Ein seltener Gast im Garten
Die Bekassine zählt in Bayern zu den aussterbenden Vogelarten. Alfred Schneider aus Augsburg hat eine entdeckt
Augsburg Auf dem braunen Boden versteckt zwischen Pflanzen ist sie kaum zu sehen. Doch unser Leser Alfred Schneider aus Augsburg hat sie entdeckt. Eine Bekassine ließ sich für eine Verschnaufpause in seinem Garten nieder. Eine echte Besonderheit. Denn in Bayern sind die Vögel nur noch selten zu sehen. Sie zählen zu den gefährdeten Arten.
Gärten seien eigentlich nicht ihr gewohntes Habitat. „Aber zum Rasten machen Bekassinen auch mal an befremdlichen Orten Halt“, sagt Sophia Engel vom Landesbund für Vogelschutz. Meist in wassernahen Gegenden. Denn eigentlich lebt die Bekassine in Feuchtgebieten. Sie liebt sumpfige Wiesen und Niedermoore. Nur dort ist der Boden so weich, dass sie mit ihrem dünnen, langen Schnabel nach Futter stochern kann. Die Spitze des Schnabels ist beweglich. So verspeist der Vogel die Larven und Würmer, ohne den Schnabel aus dem Boden ziehen zu müssen.
Doch gerade in Süddeutschland schwinden die feuchten Gebiete und damit die Lebensräume der Bekassine. Oft werden die Böden zur landwirtschaftlichen Nutzung trockengelegt. In Bayern ist die Bekassine deshalb vom Aussterben bedroht. Nach Angaben des Umweltamtes gibt es landesweit nur noch 600 bis 900 Brutpaare. „In den vergangenen 30 Jahren ist der Bestand stark zurückgegangen“, sagt Sophia Engel vom Landesbund für Vogelschutz. Auch deutschlandweit schwinden die Zahlen. 5500 bis 8000 Brutpaare gibt es noch. Ein Großteil davon brütet in Norddeutschland.
Die Bekassine ist auch unter dem Namen Himmelsziege oder Haberbock bekannt. Denn während des Balzfluges vibriert sie mit ihren Schwanzfedern und gibt dadurch eigentümlich meckernde und knurrende Laute von sich.
Dass unser Leser Alfred Schneider eine Bekassine in seinem Garten entdeckt hat, hält Engel für etwas Besonderes. „Da kann man sich schon mal ein Kreuzchen im Kalen- der machen“, sagt die Vogelexpertin. Denn abgesehen davon, dass Bekassinen hierzulande sehr selten vorkommen, sind die Vögel auch Meister im Verstecken. Mit ihrem braun-weißen Gefieder sind sie perfekt getarnt. Nur so sind die etwa 25 Zentimeter großen Vögel vor Feinden geschützt. Bei Gefahr drücken sie sich an den Boden. „Verstecken ist ihre Überlebensstrategie“, weiß Engel. Sie vermutet, dass die Bekassine aus Schneiders Garten nur auf der Durchreise ist. Der Vogel komme wahrscheinlich aus Norddeutschland oder Skandinavien und reise nun weiter. Bekassinen ziehen wie die meisten Vögel alleine in Richtung Süden, um dort zu überwintern. Über Zurufe halten sie locker Kontakt mit anderen Artgenossen. Meist fliegen sie nachts, um vor Feinden besser geschützt zu sein.
In mehreren Durchzugswellen ziehen sie los. Die ersten starten im Oktober, die letzten Nachzügler machen sich im Dezember auf den Weg. „Jetzt ist gerade Hauptsaison“, sagt Engel. Bekassinen würden überwiegend in der Mitte Afrikas südlich der Sahara überwintern.
So hat auch das Exemplar aus Alfred Schneiders Garten noch einen langen Weg vor sich. 2000 bis 3000 Kilometer, vermutet Engel. Zwischen März und Mai machen sich die Vögel auf den Rückweg. Ob die Bekassine dann wieder einen Stopp bei Alfred Schneider einlegt?