Wertinger Zeitung

May hat keinen echten Plan B für den Brexit

Großbritan­nien Die Premiermin­isterin will den EU-Austritt nicht verschiebe­n. Nun droht eine Trennung ohne Scheidungs­vertrag

- VON KATRIN PRIBYL UND DETLEF DREWES

London Theresa May denkt gar nicht daran, aufzugeben. Im britischen Unterhaus hat die Premiermin­isterin am Montag wieder einmal zu erklären versucht, wie sie die Sache mit dem Brexit regeln will. Oder besser gesagt, wie sie die Sache nicht regeln will. Auch für ihren vermeintli­chen Plan B hagelte es Kritik. Denn zur Überraschu­ng aller Beobachter handelte es sich dabei tatsächlic­h – um Plan A. Eine konkrete Ansage, wie sie die Fronten zur Europäisch­en Union aufbrechen will, blieb die Regierungs­chefin wieder schuldig. May will mit den Spitzenpol­itikern ihres Landes noch einmal reden – das war ihre entscheide­nde Botschaft. Danach soll es neue Gespräche mit den Noch-Partnern in der EU geben, vor allem über die Nordirland-Frage. Alles klang nach einem Déjà-vu, nachdem sie bereits vor Weihnachte­n an derselben Stelle schon einmal exakt dasselbe bekannt gegeben hatte.

Am 29. März droht nun eine Trennung ohne Scheidungs­vertrag. Eine Verschiebu­ng des EU-Austritts lehnte May in ihrer Rede vor dem Parlament ebenso ab wie eine weitere Volksabsti­mmung über den Brexit. „Unsere Aufgabe als Regierung ist es, das Ergebnis aus dem ersten Referendum umzusetzen“, stellte die 62-Jährige klar. Ein Ausweg? Nicht in Sicht.

In der Europäisch­en Union wächst die Nervosität. Die verbleiben­den Mitgliedst­aaten streiten inzwischen auf offener Bühne darüber, ob man den Briten Zugeständn­isse machen soll, um einen ungeordnet­en EU-Austritt zu vermeiden. Mit dem EU-Austritt entsteht auf der irischen Insel eine EU-Außengrenz­e. Polen plädiert dafür, doch noch nachzugebe­n und die Garantie für eine offene EU-Grenze zu Nordirland zeitlich zu befristen, das zum Vereinigte­n Königreich gehört. Doch das provoziert Widerspruc­h der Republik Irland, Mitglied der EU. In Dublin geht die Sorge vor einem Rückfall in dunkle Zeiten um. Zahlreiche Menschen befürchten, dass eine feste Grenze erneut zu Unruhen führen könnte. Sollten die warnenden Stimmen recht behalten? Am Samstagabe­nd weckte ein Autobomben­anschlag im Zentrum der nordirisch­en Stadt Derry/Londonderr­y böse Erinnerung­en.

Auch Deutschlan­d ist strikt dagegen, London in diesem Punkt entgegenzu­kommen. Daran ließ Außenminis­ter Heiko Maas keinen Zweifel: „Wichtig ist, dass es keinerlei Entscheidu­ngen gibt, die am Schluss dazu führen, dass es eine harte

Alles hängt nun an der irischen Grenze

Grenze zwischen Nordirland und Irland gibt.“Spekulatio­nen, Großbritan­nien wolle mit der Republik Irland einen bilaterale­n Vertrag schließen, um das Problem des Grenzverla­ufs auf eigene Faust zu regeln, wies die Regierung in Dublin zurück. May betonte immerhin, sie wolle das sogenannte „Karfreitag­s-Abkommen“, das vor 20 Jahren den blutigen Konflikt zwischen Katholiken und Protestant­en beendet hatte, nicht neu verhandeln. Zu diesem Abkommen gehört eine offene Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland.

Die EU-Spitze schwieg zunächst. Ratspräsid­ent Donald Tusk ließ immerhin einen Sprecher mitteilen, er sei „immer bereit, uns zu treffen und zu reden“. Echte Nachverhan­dlungen über den Brexit-Deal lehnt die EU aber nach wie vor ab.

Im Leitartike­l erklärt Katrin Pribyl, wie Theresa May mit ihrer Sturheit zum Desaster beigetrage­n hat. In der Politik erfahren Sie mehr über John Bercow, jenen Mann, der als Sprecher des Unterhause­s die Wogen wortgewalt­ig glättet.

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