15 Minuten Verwüstung
Ein Tornado fegt über Viersen. Er entwurzelt Bäume und deckt Dächer ab. Ein Stadtsprecher sagt dennoch: Wir hatten unheimliches Glück. Vor drei Jahren wütete ein Wirbelsturm in den Kreisen Augsburg und Aichach-Friedberg
Viersen Der Tornado, der am Mittwochabend am Niederrhein wütete, sitzt den Betroffenen auch am Donnerstag noch in den Knochen. Wie stark der Wirbelsturm war, zeigen zahlreiche Handyvideos. „Schatzi, unsere ganze Terrasse“, ruft in einem Video eine aufgebrachte Frau in Viersen einem Mann zu. „Die Birke ist weg.“Vor ihrem Fenster schweben Papier und andere Abfälle meterhoch. Eine Männerstimme sagt: „Boah, was alles durch die Gegend fliegt… Alle Bäume gehen fliegen.“
Nach dem Wirbelsturm mit zwei Verletzten und allein im Stadtteil Viersen-Boisheim 40 bis 50 beschädigten Häusern waren am Donners- tag die Aufräumarbeiten in vollem Gange. „Die Stadt hat unheimliches Glück gehabt. Es ist weitgehend bei Sachschäden geblieben“, sagte ein Stadtsprecher. Keines der Häuser in der Stadt sei einsturzgefährdet, alle Menschen hätten zu Hause übernachten können. Von TornadoSchäden betroffen seien rund 150 Menschen. Er hatte die Stadt völlig überraschend getroffen.
Auf der sogenannten Fujita-Skala für Tornados von null bis fünf hatte er die Stärke 1 (117 bis 180 km/h). Das reichte, um Bäume umzulegen und hunderte Dachziegel wie Geschosse durch die Luft fliegen zu lassen. Zum Glück seien die Leute in den Häusern geblieben und nicht von den Ziegeln getroffen worden, sagte der Stadtsprecher. „Jeder Tornado kann lebensgefährlich sein“, ergänzte Andreas Friedrich, Tornadobeauftragter des Deutschen Wetterdienstes. Das Unwetter hatte sich nach Polizeiangaben innerhalb von etwa 10 bis 15 Minuten abgespielt. „Ein sehr eindrucksvoller Tornado zog über den Landkreis Viersen im Westen von NRW hinweg, er richtete hier einige Schäden an“, hatte Wetterunternehmer Jörg Kachelmann auf seiner Internetseite geschrieben. In Deutschland seien in diesem Jahr bisher mindestens sechs Tornados beobachtet worden.
Der Stadtsprecher geht davon aus, dass die Aufräumarbeiten in Viersen relativ schnell abgeschlossen sein werden. Die Schadenshöhe lasse sich aber noch nicht abschätzen, sagte er. Am Mittwochabend gesperrte Straßen und Schienen waren am Donnerstagmorgen bereits weitestgehend wieder frei. Auch auf der Autobahn 61 rolle der Verkehr wieder.
Fast auf den Tag genau vor drei Jahren war ein Tornado über Teile der Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg hinweggefegt. In nur wenigen Minuten schlug der Wirbelsturm eine 100 bis 200 Meter breite Schneise der Verwüstung. Besonders betroffen waren Stettenhofen (Langweid), Affing mit den Ortsteilen Gebenhofen und Anwalting sowie die Stadt Aichach. Da der Sturm damals am späten Abend kam, waren kaum noch Menschen draußen unterwegs. Möglicherweise war es diesem Umstand zu verdanken, dass es keine Todesopfer gab und nur sieben Personen leicht verletzt wurden.
Eine Schadensumme war nicht zu ermitteln. Klaus Metzger, Landrat im Kreis Aichach-Friedberg, ging in einer ersten Schätzung von bis zu 100 Millionen Euro aus. Von mindestens 18,4 Millionen sprach später das Finanzministerium. In Affing wurden 220 Gebäude beschädigt, zwölf davon waren abbruchreif; in Stettenhofen beschädigte der Sturm 34 Häuser. (dpa, jca)