Der Erfolg Oberstdorfs ist trügerisch
Oberstdorf schreibt Rekordzahlen. Die Gemeinde hat zuletzt den besten Winter seit 2005 erlebt, als im Ort die Nordische Ski-WM stattfand. Dennoch geht jetzt schon wieder ein Tourismuschef. Auch Horst Grafs Vorgängerin Heidi Thaumiller erzielte gute Ergebnisse – und warf das Handtuch.
Was wie ein Widerspruch klingt, hängt zusammen. Denn Veränderungen sind schwer durchzusetzen, wenn das Geschäft brummt. Vielen Oberstdorfern fehlt die Einsicht, dass sich der Traditionskurort zu einer modernen Tourismusdestination wandeln muss. An diesem Prozess haben sich sechs Kurdirektoren aufgerieben. Und alle haben ihren Beitrag geleistet, dass Oberstdorf nicht stehen geblieben ist. Auch wenn sie selbst dabei auf der Strecke geblieben sind, haben sie den richtigen Weg eingeschlagen. Aus einer gemütlichen Kurverwaltung ist ein modernes Tourismusunternehmen geworden. Doch statt Lob gab es teils unberechtigte Kritik. Ein Tourismuschef, der eineinhalb Jahre im Amt ist, ist nicht verantwortlich dafür, dass eine 46 Jahre alte Therme schließen muss. Und er kann auch nichts dafür, dass Vermieter, die jahrelang nicht investiert haben und in der heutigen Zeit online nicht buchbar sind, keine Gäste mehr finden.
Die Oberstdorfer dürfen sich nicht auf ihrem Erfolg ausruhen. Denn der ist trügerisch, weil er damit zu tun hat, dass viele Deutsche derzeit ihren Urlaub lieber im Inland verbringen. Stattdessen sollten die Oberallgäuer dem nächsten Kandidaten, der sich auf den Schleudersitz wagt, eine echte Chance geben, Oberstdorfs Tourismus in die Zukunft zu führen.