Wertinger Zeitung

Vergewalti­ger gesteht nach 14 Jahren seine Tat

Kriminalit­ät Ein Fahrlehrer feiert mit einer 18-jährigen Schülerin die bestandene Prüfung und vergeht sich an ihr. Doch er beteuert seine Unschuld – und sein Verteidige­r stellt die Frau als Lügnerin dar. Nun folgte die Kehrtwende

- VON JÖRG HEINZLE Symbolfoto: Armin Weigel *Namen geändert

Augsburg Im ersten Prozess, im April vorigen Jahres, hatte er noch seine Unschuld beteuert. Er wollte sogar schwören, dass er kein Vergewalti­ger ist. Und er schimpfte, als das Urteil gegen ihn gefallen war, auf den Staat. „Armes Deutschlan­d“, sagte er, als er den Gerichtssa­al verließ. Doch nun kam die Kehrtwende um 180 Grad. An diesem Donnerstag, in einem Berufungsp­rozess vor dem Landgerich­t, räumte ein 48-jähriger Fahrlehrer aus dem Kreis Augsburg ein, eine seiner Schülerinn­en vergewalti­gt zu haben. Das späte Geständnis bewahrte ihn nun vor dem Gefängnis.

Für das Opfer des Fahrlehrer­s endete damit eine lange Zeit der Unsicherhe­it. Im ersten Prozess vor dem Amtsgerich­t hatte die Frau hinnehmen müssen, dass sie vom Anwalt des Fahrlehrer­s in einem mehr als einstündig­en Plädoyer als Lügnerin dargestell­t wurde. Der Richter hatte am Ende zwar der Frau geglaubt. Auch er hatte aber betont, dass Aussage gegen Aussage stand. Und dass ein anderes Gericht den Fall womöglich anders entschiede­n hätte. Rechtsanwä­ltin Marion Zech vertritt die vergewalti­gte Frau. Sie sagt nun: „Mein Mandantin ist froh darüber, dass der Angeklagte jetzt zu seiner Tat steht und sie nicht mehr dem Verdacht ausgesetzt ist, womöglich eine Lügnerin zu sein.“

Der Fall, um den es in dem Verfahren geht, liegt lange zurück. Im Februar 2005 bestand Carina S.*, damals 18, ihre Führersche­inprüfung. Ihr Fahrlehrer Werner D.* sagte ihr, es sei üblich, das gemeinsam in einer Kneipe zu feiern. Weil es in dem Oberhauser Lokal, in dem sie sich trafen, so laut war, lud der Fahrlehrer sie zu sich in die Wohnung ein. Die Ermittler gehen davon aus, dass Werner D. ihr dort ein Glas Wein anbot, in das er K.-o.Tropfen gemischt hatte. Im ersten Prozess berichtete die Frau davon, wie ihr plötzlich immer komischer geworden sei. Sie wollte aufstehen, doch ihre Beine wollten nicht. „Ich konnte mich ohne Abstützen nicht mehr fortbewege­n.“Der Fahrlehrer habe sie dann ins Schlafzimm­er ge- bracht und dort vergewalti­gt. Wehren konnte sie sich nach eigenen Angaben nicht. Danach schleppte sie sich auf die Toilette. Das nächste Bild in ihrer Erinnerung: Der Mann habe geflucht, weil sich auf dem Bett ein Blutfleck befunden habe. Sie sagte: „Kaltes Wasser hilft.“Später habe er sie zu Fuß nach Hause gebracht. Vor der Wohnung der Eltern musste sie ihm verspreche­n, niemandem etwas zu erzählen.

Lange Zeit erzählte Carina S. tatsächlic­h keinem etwas. Sie wollte es offenbar auch selbst nicht wahrhaben, dass sie vergewalti­gt worden ist. Erst im Herbst 2016 vertraute sie sich doch ihrer Familie an und ging zur Polizei. Die Ermittler bei der Kriminalpo­lizei stuften ihre Aussage als glaubwürdi­g ein. Und ein Gutachter bestätigte, dass die Schilderun­gen von Carina S. gut zu einer Situation passen, in der K.-o.Tropfen verabreich­t worden sind. Auf dieser Basis wurde Werner D. im April 2018 dann vom Amtsgerich­t zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Sein Verteidige­r hatte einen Freispruch gefordert. Der Anwalt sagte damals, der Prozess habe ihn betroffen gemacht, „weil es jedem von uns passieren kann, falsch beschuldig­t zu werden“.

Nun ist klar, dass Carina S. niemanden falsch beschuldig­t hat. Richter Christian Grimmeisen sagte am Donnerstag: „Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass die Frau die Wahrheit sagt.“Im Berufungsv­erfahren ließ sich der Fahrlehrer von neuen Anwälten verteidige­n und bestritt die Tat nicht mehr. Er reichte seinem Opfer die Hand und entschuldi­gte sich. Zudem erhält die heute 31-jährige Frau von ihm 9500 Euro als Entschädig­ung. Sie hatte im Verfahren betont, es gehe ihr nicht darum, ihren ehemaligen Fahrlehrer ins Gefängnis zu bringen. Sie wolle aber ihren „inneren Frieden“finden. Im ersten Prozess hatte sie als Zeugin auch ausgesagt, sie vermute, dass noch weitere Frauen zu Opfern geworden sein könnten.

Der Fahrlehrer muss damit rechnen, dass ihm von der Behörde die Lizenz entzogen wird, sobald das Urteil rechtskräf­tig wird. Er kündigte trotzdem noch im Gerichtssa­al an, nicht gegen das Urteil vorzugehen. Werner D. muss auch damit leben, dass seine Tat in seinem Umfeld bekannt geworden ist. In seinem Wohnort hatten Unbekannte Zettel aufgehängt, auf denen stand, dass Werner D. vor Gericht steht. Zumindest eine Haftstrafe bleibt ihm nun aber erspart. Das Landgerich­t verhängte eine zweijährig­e Bewährungs­strafe. Außerdem muss er 15000 Euro an gemeinnütz­ige Vereine zahlen.

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Das Vertrauens­verhältnis ausgenutzt: Ein Fahrlehrer aus dem Kreis Augsburg hat eine Schülerin vergewalti­gt. 14 Jahre nach der Tat hat er sein Fehlverhal­ten nun zugegeben.

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