Die Gefahr daheim
Gewalt Wenn Partner zum Peiniger werden. Hunderttausende sind davon betroffen
Berlin Ein Mann lauert seiner ExFreundin in der Tiefgarage auf. Er rammt ihren Wagen, schlägt die Scheiben ein, im Auto sitzt auch der gemeinsame Sohn. Auf beide sticht der Vater in Baden-Württemberg mit einem langen Küchenmesser ein. Wieder und wieder. Kurz darauf sind sie tot.
In Saarbrücken platzt ein Mann in eine Familienfeier. Es ist seine eigene Familie, die unbeschwert zusammensitzt. Der 59-Jährige wohnt nicht mehr hier, zur Feier ist er nicht eingeladen. Als er reinkommt, fängt er sofort an zu schießen, tötet Sohn und Schwiegersohn. Beides Fälle aus diesem Jahr in Deutschland.
Im Schnitt jeden Tag versucht ein Mann, seine Frau, Lebensgefährtin oder Ex zu töten. Jeden zweiten bis dritten Tag im vergangenen Jahr starben Opfer – insgesamt 147, wie Daten des Bundeskriminalamts zeigen. Fast 140000 Fälle von Gewalt in der Partnerschaft wurden 2017 angezeigt – Vergewaltigungen, Körperverletzungen, Stalking und sexuelle Nötigung. Es sind Zahlen, die entsetzen. „Das ist in einem modernen, fortschrittlichen Land wie Deutschland eine fast unvorstellbare Größenordnung“, sagt Frauenministerin Franziska Giffey (SPD). „Für viele Frauen ist das eigene Zuhause ein gefährlicher Ort.“Nur jedes fünfte Opfer aber suche überhaupt Hilfe. Tatsächlich seien Hunderttausende betroffen – zu mehr als 80 Prozent Frauen, aber auch mehrere tausend Männer.
Die BKA-Auswertung zeigt, dass rund zwei Drittel der Tatverdächtigen deutsche Staatsbürger sind. „Häusliche Gewalt geht durch alle Gruppen“, betont Giffey. Generell sei die Gefahr höher, wenn Alkohol, Geldsorgen und psychische Probleme im Spiel sind. Doch auch in gut situierten Familien gebe es Fälle.
Giffey setzt sich für einen Ausbau der Hilfeangebote in Frauenhäusern ein. Derzeit könnten in den 350 Frauenhäusern und 600 Fachberatungsstellen pro Jahr 30000 Frauen betreut werden. „Das reicht nicht“, sagt sie. Rund um die Uhr steht zudem ein Hilfetelefon (08000 116 016) zur Verfügung, das in 17 Sprachen anonym berät. Die Anrufe würden auf Telefonrechnungen nicht angezeigt, betonte Hilfetelefon-Leiterin Petra Söchting.