Schüler werden fit für die Medienwelt
Sogenannte „Medienscouts“führen einen Aktionstag am Gymnasium durch. Da erklären sie zum Beispiel, wie man sich vor dreister Abzocke schützen kann
Wertingen „Wie viele Ihrer Kinder haben ein Smartphone?“, fragt einer der Medienscouts, selbst noch Schüler, in die Runde der Eltern, die sich zum Vortrag „Mein Kind im Internet“versammelt haben. Die Hände schnellen nach oben, denn zum Übertritt ans Gymnasium haben viele Kinder ein neues Handy geschenkt bekommen. Doch bei der Frage, ob sie wüssten, was die Kids damit alles machen, zeigen die Eltern der Fünft- und Sechstklässler schon deutlich mehr Zurückhaltung. Dabei muss man wirklich vorsichtig sein, denn nur allzu leicht gerät man in eine Abofalle, zum Beispiel wenn man an dem falschen Gewinnspiel teilnimmt oder sich bei einem Handyspiel etwas dazukauft. Wie man wieder herauskommt? Es ist gar nicht so schwer: eine einfache SMS mit dem Text „Stopp“genügt. Nur wissen muss man es.
Die Medienscouts wissen es, weil sie selber einmal naiv und unbedarft waren und schon den einen oder anderen, mitunter auch teuren Unsinn mit ihrem Handy veranstaltet haben. Ihre eigenen Erfahrungen motivierten die Schülergruppe aus fünfzehn Acht- bis Zehntklässlern, den jüngeren Mitschülern zu helfen. Denn: „Von anderen Schülern lassen sich die Schüler der Unterstufe mehr sagen als von uns Erwachsenen. Ihnen erzählen sie von ihren echten Problemen, weil sie keine Angst vor Bestrafungen oder gar vor einem Handyverbot haben müssen“, erzählt Melanie Carter, die zusammen mit ihrer Kollegin Ingrid Abenthum-Glaser die Arbeitsgruppe betreut. So beraten die Medienscouts nach dem „Peer-to-PeerVerfahren“die Jüngeren bei „WhatsApp-Stress“oder Kettenbriefen „mit blutigen Grüßen“, die manche Kinder nicht mehr ruhig schlafen lassen.
Alle haben sich sorgfältig auf den Elternabend „Mein Kind im Internet“und das Hauptprojekt, den „Safer Internet Day“für die Sechstklässler, vorbereitet: Am Anfang stand eine Schulung durch Kriminalhauptmeisterin Sandra Gartner von der Kripo Dillingen. Die Schüler erhielten konkrete Verhaltenstipps, vor allem im Umgang mit sozialen Netzwerken, in Bezug auf Cybermobbing oder zum Thema Zivilcourage.
So entstanden „Experten-Grüppchen“zu den Themen „AGB“, „AlwaysOn“(„Immer online“), „Abofallen“, „Cybermobbing“und „Kreativ im Netz“. Dies waren auch die Workshops, die die Sechstkläss- ler in den fünf Schulstunden am „Safer Internet Day“durchliefen. Und es wurde ein Erfolg, wie die Schülerinnen Anna-Maria Hof und Sophie Schlienz bestätigen: „Wir fanden den Tag toll! Das Programm war kreativ gestaltet und die Medienscouts konnten gut erklären. Wir lernten unser Handy besser kennen und veranstalteten einen kleinen Fotobearbeitungswettbewerb. Durch ein Quiz erfuhren wir viel über WhatsApp und Co.“Die Schüler lernten außerdem, wie man Berechtigungen bei Apps ausschalten kann, dass sie keine Links in Kettenbriefen antippen sollen und ihnen auch nicht glauben sollen, wo man im Internet „rechtefreie“Bilder und Musik findet oder wie man sich ein sicheres Passwort ausdenkt. Besonders nachhaltige Wirkung hatte der Workshop zum Thema Cybermobbing. „Extrem“finden die Schüler, was Betroffenen alles passiert. Durch ein Spiel haben sie ein Gefühl dafür bekommen, dass man „viel heftiger lästert, wenn man anonym ist“. Aber so schlimm die Dinge sind, die die Schüler über Cybermobbing erfahren haben, so wichtig finden sie dieses Thema. „Es ist schon krass, aber man muss es wissen, denn nur dann kann man helfen“, meint Valeria De Pieri Ortiz. Und Betreuungslehrerin Ingrid AbenthumGlaser betont, wie wichtig es sei, Cybermobbing nicht aus Scham zu verheimlichen. Man muss sich stattdessen an einen Ansprechpartner des Vertrauens wenden.
Es war ein sinnvoller und informativer Tag, da sind sich die Medienscouts wie die Sechstklässler einig. Aber eine wichtige Erkenntnis lautet auch: Eigentlich kommt der „Safer Internet Day“im zweiten Halbjahr der sechsten Klasse zu spät. Wie sie sicher mit ihrem Smartphone umgehen, sollten die Unterstufler also schon viel früher lernen. Deswegen planen die Medienscouts, die Workshops ab dem kommenden Schuljahr für die Fünftklässler an einem der Aktionstage am Schuljahresende durchzuführen. Dann heißt es in der letzten Woche vor den Sommerferien: „Safer Internet Day: Mit Spaß richtig viel lernen“, wie die Schülerin Nicola Wojtczyk den Tag kurz und knapp zusammenfasste.