Darum wird unser Strom immer teurer
Energie Der Staat ist der größte Preistreiber. Nicht nur die Branche selbst schlägt Alarm
Berlin Verbraucher müssen im kommenden Jahr mit höheren Stromkosten rechnen. Der Branchenverband der Energie- und Wasserwirtschaft fordert deshalb von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eine milliardenschwere Entlastung der Haushalte bei der Stromsteuer. Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer hält eine Reduzierung des Steuersatzes von derzeit 2,05 Cent pro Kilowattstunde auf das europarechtlich mögliche Minimum von 0,1 Cent für geboten. Dies würde 5,5 Milliarden Euro kosten, sei aber angesichts der vollen staatlichen Kassen machbar und würde die Haushalte deutlich entlasten. Kapferer: „Im EU-weiten Vergleich wird eines besonders deutlich: Der deutsche Staat bittet die Haushalte bei den Steuern, Abgaben und Umlagen über Maß zur Kasse.“
Der Strompreis setzt sich aus den Produktionskosten, Steuern, Abgaben, Umlagen und den Netzentgelten der Betreiber zusammen. Nach Kapferers Worten haben sich Steuern, Abgaben und Umlagen seit dem Jahr 2006 mehr als verdoppelt und machen inzwischen bereits 54 Prozent des Strompreises aus. Nur noch 20 Prozent der Kosten könnten die Lieferanten überhaupt beeinflussen. Nun würden steigende Beschaffungskosten Preiserhöhungen unausweichlich machen. Kapferer widerspricht damit erst wenige Tage alten Berichten, nach denen sinkende Netzentgelte 2019 für etwas Entlastung bei den Strompreisen sorgen könnten. Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wies die Forderung nach Steuersenkungen zurück: „Die Stromsteuer hat nur einen geringen Anteil an den Stromkosten. Der Steuersatz ist seit dem 1. Januar 2003 konstant und beläuft sich auf 2,05 Cent pro Kilowattstunde.“Gemessen am Gesamtstrompreis sei der Anteil der Stromsteuer damit seit Jahren rückläufig. Den weitaus größeren Anteil am Strompreis machten die zahlreichen Entgelte und Umlagen aus.
Unterstützung für die Forderung der Energiebranche nach einer drastischen Senkung der Stromsteuer kommt aus der FDP. Ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender Michael Theurer sagte unserer Zeitung: „Dass die Bundesregierung hier untätig ist, ist ein Schlag ins Gesicht der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Größter Preistreiber bei den Stromkosten sei der Staat. „Dieser ist mit über zehn Milliarden Euro für Steuern und Abgaben sowie über 25 Milliarden für das planwirtschaftliche ErneuerbareEnergien-Gesetz inzwischen für mehr als die Hälfte des Strompreises verantwortlich.“Massiv kritisiert Theurer in diesem Zusammenhang Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier (CDU): „Ohne die von Altmaier angekündigten, aber verschleppten Reformen beim Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Absenkung der Stromsteuer auf das Mindestmaß wird der Strompreis nicht zu bändigen sein.“
Auch die Grünen gehen hart mit der Energiepolitik der Bundesregierung ins Gericht. Der Energieverband lege den Finger in eine Wunde, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer unserer Redaktion: „Unser Umlagen- und Abgabensystem passt nicht mehr zur neuen Energiewelt.“Für Krischer sind die größten Preistreiber inzwischen die Netzentgelte. Der Grünen-Politiker kritisiert vor allem die undurchsichtigen Regelungen: „Die Ursachen dafür liegen weitgehend im Dunkeln. So wird der Öffentlichkeit etwa vorenthalten, wer wie viel Netzentgelte zahlt und welche Unternehmen oder auch Golfklubs von den Entgelten ganz oder teilweise befreit werden.“
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