Sporer befragt den Bürgermeister im Stadtrat
Der CSU-Rat will Aufklärung in einem Bauvorhaben. Das löst im Plenum großen Unmut aus. Gegen den Antrag bildet sich eine breite Allianz. Das lässt manchen von einem „Tiefpunkt in der Debattenkultur“sprechen
Wertingen Mit einigem verbalem Säbelrasseln begann die Stadtratssitzung am Mittwochabend. Es ging um den Antrag des Stadtrates Helmut Sporer (CSU), der das Verfahren einer Baugenehmigung, beziehungsweise die Rolle der Wertinger Stadtverwaltung dabei, prüfen lassen wollte. Dafür hatte er über 20 Fragen an Bürgermeister Willy Lehmeier (Freie Wähler) vorbereitet.
Doch gegen diesen Tagesordnungspunkt bildete sich im Gremium eine breite Allianz – und das zog ungewöhnliche Szenen nach sich. Ludwig Klingler und Peter Hurler von den Grünen beantragten zu Beginn der Sitzung, dass sich das Plenum nicht mit dem Antrag von Sporer befassen solle. Dieser sei zu komplex, eine langwierige Befassung stehe in keinem Verhältnis zum Erkenntnisgewinn und dem Konfliktpotenzial. Außerdem sei der Behördenweg abgeschlossen (wir berichteten), man rätsele über die Motivation für den Antrag.
Der Hintergrund: Sporer hatte im März gegen ein Bauvorhaben der Familie von Stadtrat Herbert Nuber (FW) geklagt und war vor Gericht worden. Doch er äußerte gegenüber unserer Zeitung Zweifel an der Sauberkeit des Genehmigungsverfahrens. In seiner Akteneinsicht war er auf eine Mail von Nuber an Landrat Leo Schrell gestoßen, in der um Unterstützung geworben wurde. Außerdem habe Nuber dem Stadtrat angedroht, diverse Ämter niederzulegen, und dies laut Sporer mit der Ablehnung des Bauantrags in Verbindung gebracht.
Dr. Johann Popp, Fraktionschef der CSU, kritisierte den Antrag der Grünen scharf. Sporers Anliegen sei völlig legitim. „Der Stadtrat ist für die Kontrolle der Verwaltung zuständig“, sagte Popp. Auf die Äußerung der Grünen, dass der Antrag keine Aussicht auf Erfolg habe, entgegnete Popp: „Sollen wir nur Anträge behandeln, die ‘Aussicht auf Erfolg’ haben?“Geschäftsführer Dieter Nägele sagte zu Popp, dass laut Geschäftsordnung ein Nichtbehandlungsantrag zulässig sei. Dazu entgegnete Popp, dass es sich offensichtlich um ein „abgekartetes Spiel“ handele, das im Vorfeld ausgemacht worden sei. Das sei ein „Tiefpunkt in der demokratischen Debattenkultur Wertingens“.
In seltener Einigkeit sprachen sich die Vertreter verschiedener Parteien gegen Sporers Ansinnen aus. Peter Seefried, sonst kaum jemals einer Meinung mit den Grünen, nannte Sporers Antrag eine „Zumutung“. Und der SPD-Politiker Otto Horntrich fragte: „Was soll denn das Endergebnis des Ganzen sein?“Sporer selbst äußerte sich „entsetzt“über die Versuche, seinen Antrag zu blockieren. Er wolle Aufklärung und Transparenz für die Bürger erreichen, keine Privatangelegenheit mit Herbert Nuber ausfechten. „Es geht um die Gleichbehandlung aller Bürger“, sagte Sporer.
Doch Lehmeier, der zuvor vor dem „Zerschlagen von Porzellan“gewarnt hatte, schien dann den Fall doch hinter sich bringen zu wollen: Er bat die Räte eindringlich, die Fragen Sporers beantworten zu dürfen. Dass ihm und seiner Verwaltung „Mauschelmethoden“vorgeworfen würden, lasse ihn auch emotional nicht unberührt.
Nach anfänglicher Unruhe im Gremium befragte Sporer Bürgerabgewiesen meister Lehmeier ausführlich zu den Geschehnissen. Seine Fragen gingen dabei teils sehr ins Detail. So ging es etwa um die Bearbeitungszeiten, da diese für Sporer verdächtig kurz erschienen. Bei den grundsätzlicheren Fragen wurde klarer, in welche Richtung die Überlegungen von Sporer und Lehmeier gingen. So störte sich Sporer daran, dass im Flächennutzungsplan über viele Jahre ein Grüngürtel dort ausgewiesen war, wo Nubers Familie zu bauen anfing. Über lange Zeit habe man im Bauausschuss darauf beharrt, den Grüngürtel nicht anzutasten. So seien andere Bauvorhaben mit dem Verweis auf den schützenswerten Charakter der Fläche abgewiesen worden.
Doch Lehmeier sah hier einen Vergleich von Äpfeln und Birnen: Ein abgelehntes Bauvorhaben von 2012 sei weitaus umfangreicher gewesen, habe aus drei Einzelhäusern bestanden und sei somit nicht mit dem Antrag der Familie Nubers vergleichbar, die dort ein einzelnes Haus baut. Eine massive Nachverdichtung hätte ein „Erschließungskonzept“vorausgesetzt. Doch auch den schließlich durchgewunkenen Antrag habe man nachkorrigieren lassen, das Gebäude wurde um etwa 15 Meter verschoben, um den Charakter des Grüngürtels nicht zu zerstören. Diese Argumentation akzeptierte Sporer nicht. Durch die bevorzugte Behandlung eines Einzelnen sei hier einer durchdachten Planung vorgegriffen worden.
Ein weiterer Punkt, den Sporer ansprach: Um den Bau möglich zu machen, seien mehrere Bäume gefällt worden. Im April und Juli, also in der eigentlich geschützten Brutzeit der Vögel. Dazu hätten sich bei Sporer zahlreiche Bürger gemeldet, die diese Maßnahme empört habe, so der CSU-Rat. Die Verwaltung beurteilt die damals durchgeführten Arbeiten positiver, ein Naturfrevel sei nicht erkennbar. Lehmeier gab an, dass diesbezüglich eine Stellungnahme des Landratsamtes beantragt werde.
Und schließlich fragte Sporer: Hat Lehmeier Einfluss auf das Verfahren genommen, etwa durch Weisungen an Mitarbeiter? Oder gab es Absprachen mit dem Landrat? Lehmeiers Antwort in beiden Fällen: Nein. »Kommentar
Popp: Der Stadtrat soll die Verwaltung kontrollieren Lehmeier: Es gab keine Ein flussnahme oder Absprachen