Der Vulkan-Mann aus Donaualtheim
Reisen Eberhard Weit hat auf seinen vielen Reisen besonders gerne Vulkane besucht. Unter anderem die, von denen in den vergangenen Monaten in der Zeitung zu lesen war. Wie es zu seinem Faible für die feuerspeienden Berge kam
Dillingen „‚Meine‘ Vulkane machen mir so langsam richtig Kummer.“Das schreibt Eberhard Weit unserer Redaktion, nachdem er von den jüngsten Vulkanausbrüchen und Erdbeben gelesen hat. „Meine“ist nicht als Besitzanspruch zu verstehen, sondern als eine persönliche Verbundenheit.
Am 22. Dezember brach der Anak Krakatau in Indonesien aus. Der Vulkan hatte zuvor eine Höhe von 338 Metern. Nun misst er noch etwa 110 Meter.
Eberhard Weit war 1993 dort. Bei seiner Indonesienreise besuchte er auch den Rinjani, einen Vulkan auf Insel Lombok. Lombok wurde im Sommer von mehreren Erdbeben erschüttert. Hunderte Touristen waren auf dem Rinjani, ihr Rückweg war blockiert. Sie konnten nach mehreren Tagen gerettet werden. Der Berg ist erst einmal gesperrt.
Am 24. Dezember folgte dann ein heftiger Ausbruch des Ätna auf Sizilien. Auch den Ätna hat Weit bereits besucht. 1983 war er dort und erlebte einen Ausbruch aus nächster Nähe mit. „Da war ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, sagt er – nah dran, aber gefährlich sei es nicht gewesen.
Nun ist es schon ein Zufall, dass Weit ausgerechnet diese Vulkane besucht hat. Doch ganz so groß ist der Zufall nicht. Denn Vulkane sind so etwas wie das Hobby von Eberhard Weit. Er ist inzwischen 74 Jahre alt, seit Jahren nicht mehr als Biologieund Geografielehrer an der Realschule in Langenau tätig, und wohnt mit seiner Frau Waltraud in Donaualtheim.
Die Liste der von ihm besuchten Vulkane und Vulkangebiete umfasst 40 Punkte. Die hat er ausgedruckt und auf seinen Küchentisch gelegt, neben einen dicken Leitz-Ordner, in dem er Wikipedia-Artikel zu den Reisezielen gesammelt hat. Weits große Leidenschaft ist das Reisen, dann kommen die Vulkane. „Wenn man es einrichten kann und da gibt es einen Vulkan, dann gehen wir da hin.“Er sagt auch: „Im Liegestuhl liegen ist nicht so meine Sache.“
Ausgelöst wurde sein Fernweh durch zwei Bücher, die sein Vater ihm geschenkt hat, als Eberhard Weit im Grundschulalter war. Auch die Bände hat er auf dem Küchentisch gelegt, es sind Sammelalben für Zigarettenbilder. Eines über Mittelund Südamerika, eines über Afrika. Seit Vater gab ihm die Bilder, die damals den Schachteln beilagen.
Zwei Fotos fand er besonders spannend. Einmal der Kilimandscharo in Tansania, knapp unter 6000 Meter hoch, vulkanischen Ursprungs und mit einem 1,9 mal 2,4 Kilometer großen Krater im Gipfelplateau. Und dann der Popocatépetl, knapp 5500 Meter hoch. Der mexikanische Vulkan weckte nicht zuletzt wegen des Namens, der auf Aztekisch „Rauchender Berg“bedeutet, das Interesse des kleinen Eberhard. „Da habe ich gesagt, da will ich mal hin“, erzählt Weit.
1972 machte er den ersten Teil wahr, flog nach Tansania und ging auf den Kilimandscharo. Gut, den höchsten Punkt des Berges habe er mit Gruppe – es war eine organisierte Tour – damals nicht erreicht, aber immerhin den Kraterrand. Das zählte, dafür gab es eine Urkunde. Später kam Weit zurück und erreichte dann auch den höchsten Punkt.
Auch den Popocatépetl hat Weit in den 70ern bestiegen. Als junger Lehrer war er mit einem Studienfreund in Mexiko. Der überdurchschnittlich viele Urlaub im Lehrerberuf sei seiner Reiseleidenschaft schon entgegengekommen, gibt er zu. Allerdings hieß das auch, dass er die längere Reise nur im Sommer machen konnte. „Das ist eigentlich nicht ideal“– das ist in Mexiko kein Bergsteigermonat. Als die beiden an der Schutzhütte ankamen, von der aus sie weitergehen wollten, wurde das zum Problem. Zwar konnten sie hinein, dort waren bereits ein paar junge Mexikaner. Doch bewirtet war die Hütte zu dieser Zeit nicht. So fehlte es ihnen an Essen, Weits Freund bekam dazu noch Probleme wegen der Höhe. Weit ging trotzdem weiter, nun alleine. „Eine Banane, einen halben Liter Wasser, eine Fotokamera und eine Filmkamera“– mehr hatte er nicht dabei. Über den schneebedeckten Weg ging es zum Krater. „Ich hatte Glück, der Schnee hatte die richtige Höhe.“Seine Mühe wurde durch einen Blick in den Krater, Schwefelgeruch, Dampf und Rauch belohnt. Weits Faszination zeigt sich auch in den eigenen vier Wänden. Über der Treppe zum oberen Stockwerk hängen drei seiner Fotografien eines Vulkanausbruches. Es ist der Stromboli in Italien, einer der aktivsten Vulkane Europas.
Seit 17 Jahren ist auch seine Frau Waltraud häufig mit ihm auf Reisen. Sie ist leidenschaftliche Bergsteigerin, darüber haben sich die beiden kennengelernt. „Vulkane sind ja auch Berge“, sagt sie. Eberhard und Waltraud Weit waren gemeinsam an mehreren Vulkanen, etwa auf Hawaii, in Costa Rica und auf der französischen Insel La Réunion im Indischen Ozean.
Der Erdkundelehrer hat mit seiner Leidenschaft bei dem einen oder anderen Schüler ein Interesse geweckt. „Das Thema kam im Unterricht dann jedes zweite Jahr wieder“, erzählt Weit. Vor einigen Jahren bekam er eine Ansichtskarte von einem ehemaligen Schüler, die ihn besonders gefreut hat. Der war auf einer Tour in China unterwegs und besuchte dort auch einen Vulkankrater. Da dachte er sofort an seinen Lehrer.
Nun ist es so, dass die Vulkane nicht nur faszinierend, sondern auch zerstörerisch sind. Der Ausbruch des Anak Krakatau war eine gewaltige Naturkatastrophe. Der Erdrutsch des Vulkans löste einen Tsunami aus, auf den Inseln Java und Sumatra starben etwa 450 Menschen. Beim Erdbeben am Rinjani starben mehr als 550 Menschen. Die Folgen des jüngsten Ausbruchs des Ätna sind zwar bei Weitem nicht mit den Naturkatastrophen in Südostasien zu vergleichen, doch auch dort wurden mehrere Menschen verletzt.
„Die Menschen auf den Vulkaninseln müssen mit dieser Angst leben“, sagt Weit. Zwar werden Frühwarnsysteme immer besser, aber: „Die letzte Sicherheit gibt es in der Natur nicht.“
Weit war weltweit unterwegs