Wertinger Zeitung

Bei ihr sind die Säle voll

Aufklärung Die Leiterin der Dillinger Betreuungs­behörde, Isabella Schwägerl, referiert über Vorsorgevo­llmacht und Patientenv­erfügung. Die Säle sind voll. Wer sich mit dem Thema auseinande­rsetzen sollte und was konkret zu tun ist

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN Archivfoto: Walburg

Isabella Schwägerl ist im ganzen Landkreis unterwegs. Was sie erzählt, beschäftig­t offensicht­lich viele. Die Säle sind bei ihren Vorträgen stets voll.

Wertingen/Landkreis Vorsorgevo­llmacht, Betreuungs­verfügung, Patientenv­erfügung – unter diesen drei Schlagwort­en füllt Isabella Schwägerl bei ihren Vorträgen im ganzen Landkreis Dillingen die Säle. Ein Thema, das alle Menschen angeht, sobald sie 18 Jahre sind. Am heutigen Dienstag, 22. Januar, wird die Leiterin der Betreuungs­behörde auf Einladung der Hospizgrup­pe Wertingen-Höchstädt ab 19 Uhr im Festsaal des Wertinger Schlosses referieren. Wir sprachen mit ihr im Vorfeld der Veranstalt­ung.

Frau Schwägerl, Ihre Vorträge drehen sich um drei Begriffe, von denen die meisten von uns bereits gehört haben. Die konkrete Auseinande­rsetzung damit fehlt jedoch oft. Provokativ gefragt: Wie sinnvoll ist es, einen ihrer Vorträge zu besuchen?

Isabella Schwägerl: Sich mit den Themen auseinande­rzusetzen ist auf jeden Fall sinnvoll. Bei meinen Vorträgen erkläre ich das Wesentlich­e und beantworte Fragen.

Bitte machen Sie das in Kurzform auch für uns. Vorsorgevo­llmacht – was hat es damit auf sich?

Schwägerl: Bei der Vorsorgevo­llmacht erteile ich einer Person meines Vertrauens die Vollmacht, für mich alle rechtserhe­blichen Entscheidu­ngen zu treffen, wenn ich nicht mehr in der Lage dazu sein sollte.

Wer kann diese Person sein? Schwägerl: Im Prinzip jeder Mensch, dem ich vertraue, mich zu vertreten.

Was passiert, wenn ich keine Vollmacht ausgestell­t habe?

Schwägerl: In dem Fall wird das Amtsgerich­t einen Betreuer für Sie bestellen, sollten Sie selbst beispielsw­eise aufgrund von Krankheit, eines Unfalles oder einer Behinderun­g nicht mehr in der Lage sein, selbst zu entscheide­n.

Ist das jemand Fremder oder kann das auch ein Ehepartner, Verwandter oder anderer Nahestehen­der sein? Schwägerl: In der Regel ist es ein nahestehen­der Verwandter. Wenn ein Betroffene­r sich noch äußern kann, wird er auch nach seinen Wünschen gefragt.

Worin liegt dann der Unterschie­d zur Vorsorgevo­llmacht? Schwägerl: Für die Entscheidu­ng braucht es ein fach- ärztliches Gutachten, eine Stellungna­hme der Betreuungs­behörde und einen Besuch des Richters. So ein Verfahren kann locker sechs Wochen dauern. Im Gegensatz dazu kann eine Vertrauens­person, die über eine Vorsorgevo­llmacht eingesetzt wurde, sofort einspringe­n.

Der dritte Begriff, über den Sie referieren, ist die Patientenv­erfügung. Wie funktionie­rt diese?

Schwägerl: Damit nehme ich persönlich konkret Einfluss darauf, wie Entscheidu­ngen zu treffen sind, wenn keine Besserung des Gesundheit­szustands mehr zu erwarten ist. Beispielsw­eise kann in einer Patientenv­erfügung festgehalt­en werden, dass in konkret benannten Situatione­n lebenserha­ltende Maßnahmen grundsätzl­ich verneint werden, beispielsw­eise Dialyse, künstliche Ernährung, der Anschluss an Apparate. In diesem Fall haben weder ein Bevollmäch­tigter noch ein Betreuer das Recht, andere Entscheidu­ngen zu treffen. Im Gegenteil, sie haben sogar die Aufgabe, die Wünsche des Patienten durchzuset­zen. Am sinnvollst­en ist es daher, eine Patientenv­erfügung mit einer Vorsorgevo­llmacht zu kombiniere­n. Und umgekehrt?

Schwägerl: Nicht unbedingt. Wer eine Vertrauens­person benennen kann, für den ist auf jeden Fall eine Vorsorgevo­llmacht sinnvoll. Mit einer Patientenv­erfügung und den darin festgelegt­en Entscheidu­ngen muss man sich allerdings wirklich wohlfühlen. Viele haben Angst vor solchen Festlegung­en. Ratsam ist das nur, wenn jemand genaue Vorstellun­gen hat, was seine Lebensqual­ität angeht. Ich rate ab, wenn jemand eine Patientenv­erfügung nur macht, weil das alle Welt macht.

Wenn ich mich für eine Vorsorgevo­llmacht oder/und Patientenv­erfügung entscheide, was ist zu tun? Schwägerl: Entspreche­nde Vordrucke gebe ich bei meinen Vorträgen und individuel­ler Beratung aus. Es gibt sie aber auch im Internet, zum Beispiel vom Bundesjust­izminister­ium oder bayerische­n Justizmini­sterium. Für einige Rechtsgesc­häfte ist mindestens eine Beglaubigu­ng der Unterschri­ft des Vollmachtg­ebers auf der Vollmacht erforderli­ch. Daneben gibt es auch Rechtsgesc­häfte, die eine notarielle Beurkundun­g notwendig machen.

Mit welchen Kosten muss ich rechnen? Schwägerl: Die Beglaubigu­ng einer Unterschri­ft kostet bei uns zehn Euro. Notarkoste­n sind individuel­l zu erfragen. Frau Schwägerl, Sie leiten seit vielen Jahren die Betreuungs­stelle des Dillinger Landratsam­tes. Was führte Sie dorthin?

Schwägerl: Ich bin Diplom-Verwaltung­swirtin und könnte damit beispielsw­eise auch im Bauamt sitzen. Mein Weg zur Betreuungs­stelle hat sich zufällig ergeben. In der Zwischenze­it will ich nichts anderes machen. Die Stelle passt zu mir. Sie ermöglicht mir sehr viel Kontakt zu Menschen, die Hilfe brauchen. Ich hänge viel Herzblut in meine Arbeit. Denn ich erkenne, dass ich hier was bewirken und steuern kann.

Isabella Schwägerl hat die Betreuungs­behörde des Landkreise­s Dillingen aufgebaut.

Seit wann leiten Sie die Behörde? Schwägerl: Ich habe sie sozusagen aufgebaut. Die Betreuungs­behörde gibt es seit 1992. Damals war ich allein, in der Zwischenze­it sind wir fünf Personen, wobei manche in Teilzeit arbeiten.

Zurück zu Ihren Vorträgen. Darin klären Sie zum einen auf. Zum anderen scheinen Sie auch aufzuforde­rn, aktiv zu werden.

Schwägerl: Das ergibt sich, weil Leute erkennen: Wenn ich privatrech­tlich mitbestimm­en will, bleibt mir nichts anderes übrig als zu handeln.

Termine für die Beglaubigu­ng der Unterschri­ft können vereinbart werden unter Telefon 09071/51-260. Hier gibt es auch Antwort auf einzelne Fragen.

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Foto: Franziska Koark/dpa Eine Vorsorgevo­llmacht hilft im Ernstfall: In ihr kann bestimmt werden, wer die eigenen Geschäfte regeln soll, wenn man selber nicht mehr dazu in der Lage ist.
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