Stegner spricht den Genossen Mut zu
Jubiläum Zum 100. Geburtstag blickt der Höchstädter SPD-Ortsverein zusammen mit dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden zurück und voraus. Fünf Mitglieder werden geehrt
Höchstädt Als das „Zugpferd aus dem Norden“und als „knorrige Schnauze“hatte der Höchstädter SPD-Vorsitzende Wolfgang Konle den Festredner angekündigt. Und Ralf Stegner, der anlässlich der 100-Jahr-Feier des Ortsvereins gekommen war, enttäuschte die Zuhörer nicht. Stegner, einer der fünf stellvertretenden Bundesvorsitzenden, ging auf die Geschichte der SPD ein, schwor die Genossen auf Einigkeit ein, forderte Kampfgeist und sorgte für den einen oder anderen Lacher. Den ersten erntete der Fraktionsvorsitzende des Schleswig-Holsteiner Landtages, als er erklärte, was der größte Unterschied zwischen Norden und Süden ist: „Hier ist schon nach zwei, drei Minuten die Stimmung gut. Im Norden habe ich Glück, wenn die nach 20 Minuten die Augenbrauen heben.“
Dem folgte ein kurzweiliger Abriss der Geschichte der SPD. Denn: „Geschichte ist nicht nur nostalgische Erinnerung. Geschichte ist für uns ein Auftrag.“Die Historie der ältesten Partei Deutschland, der Partei, die Hitlers Ermächtigungsgesetz widersprochen hat, sei Grund für „Selbstbewusstsein und Stolz“– das vermisse er oft bei Sozialdemokraten.
Schnell kam Stegner auf die aktuelle Situation der Partei zu sprechen. „Das war ein wirklich raues Jahr“, sagte er frei heraus. Er erklärte, die SPD sei eine „Sowohl-als-auch-Partei“statt einer „Entweder-oder-Partei“. Das bedeute etwa, es heiße nicht „Arbeit oder Umweltschutz“, sondern es gehe darum, sowohl Arbeit zu sichern als auch den Umweltschutz voranzubringen. Das sei schwer auszudrücken, doch mit klarer Sprache gehe es. Stegner betonte: „Wir brauchen ein klares Profil als linke Volkspartei.“Er plädierte unter anderem, für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, einen höheren Mindestlohn sowie kostenfreie Bildung bis zum Studium und auch bis zum Meisterbrief. „Die Gegner sind übrigens nicht in der eigenen Partei“, sagte er und verwies auch darauf, dass auch ein Vogel zwei Flügel brauche. Mit Blick auf die Europawahl im Mai betonte er, dass die EU der Garant für Frieden und Wohlstand sei. „America first, Italy first...“, sagte er. „Und auch Bavaria First. Das ist falsch.“Es war einer der Momente, in denen sich in Richtung CSU-MdL Georg Winter wandte, der unter den Gästen war. Ein anderer dieser Momente war, als er betonte, man dürfe keine Parolen der AfD übernehmen. „Diese Leute müssen wir wieder vertreiben aus unseren Parlamenten“, sagte er. Es sei wichtig, dass sich die demokratischen Parteien einig sind, „dass wir uns nicht vergiften lassen von denen, die gegen Minderheiten hetzen.“
Grußworte sprachen Höchstädts Bürgermeister Gerrit Maneth und der stellvertretende Landrat HansJürgen Weigl. Maneth, selbst Freier Wähler, dankte der Arbeit des Ortsvereines. Schon ein Jahr nach Gründung habe die SPD in Höchstädt drei Stadträte gestellt. „Ihr habt dazu beigetragen, dass Höchstädt attraktiv ist und auch in Zukunft attraktiv bleibt“, sagte er und überreichte einen Geldbetrag von ihm und dem Stadtrat. SPDler Weigl lobte „100 Jahre gelebte Demokratie“, wies darauf hin, dass die anderen Parteien ein solches Jubiläum bei Weitem nicht feiern könnten und sagte: „Das sollte uns stolz machen.“
Stadtratsmitglied Günther Ballis hatte zu Beginn der Veranstaltung die Anwesenden in Nachtwächtermontur singend begrüßt. Rudi Waschke, Herbert Rossmeisl und Luise Rössler stellten die Chronik der Höchstädter SPD vor und gingen auf die Geschichte von Partei und Ortsverein ein. Die Pausen zwischen den Reden füllte das Quartett der Orchestervereinigung musikalisch.
Der Ortsverein nutzte den Abend, um verdiente Mitglieder zu ehren. Der in einigen Reden lobend erwähnte ehemalige Bürgermeister Gerhard Kornmann, der aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen konnte, wurde für 50 Jahre Parteimitgliedschaft ausgezeichnet. Ebenso lange dabei sind Hubert Gabriel und Hans Riegel, Luise Rössler erhielt eine Urkunde für 40 Jahre. Heribert Rossmeisl wurde für die 60 Jahre ausgezeichnet, in denen er schon Plakate für die Partei klebt.
Konle freute sich über die vielen Besucher im Saal des Restaurants Poseidon am Marktplatz. „Dass man noch Stühle hereintragen muss, was will man mehr?“Es sei toll, dass diese „Innenstadtbelebung“so gut funktioniert habe.