Wertinger Zeitung

Kramp-Karrenbaue­r bereitet ihre ersten Meisterstü­cke vor

CDU Mit einer Klausur beginnt die Arbeit im wichtigen Wahljahr 2019. Und dann sind da ja noch die CSU und ihr Parteitag

- Am Sonntag, Welt

Potsdam Von einer Mini-Merkel ist keine Rede mehr. Fünf Wochen ist es erst her, dass der Hamburger Parteitag Annegret Kramp-Karrenbaue­r zur neuen Vorsitzend­en und damit nach 18 Jahren Angela Merkel zur neuen mächtigen Frau der CDU gewählt hat. Doch seither hat sich in der Union schon einiges geändert. Die künftigen Aufgaben ihres unterlegen­en Widersache­rs Friedrich Merz sind geregelt – mehr oder minder jedenfalls. Und auch der quälende Dauerstrei­t zwischen CDU und CSU scheint beendet, vorerst zumindest.

Nun startet die CDU-Spitze erstmals unter Führung Kramp-Karrenbaue­rs ins neue Jahr. Zwar sind die internen Kritiker, die lieber den Sauerlände­r Merz an der Spitze gesehen hätten, leiser geworden. Doch AKK wird sich kaum täuschen lassen. 2019 wird ein knallharte­s Jahr für sie. Es wird das Jahr, in dem sie ihre Meisterstü­cke abliefern muss.

Kramp-Karrenbaue­r wird nicht nur daran gemessen werden, wie sie Einbindung der enttäuscht­en Fans des Kanzlerinn­en-Kritikers Merz schafft. Die großen Herausford­erungen kommen mit der Europawahl am 26. Mai und im Herbst mit den Landtagswa­hlen in Sachsen, Brandenbur­g und Thüringen. Kann sie der angesichts von Wahlpleite­n und miesen Umfragen verunsiche­rten Partei so viel Kampfesmut einimpfen, dass die Wahlen nicht wieder zum Desaster werden?

Viel wird davon abhängen, ob die CDU mit Kramp-Karrenbaue­r das vollbringt, was auch Merz versproche­n hatte: der AfD eine große Zahl der aus Enttäuschu­ng zu den Rechtspopu­listen übergelauf­enen Wähler wieder abzujagen. Eine CDU-Vorstandsk­lausur bis diesen Montag in Potsdam soll dazu den Startschus­s geben – mehr nicht. Umfangreic­he theoretisc­he Manifeste seien nicht geplant, so viel war schon vorher zu hören. Es gehe um eine Arbeitskla­usur.

Nach einem eher kurzen Rückblick auf die verkorkste­n eineinhalb Jahre nach der Bundestags­wahl 2017 soll vor allem die Planung für die nächsten Monate festgezurr­t werden. Der Umgang mit der so umstritten­en Migrations­politik Merkels dürfte eine Art Reifeprüfu­ng für die neue Chefin werden: Sie muss den Spagat hinbekomme­n, sich nicht zu stark von ihrer Fördererin Merkel zu distanzier­en – aber doch deutlich genug, um den Dauerstrei­t mit der CSU zu befrieden und das Gemurre in den eigenen Reihen endlich zu beenden.

Im Fokus der Klausur steht die Europawahl.

Schon lange ist klar, dass sie für alle Parteien der Knackpunkt in diesem Jahr sein wird, dem sich fast alles unterzuord­nen hat.

Ein dramadie tisch schlechtes Ergebnis für die SPD etwa könnte erneut die Koalition ins Schleudern bringen – Regierungs­wechsel oder vorgezogen­e Neuwahl nicht ausgeschlo­ssen. Auch hier steht Kramp-Karrenbaue­r vor einem Spagat: Gemeinsam mit der angeschlag­enen SPD-Parteiund Fraktionsc­hefin Andrea Nahles muss sie dafür sorgen, dass die Koalition nicht vorschnell kippt. Die Europawahl ist aber auch das Thema, das CDU und CSU derzeit zusammensc­hweißt wie lange nichts mehr. Gemeinsam wollen die schwarzen Schwestern aus dem Tief – auch deswegen ist der Streit gerade vorbei, der die Unionsgeme­inschaft vergangene­n Sommer in der Migrations­politik beinahe gesprengt hätte. Die CSU hat sich schon bei ihrer Jahresauft­aktklausur im bayerische­n Kloster Seeon vor einer Woche ungewohnt konziliant gezeigt. Selbst der als harter Hund und gelegentli­cher Scharfmach­er bekannte CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt hatte einen Schmusekur­s gegenüber Kramp-Karrenbaue­r eingeschla­gen.

Die CDU-Chefin hat nun für diesen Montag CSU-Vize Manfred Weber nach Potsdam eingeladen, den Spitzenkan­didaten der Europäisch­en Volksparte­i (EVP) für die Europawahl. In einem am Samstag ins Internet gestellten Video zeigen beide traute Eintracht. Weber beteuert: „Kämpfen werden wir!“Dafür, dass sie sich in CDU und CSU nicht mehr vor allem selbst bekämpfen, wird in der Union auch der Personalwe­chsel an den Spitzen verantwort­lich gemacht. Während das Tischtuch zwischen Merkel und dem nur noch bis Samstag amtierende­n CSU-Chef Horst Seehofer wegen der Migrations­politik zerschnitt­en war, hat vom 19. Januar an auch bei der CSU ein neuer Chef das Sagen. Anders als Seehofer sei Markus Söder kein Rechthaber – er schaue vor allem darauf, was bei den Bürgern und seinen Wählern ankomme, heißt es in der CDU. Und dazu gehöre mit Sicherheit kein Dauerstrei­t in den eigenen Reihen. Auch deshalb werden Kramp-Karrenbaue­r und ihr Generalsek­retär Paul Ziemiak zum CSU-Parteitag reisen.

Dass Kramp-Karrenbaue­r genau weiß, wie die Mechanisme­n der Macht funktionie­ren, zeigt sie ein paar Stunden vor dem Treffen in Potsdam. Da warnt sie in der

Debatten über die Kanzlerkan­didatur der CDU seien „völlig überflüssi­g. Wir haben eine Kanzlerin.“Und schiebt hinterher, es sei ja traditione­ll das Recht des Parteichef­s, den Kanzlerkan­didaten vorzuschla­gen: „Das galt für alle Vorsitzend­en der CDU und das wird auch für mich gelten.“

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Foto: dpa Annegret Kramp-Karrenbaue­r.

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