Wertinger Zeitung

Warnschuss

- VON STEFAN DOSCH sd@augsburger-allgemeine.de

Uff, das ist noch mal gut gegangen. Hauptsache, kein Volltreffe­r. Aber knapp daneben ist auch zu spüren. So soll es ja sein: Die Schusswaff­e gebrauchen, aber nicht mit der Absicht, den vernichten­den Einschlag herbeizufü­hren, sondern die richtig fatale Anwendung erst mal nur fühlbar werden zu lassen. Eben so, wie das der 20 Jahre alte Grünschnab­el aus Hessen getan hat, als er Daten von Politikern und Promis klaute. Ein „Warnschuss“sei das gewesen, analysiert zielgenau unser Innenminis­ter. Und lässt dabei mitschwing­en, dass die Folgen umso verheerend­er ausfallen, wenn die digitale Kanone erst mal scharf gestellt ist.

Jetzt ist wieder Alarm an Deck der noch im analogen Appeasemen­t lebenden Unbedarfth­eit. Der aus der Hack-Haubitze abgefeuert­e Schuss wird mit allerlei hektischer Abwehrakti­vität beantworte­t. Nun blinken sie wieder, die verbalen Warnleucht­en („Sorglosigk­eit wäre hier fehl am Platz“), nun werden reflexhaft die üblichen Warndreiec­ke aufgestell­t (Bloß keine simplen Passwörter!). Nach dem von dem jungen Computerka­nonier verursacht­en Schrecksch­uss soll die eigene digitale Burg schussfest gemacht, das Schussfeld davor für Gegenattac­ken freigeräum­t und der gegnerisch­e Finger am Abzug möglichst schon im Ansatz gekappt werden.

Wer jetzt, nach diesem Warnschuss aus dem Hinterhalt des Weltweitwe­b, noch nicht gewarnt ist, wird es nimmer sein. Der ist und bleibt ein digitaler Schussel. Einer, der bloß noch beten kann, dass er nicht ins Visier eines Fangschütz­en gerät.

Der Schuss vor den Bug, die Zeit der Warnung ist vorüber. Jetzt hilft nur noch, die schusssich­ere Weste anzulegen. Und ein stärkendes Getränk zu sich zu nehmen. Am besten mit Schuss.

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