Bewerbung für Welterbe bremst Fischtreppenbau
Kultur Stadtwerke planen am Hochablass eine Aufstiegshilfe für Fische aus 72 Betonbecken. Gibt es nun Probleme mit der Unesco?
Der Bau der Fischtreppe am Hochablass nahe des vor fünf Jahren fertiggestellte Kraftwerks der Stadtwerke wird sich möglicherweise noch weiter verzögern. Ob der Bau in diesem Jahr starten kann, wie es zuletzt vorgesehen war, sei unklar, so Stadtwerkesprecher Jürgen Fergg auf Anfrage. Hintergrund ist die Bewerbung der Stadt zum Weltkulturerbe. Momentan muss abgeklärt werden, ob der Bau des massiven Labyrinths aus 72 Betonkästen, mit dem die 7,5 Meter Höhenunterschied ausgeglichen werden, die Chancen bei der Unesco verschlechtert. Ausflügler werden die unaufgeräumte Steinwüste, die seit mehreren Jahren an dieser Stelle besteht, vorerst weiterhin im Blick haben.
In der Bewerbungsschrift ist der westliche Teil des Hochablasses als ein Denkmal der historischen Wasserwirtschaft in Augsburg aufgeführt. Die geplante Fischtreppe liegt zwar am östlichen Ufer, allerdings würde sie das Gesicht des Hochablasses als Gesamtbauwerk verändern. Für ihren Bau müsste das Lechufer nördlich des Stegs auf etwa 50 Metern Länge neu modelliert werden. „Es gibt den Begriff der ,visuellen Integrität’, und die dürfte durch das geplante Bauwerk beeinträchtigt werden“, sagt Ulrich Müllegger, der bei der Stadt die Welterbe-Bewerbung koordiniert. Die Stadt habe im September eine Anfrage an die Unesco gestellt, ob sie den Bau der Fischtreppe für problematisch hält oder nicht. Eine Antwort steht bislang aus. Man wolle, so Müllegger, die Chancen für die Bewerbung keinesfalls verschlechtern.
Das macht den Bau in diesem Jahr unwahrscheinlicher, selbst wenn die Unesco keine Bedenken hätte. Rechnet man Fristen für die Detailplanung und die Ausschreibung dazu, so die Stadtwerke, laufe es frühestens auf einen Baubeginn im Sommer hinaus. Gleichzeitig wollen die Stadtwerke vermeiden, in der Hochwasser-Zeit im Frühjahr 2020 dort zugange zu sein. Einen Zeitplan und somit einen Baubeginn könne man erst nennen, wenn klar sei, was die Unesco sagt, so Fergg.
Stadtrat Volker Schafitel (FW) würde eine Verzögerung begrüßen. Die Stadtwerke sollten die Pause nutzen, ihre Pläne grundsätzlich zu überdenken, fordert er. „Geplant ist ein technokratischer Fischaufstieg, der an Hässlichkeit nicht zu überbieten ist“, so Schafitel. Er stellte im Sommer einen Antrag, dass die Stadtwerke sich Gedanken über eine Umgehung machen, die dem historischen Bauwerk eher entspricht. Wenn die Stadt nun im Hinblick auf die Unesco-Bewerbung Bedenken bekomme, spreche das für sich.
Bei der Vorstellung des Projekts vor inzwischen acht Jahren hatten die Stadtwerke zunächst einen ins Wehr integrierten Fischpass aus Natursteinen angekündigt, der schon längst fertig sein sollte. Doch laut Stadtwerken ist diese Lösung, wie sich später herausstellte, technisch nicht möglich. Statt der geplanten 500 000 Euro Kosten für den Fischpass rechnete man vor eineinhalb Jahren, als die Alternative mit den Betonkästen vorgestellt wurde, mit 3 bis 3,5 Millionen Euro. Aus Stadtwerke-Sicht wäre eine weitere Verteuerung der Fischtreppe ein Problem – mit 12,9 Millionen Euro kostete das Kraftwerk schon zwei Millionen Euro mehr als geplant. Ein Prozess zwischen Stadtwerken und dem damaligen Planungsbüro läuft vor dem Landgericht.
Sollte das Kraftwerk, das den Jahresverbrauch an Strom von 4000 Haushalten deckt, deutlich teurer werden, würde es sich für den Energieversorger zum Draufzahlgeschäft entwickeln, weil das Verhältnis von Abschreibungen und Ertrag nicht mehr stimmt. Zwar sind Wasserkraftwerke für 100 Jahre und mehr gedacht, in den Bilanzen der Stadtwerke ist aber vorgesehen, dass das Kraftwerk 30 Jahre nach Inbetriebnahme wirtschaftlich läuft.
Aus finanziellen und technischen Gründen lehnen die Stadtwerke auch den Bau eines Umgehungsbaches ab. Der Bach müsste im Fall des Hochablasses etwa eineinhalb Kilometer Fließstrecke haben, um das Gefälle von 7,5 Metern abzubauen, so ein Gutachten. Nötig wäre auch der Bau von Brücken für Fußgänger und Radler. Stadtrat Schafitel will, dass diese Idee weiterverfolgt wird und verweist auf den Kanu-Olympiastrecke, die das Gefälle auf nur wenigen hundert Metern abbaut. „Man muss keine kilometerlangen Bäche bauen.“
Die Stadtwerke betonen, dass die Lösung mit den Betonkästen das Ergebnis von langen Überlegungen war. „Die Idee mit dem Umgehungsbach wurde wie auch ein Fischaufzug schon geprüft. Bei einem Umgehungsbach würde dieser wie ein Canyon im Bereich des Hochablasses als sieben Meter tiefer Einschnitt im Gelände verlaufen. Damit schneidet man Hochzoll vom Kuhsee und Lech ab“, entgegnet Stadtwerke-Sprecher Fergg. Zudem müsse die Strömung genau berechnet werden. Mit den Betonkästen ermögliche man den Lechfischen vom großen Huchen bis zur trägen Mühlkoppe den Aufstieg.
Die Stadtwerke hatten sich im Zuge des Kraftwerksbaus zur Errichtung einer Aufstiegshilfe für Fische verpflichtet. Zwar gibt es am Hochablass eine historische Fischtreppe, diese entspricht aber nicht den aktuellen Erkenntnissen. Seit Jahren werden am Lech an etlichen Kraftwerken solche Aufstiegshilfen eingebaut. Hintergrund ist die europäische Wasserrahmenrichtlinie, die für einen besseren ökologischen Zustand von Gewässern sorgen möchte. Vorgesehen ist auch, am Lech zwischen Mandichosee und Hochablass die bestehenden Sohlschwellen im Rahmen des Projekts „Licca liber“umzubauen oder zu entfernen. An der Lechstaustufe 23 hat der Kraftwerksbetreiber Uniper bereits vor zwei Jahren einen Entwässerungsgraben umgestaltet.