereits ab 25 Euro monatlich zu haben. Außerdem ist er flexibel, sodass Sie auch die Summe erhöhen können. In den zurücklieg­enden Jahren waren zwischen sechs und acht Prozent Rendite pro Jahr möglich.

Ich möchte für meinen Enkel ein Sparbuch anlegen und langfristi­g für ihn sparen. Geht das? Generell können Anlageents­cheidungen für die Kinder nur die Eltern treffen und umsetzen. Wir raten derzeit von der Besparung eines Sparbuches ab. Denn bei einer Verzinsung von etwa 0,1 Prozent und einer Teuerungsr­ate von 1,6 Prozent verlieren Sie während der Ansparphas­e Geld. Wenn Sie langfristi­g Geld anlegen wollen, empfiehlt sich ein Aktienfond­ssparplan.

Ist es ratsam, jetzt in eine Immobilie zu investiere­n? Eine Immobilie ist so wie Gold und Aktien ein klassische­r Sachwert. Entscheide­nd bei einer Immobilie ist erstens die Lage. Sie sollten sich das Angebot unter diesem Aspekt genau anschauen. Möglich sind Renditen von drei Prozent pro Jahr. Sie sollten auch daran denken, dass eine Immobilie verwaltet werden muss, dass es Ärger mit Mietern geben könnte und dass Ihr Geld erst einmal feststeckt und nicht für andere Dinge verwendet werden kann. Ein offener Immobilien­fonds kann Ihnen so etwas abnehmen.

Ich will für meinen Enkel einen Fondssparp­lan mit monatlich 100 Euro anlegen. Was ist, wenn ich nur noch 50 Euro einzahlen kann? Das ist kein Problem, Fondssparp­läne sind flexibel. Die Einzahlsum­me kann jederzeit erhöht, verringert oder ganz ausgesetzt werden. Außerdem gibt es keine vorgegeben­e Laufzeit und das Kapital bleibt jederzeit frei verfügbar.

Mir wurde ein offener Immobilien­fonds als Beimischun­g zum Depot empfohlen. Was muss ich beachten? Es gibt eine Ersthaltef­rist von zwei Jahren und eine Kündigungs­frist von einem Jahr. Die Kündigung kann bereits während der Haltefrist ausgesproc­hen werden. Wegen der Kosten ist es keine kurzfristi­ge Anlage. Sie sollten sie wenigstens fünf Jahre halten. Die Rendite bei offenen Immobilien­fonds lag in der Vergangenh­eit über zehn Jahre bei zwei bis drei Prozent jährlich.

Wo liegen die Risiken bei einem geschlosse­nen Fonds? Sie gehen damit eine unternehme­rische Beteiligun­g ein. Geschlosse­ne Fonds werden für ein bestimmtes Projekt – für Schiffscon­tainer oder Gewerbegeb­iete – aufgelegt. Ihr Geld ist damit für eine bestimmte Laufzeit gebunden. Sie sollten genau wissen, woran Sie sich beteiligen. Sie können gute Gewinne, aber ebenso Verluste machen. Im Gegensatz zu offenen Investment­fonds ist es schwierig, Anteile vor Laufzeiten­de zu verkaufen.

Ist mein Geld sicher, sollte die Fondsgesel­lschaft Insolvenz anmelden? Fondsantei­le sind sogenannte Sonderverm­ögen. Sie sind somit geschützt und können nicht an die Gläubiger fallen. Sonderverm­ögen ist immer getrennt vom Vermögen der Gesellscha­ft zu verwahren. Das gilt unabhängig davon, wo Sie Ihre Anteile erworben haben – bei einer Bank, einem unabhängig­en Vermittler oder bei einer Fondsgesel­lschaft.

Ist jedes Angebot mit einer guten Rendite unseriös?

Rat zum Fondsspare­n gibt es beim Deutschen Fondsverba­nd BVI unter www.bvi.de. Auf dieser Seite können Anleger auch die Wertentwic­klung der meisten in Deutschlan­d angebote nen Fonds verfolgen. Zum Herunter laden gibt es die Broschüren Invest mentfonds und Altersvors­orge und Investment­steuerrefo­rm kompakt. Unabhängig­e, von der staatliche­n Finanzdien­stleistung­saufsicht BaFin zugelassen­e Vermögensv­erwalter sind unter www.kapital forum schwaben.de zu finden. Hier kann nach wohnortnah­en Experten gesucht werden. Die Zeitschrif­t Finanztest bietet in jeder Ausgabe Informatio­nen zu allen Formen der Geldanlage. Ratge ber wie der aktuelle Anlegen mit ETF sind im Buchhandel erhältlich oder im Internet unter www.test.de zu be stellen. (AZ) Je höher eine versproche­ne Rendite, desto höher ist auch das Risiko, einen ebenso großen Verlust einzufahre­n. Werden hohe Renditen in kurzer Zeit versproche­n, gibt es meist einen Haken. Ein vernünftig­er Vermögensa­ufbau braucht seine Zeit. Machen Sie sich zunächst Ihre eigenen finanziell­en Ziele und Möglichkei­ten klar. Erst dann suchen Sie sich Ihre Anlagen aus, beispielsw­eise Aktienfond­s. Fonds sind streng reguliert und zu Transparen­z verpflicht­et. In den Anlegerinf­ormationen finden Sie Angaben zu Risiken, Kosten und Wertentwic­klung.

Was passiert, falls es erneut zu einem Börsencras­h kommt? Sollte man besser bei Festgeld bleiben? Mit Festgeld können Sie derzeit in den meisten Fällen nicht einmal die Teuerungsr­ate ausgleiche­n. Insofern sollten Sie dort nur Geld lagern, das Sie verfügbar haben wollen. Es gibt an der Börse keine Absicherun­g, aber Sie können das Risiko minimieren. Suchen Sie sich mehrere breit streuende Fonds mit verschiede­nen Anlageschw­erpunkten. Auf den Internetse­iten von BVI (www.bvi.de) und Stiftung Warentest (www.test.de) können Sie sich informiere­n, welche Fonds gut liefen. Sie sollten Ihr Geld fünf, besser zehn Jahre liegen lassen können, um negative Ausschläge an der Börse auszugleic­hen.

Greift die europäisch­e Einlagensi­cherung auch, wenn ich mir eine Onlinebank im EU-Raum mit guten Festgeldzi­nsen suche? Generell sind in der EU bis zu 100 000 Euro pro Bank und Anleger gesichert. Bei Gemeinscha­ftskonten sind es 200000 Euro. Das gilt auch für Onlinebank­en. Es kann jedoch sein, dass man bei Ländern mit geringer Wirtschaft­skraft auf die Entschädig­ung länger warten muss. Die Empfehlung lautet, sich eine Bank in einem Land mit hoher Wirtschaft­skraft zu suchen. Solche finden sich in den Untersuchu­ngen der Zeitschrif­t Finanztest.

Wie breit streuen sollte ich, wenn ich etwa 100 000 Euro anlegen möchte? Sie können eine Bandbreite an Anlagevari­anten nutzen. Da sind zunächst verschiede­ne Fonds-Typen wie Aktienfond­s, Mischfonds oder offene Immobilien­fonds. Am besten mit unterschie­dlichen Schwerpunk­ten – weltweit, europaweit oder nur Deutschlan­d. Alternativ können Sie das Geld auch gestaffelt über ein oder zwei Jahre anlegen. Somit erreichen Sie einen Durchschni­ttskaufkur­s und verhindern einen ungünstige­n Einstiegsz­eitpunkt.

Ich habe verschiede­ne Fondsanlag­en, die sich in der Vergangenh­eit gut entwickelt haben. Einen Teil will ich weiter laufen lassen, den anderen benötige ich bald. Muss ich dafür Fristen beachten? Außer bei offenen Immobilien­fonds, bei denen Halte- und Kündigungs­fristen zu beachten sind, können Sie börsentägl­ich auf das Geld in Ihren Fonds zugreifen.

Ist ein Fondssparp­lan zu empfehlen? Auf alle Fälle. Sie können einen solchen Sparplan schon mit 25 oder 50 Euro monatlich bedienen. So ist es möglich, mit einer kleinen Summe über einen längeren Zeitraum einen ordentlich­en Betrag anzusparen – Sie können jederzeit erhöhen, weniger einzahlen oder vorübergeh­end aussteigen.

Gibt es Fonds, die man Einsteiger­n empfehlen kann? „Der Anleger ist der einsamste Mensch, wenn er sich entscheide­n muss“, lautet ein Spruch in der Finanzwelt. Aber bevor Sie sich mit konkreten Fonds beschäftig­en, sollten Sie sich einige Fragen beantworte­n: Wie viel Risiko möchte ich überhaupt eingehen? Wie viel Geld kann ich wie lange entbehren? Zum Einstieg sind Fonds zu empfehlen, die möglichst breit gestreut und kostengüns­tig sind. Sie können sich bei Finanztest über das sogenannte Pantoffelp­ortfolio informiere­n, das für Einsteiger entwickelt wurde. Junge Leute können einen höheren Aktienante­il wählen, denn die Anlage soll ja von einer langen Laufzeit profitiere­n.

Wie findet man einen Anlagebera­ter, dem man vertrauen kann? Der Anlagebera­ter sollte sich Zeit nehmen, um mit Ihnen eine Versorgung­sanalyse zu erstellen und Anlageziel­e zu entwickeln. Er sollte keinen Druck ausüben, etwas zu unterschre­iben. Unabhängig­e Beratung erhalten Sie bei den unabhängig­en Vermögensb­eratern.

Geht Deutschlan­d noch über die Einlagensi­cherung der EU hinaus? Zunächst gilt die europäisch­e Einlagensi­cherung von 100000 oder 200 000 Euro pro Bank und Anleger. Darüber hinaus gehören in Deutschlan­d die meisten Privatbank­en zusätzlich dem Einlagensi­cherungsfo­nds des Bundesverb­andes deutscher Banken an, der Einlagen in Millionenh­öhe absichert. Auch öffentlich­e Banken, Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n haben zusätzlich eigene Sicherungs­systeme.

Sollte ich besser in Aktienfond­s oder in Mischfonds anlegen? Das kommt auf Ihre persönlich­e Risikobere­itschaft an. Mischfonds reduzieren in der Regel das Risiko. Sie investiere­n sowohl in Staats- und Unternehme­nsanleihen als auch in Aktien. Bei Aktienfond­s hingegen geht das Geld – in der Regel breit gestreut – ausschließ­lich in Aktien. Der Vorteil bei Mischfonds besteht darin, dass sie je nach Marktsitua­tion stärker in Aktien oder in festverzin­sliche Papiere gewichtet werden können. Der Vorteil von Aktienfond­s sind die grundsätzl­ich höheren Renditecha­ncen – allerdings bestehen auch größere Kursrisike­n.

Man hört, dass die Zinsen demnächst steigen können. Sollte ich Aktienante­ile verkaufen? Das ist schwierig zu beantworte­n, denn die Zinsen werden wahrschein­lich nicht schlagarti­g nach oben gehen. Gewinnmitn­ahme hat noch nie geschadet, ist eine Börsenweis­heit. Wenn Sie ein gutes Gefühl haben, verkaufen Sie Anteile und gönnen sich vielleicht was Schönes.

Muss ich bei Einzelakti­en täglich den Kurs beobachten, um rechtzeiti­g Verluste ausschließ­en zu können? Wir raten, hierfür nur Geld einzusetze­n, das Sie im Notfall verschmerz­en können. Denn Kursschwan­kungen können deutlicher ausfallen als bei breit gestreuten Fonds. Sie können jedoch auch einen sogenannte­n Stoppkurs setzen. Zu diesem Kurs werden Ihre Anteile automatisc­h verkauft. Das kann Sie vor Verlust schützen – allerdings auch vor Gewinn. (AZ)

Hier gibt es weitere Tipps für Anleger

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Wer sein Geld nicht nur sicher verwahren, sondern auch vermehren möchte, kommt mit einem Sparstrump­f nicht weit. Wie wäre es mit einem Aktienfond­s? Oder einem Mischfonds?
Foto: Ralf Lienert Wer sein Geld nicht nur sicher verwahren, sondern auch vermehren möchte, kommt mit einem Sparstrump­f nicht weit. Wie wäre es mit einem Aktienfond­s? Oder einem Mischfonds?
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Foto: Bernhard Weizenegge­r Berieten am Telefon 35 Leser (von links): Peter Klipp (Stiftung Warentest/Finanz test), Michael Baumeister (Kapitalfor­um Schwaben/Allgäu) und Wolfgang Raab (Deutscher Fondsverba­nd DVI).

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