Der Frust sitzt schon tief
Sport-Nachgefragt Golfprofi Sebastian Heisele blickt auf seine Saison zurück, die mit einem Fehlschlag endete. Warum sich der Dillinger dennoch auf die Challenge Tour 2019 freut
Dillingen Mit dem verpassten Cut beim Qualifikations-Turnier zur European Tour 2019 in Tarragona/ Spanien ist die Golf-Saison für den Dillinger Profi Sebastian Heisele beendet. Das Ergebnis spiegelt den Jahresverlauf für den 30-Jährigen wider: Es lief nicht richtig rund, der Gang zurück in die „Zweite Liga“Challenge Tour ist besiegelt.
Andere Berufstätige gehen zum StressAbbau in ihrer Freizeit golfen. Was macht ein Profigolfer eigentlich als Ausgleich zum Beruf? Golfen? Heisele: Das Golfen kann mir da gestohlen bleiben (schmunzelt). Ich beschäftige mich ja die meiste Zeit mit meinem Sport, da will ich dann in der wenigen Freizeit nicht auch noch spielen, Statistiken schauen oder Golfmagazine lesen. Sondern daheim relaxen, ganz normale Sachen machen. Die Saison ist ja ein ziemlicher Stress mit ständigem Wechsel – Turnier, Flieger, Turnier, Flieger. Nach Tarragona habe ich jetzt etwas Sightseeing in Barcelona gemacht. Rumlaufen, schauen, wo es einen hinträgt, mal einen Kaffee trinken.
Nach Ihrem Rückflug samt Ankunft in Dillingen haben Sie also nicht gegolft? Heisele: Nein. Daheim „Hallo“gesagt und Winterreifen aufgezogen.
Nach Ihrem Bogey am 18. Loch der vierten Runde in Tarragona waren Sie raus, der Cut verpasst um einen Schlag. Rutscht auch einem Pro da mal ein Kraftausdruck durch? Heisele: In solchen Momenten kann es schon sein, dass der Schläger zu Boden fliegt. Irgendwo muss man das Ventil auch mal öffnen.
Sie sind seit 2012 Berufsgolfer. Ein Beruf ist – auch wenn er Spaß macht – nicht immer der reine Spaß. Etwa jetzt bei Ihnen mit der verfehlten Tour-Qualifikation. Wie tief sitzt der Frust?
Heisele: Es liegt ja nicht an diesem einen Loch. Es war eher die Fortsetzung eines Jahres, das nicht konstant genug verlief. In der Woche vor Tarragona habe ich das Turnier ja noch „16 unter“eingefahren – eines meiner besten Ergebnisse überhaupt. Dann hatte ich mir für das Finale der Qualifying School schon was ausgerechnet. Der Frust sitzt nun schon sehr tief. Ein Schlag weniger hätte zwei Tage mehr bedeutet. Wobei nicht gesagt ist, dass ich mich auf den abschließenden beiden Runden auch unter die ersten 25, die das Tour-Ticket bekommen, gespielt hätte. Ich weiß nicht, ob das noch drin war.
Ihre Saisonbilanz?
Heisele: Insgesamt habe ich extrem viel Zeit investiert, es lief dieses Jahr aber einfach nicht rund. Nach Platz acht in Qatar hat alles auch noch gut ausgeschaut. Dann habe ich den Trainer gewechselt, um noch besser zu werden. Das ging komplett in die Hose. Aber im Nachhinein ist man schlauer. Die Neuerungen konnte ich auf die Schnelle nicht umsetzen und habe dieses Kapitel wieder beendet. Wenn die Ergebnisse nicht kommen, geht der Spaß auch flöten. Es geht von einem Misserfolg in den nächsten.
Es fehlt heuer auch der eine, große Ausreißer nach oben …
Heisele: Ich hatte schon das Gefühl gehabt, das kann jeden Tag, jede Woche passieren. Letztlich habe ich aber vier ordentliche Runden in einem Turnier nicht hinbekommen, eine besonders gute erst recht nicht. Mein Scoreschnitt war nicht dramatisch schlechter als im Vorjahr. Man bewegt sich auf der European Tour aber auf dem höchsten Golflevel, da entscheiden Nuancen. Letztlich war ich halt nicht wirklich konkurrenz- fähig. Mit meiner Saison bin ich nicht zufrieden, da ist die Zwangspause jetzt nicht ganz so verkehrt.
Zwangspause, weil Sie jetzt nicht gleich wieder ein European-TourTurnier spielen müssen, sondern erst wieder zum Start der Challenge Tour 2019. Wie ist der Ausblick?
Heisele: Ich werde auf die Challenge Tour gehen, dort frisch anfangen. Damit habe ich kein Problem. Ich bin auch ganz froh, jetzt erst mal einige ruhige Monate zu haben. Die letzte Zeit war schon Stress, es hat an der Substanz gezehrt, immer auf die Ranglistenposition zu schauen. Bis März/April ist jetzt etwas mehr Zeit für mich selbst. Ich kann Körper und Geist mal eine Pause gönnen. Um aufzuarbeiten, den Neuanfang zu planen, dann wieder zu traiimmer nieren. In einigen Wochen bin ich dann auch wieder mit Freude bei der Sache.
Gibt es schon Ansatzpunkte, etwas zu ändern?
Heisele: Mit meinen Trainer werde ich einen Plan fürs nächstes Jahr schmieden. Ich bin mir nicht zu schade für die Challenge Tour, dort fühle ich mich wohl, die Ergebnisse stimmen da. Ich bin positiv gestimmt, dass es wieder bergauf geht. Spielerisch kann man beim Golf auf allen Ebenen etwas verbessern. Es war ja nicht alles richtig schlecht oder irgendetwas richtig gut. Meine Abschläge haben zwischenzeitlich vielleicht nicht so ganz gepasst. Das hat sich dann aber wieder gebessert. Dafür ist dann anderes wieder nicht so gut gelaufen. Ich werde die Statistiken analysieren und auf Schwachpunkte absuchen.
Mal ganz allgemein zur Situation des Golfsports hierzulande auf Leistungssportebene. Da haben sich die deutschen Spieler 2018 nicht gerade mit Ruhm bekleckert …
Heisele: Ich will die Lage gar nicht so verurteilen. Letztes Jahr waren wir zu siebt auf der European Tour. Im Vergleich zu anderen Ländern wird in Deutschland vielleicht nicht genug für den Nachwuchs getan. Deutschland hat zum Beispiel kein Challenge-Tour-Turnier mehr. In Frankreich gibt es davon vier. Der Ausrichter gibt dann jeweils 50 Einladungen für nationale Spieler raus, die ihre Heimatturniere spielen und Erfahrungen sammeln können. Und auch gute Punkte. Franzosen haben somit viel größere Chancen, auf die Tour zu kommen. Ich will mich da nicht zu viel einmischen, aber Deutschland ist ein wirtschaftlich starkes Land. Da sollte doch ein Sponsor für ein Challenge-TourTurnier da sein. Oder der Verband selbst könnte das mal in die Hand nehmen.
Wie sieht Ihre eigene wirtschaftliche Lage mit Blick auf Sponsoren aus? Heisele: Andreas Kimmerle von ergopack in Lauingen ist mein Sponsor und bleibt es hoffentlich. Dafür bin ich extremst dankbar. Ohne ihn wäre es schwierig, die anfallenden Kosten allein durchs Preisgeld zu decken. Das würde den Druck noch mehr erhöhen.
Haben Sie eigentlich einen festen Caddy?
Heisele: Ich habe einen relativ hohen Verschleiß an Caddys (schmunzelt). Ich brauche eigentlich recht wenig an Unterstützung und tue mich auch schwer, Entscheidungen abzutreten. Irgendwie ist das mit den Caddys und mir ein kleines Trauerspiel.
Zum Schluss die Frage nach Ihren Lieblingsgolfplätzen national und international?
Heisele: In Deutschland? Schwierig. Köln-Pulheim war nicht ganz verkehrt. International bin ich Fan von Links-Kursen: St. Andrews ist da ein Höhepunkt.