Ein Trikot für Erdogan – geht das?
Das Treffen der deutschen Nationalspieler mit dem türkischen Präsidenten hat für Wirbel gesorgt. Wir fragen Fußballer und Funktionäre aus der Region nach ihrer Meinung
Bewusste Provokation? Sportdiplomatisches Foul? Oder war es einfach nur eine unüberlegte Dummheit? Wie auch immer: Seit die beiden türkisch-stämmigen deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan am Sonntag zusammen mit „ihrem’“Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für Fotos posiert und ihm Trikots ihrer Vereinsmannschaften geschenkt haben, diskutieren die Fußball-Fans auch in unserer Region über das Verhalten der Vorbilder sowie die Reaktion darauf. Bundestrainer Joachim Löw hat inzwischen den vorläufigen Kader für die anstehende Weltmeisterschaft in Russland benannt. Özil und Gündogan sind dabei. Verständnis dafür hat nicht jeder.
Günther Brenner (Vorsitzender VfR Jettingen): „Ich finde, das ist eine Sauerei, was die gemacht haben. Wer ein bisschen mit offenen Augen durch die Lande geht, weiß doch, wofür Erdogan steht. Zu sagen, sie seien sich der Tragweite nicht bewusst gewesen, ist aus meiner Sicht Dummheit. Und dann noch diese Widmung von Gündogan auf dem Trikot – das ist der Gipfel. In der Konsequenz hätte ich sie für die WM ausgeladen. Auch, um ein Zeichen zu setzen.“
Özgür Ünal (Vorsitzender Türk GB Günzburg): „Ich bin ähnlicher Meinung wie in vielen deutschen Medien geschildert, nämlich dass man Politik nicht mit Fußball verbinden soll. Das sollte man voneinander trennen – ebenso wie man Religion von Politik trennen sollte. Und übertreiben sollte man es jetzt auch nicht. Der Erdogan war halt dort in London zu Besuch und er ist eben Staatspräsident.“
Arjan Plooij (Abteilungsleiter VfL Zusamaltheim): „Was da Gündogan und Özil gemacht haben, war etwas unüberlegt. Sie hätten wissen müssen, dass diese Aktion für politische Zwecke herangezogen wird. Wenn es stimmt, dass ein Emre Can für so eine Aktion nicht zu haben war, dann hat dieser Spieler Charakter gezeigt. Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff sollten sich Özil und Gündogan zur Brust nehmen. Wenn sie bei einem Gespräch Einsicht zeigen, sollte man sie im WM-Kader belassen.
Franz Bohmann (Bliensbach, Spielgruppenleiter Kreis Donau: „Man sollte die ganze Sache nicht so heiß essen, wie sie in der Öffentlichkeit jetzt gekocht wird. Mich ärgert viel mehr, wenn bei einem Länderspiel Mesut Özil beim Abspielen der Nationalhymne nicht mitsingt. Das geht eigentlich gar nicht. Was das Sportliche anbelangt, stehen Özil und Gündogan zu Recht im Kader.
Xaver Erdle (Schiedsrichter-Einteiler Gruppe Westschwaben): „Aus meiner Sicht sollten die vom Bundestrainer einen gescheiten Anschiss kriegen. Von der Leistung her tut es der deutschen Mannschaft ja gut, wenn die beiden spielen. Sie gleich rauszuwerfen wäre wahrscheinlich zu hart gewesen – obwohl das ehrlich gesagt schon mein erster Gedanke war.“
Daniel Grimminger (Abteilungsleiter SSV Glött): „Wenn es um solche Dinge geht, sollte man Sport und Politik klar trennen. Aus sportlicher Sicht haben es beide Spieler meiner Ansicht nach schon verdient, im vorläufigen WM-Kader zu stehen. Wenngleich ich eingestehen muss, dass ich mir selten Spiele aus der Premier-League anschaue. Bei Menschen wie Gündogan und Özil sollte man bedenken, dass sie einen Migrationshintergrund haben und bei ihnen deswegen wohl zwei Herzen in einer Brust schlagen.
Interview: herd/wz