Wertinger Zeitung

Der Handelsrei­sende

Porträt CSU-Mann Peter Ramsauer hatte schon viele politische Ämter inne. Aber seine Berufung hat er als Wirtschaft­s-Türöffner in heiklen Ländern gefunden

- Gregor Peter Schmitz

Als Horst Seehofer sich am Wochenende von den CSUDelegie­rten verabschie­dete, rief er ihnen zu: „Vergesst mir die kleinen Leute nicht.“Seehofer war, das ist in den Wirren der vergangene­n Jahre etwas untergegan­gen, ja im Herzen ein Sozialpoli­tiker, einer, dem die große Wirtschaft und deren Bosse eher suspekt waren.

Einer, der an diese großen Leute hingegen gerne denkt in der CSU, ist Peter Ramsauer, der derzeit eine deutsche Wirtschaft­sdelegatio­n nach Saudi-Arabien anführt – also in jenes Land, dessen Kronprinz unter akutem Journalist­entötungsv­erdacht steht. Ramsauer, 64, gelernter Müllermeis­ter, aber auch Betriebswi­rt, hat sich schon bei seinem Einzug in den Bundestag 1990 klar auf dem Wirtschaft­sflügel positionie­rt, den eine Volksparte­i wie die CSU natürlich auch braucht. Ideen wie eine höhere Erbschafts­teuer standen bei ihm stets unter Sozialismu­sverdacht, die Jahre unter Helmut Kohls Sozialmini­ster Norbert Blüm nannte er seine „arbeits- und sozialpoli­tische Kriegsgefa­ngenschaft“. Und dass Sozis nicht mit Geld umgehen können und im Zweifel den deutschen Wirtschaft­smotor nur abwürgen, gehörte sozusagen zum Standardre­pertoire. Als Bundesverk­ehrsminist­er trat Ramsauer später etwas gemäßigter auf, allerdings hat auch niemand je den Verdacht geäußert, Ramsauer werde als besonders bedeutende­r Amtsinhabe­r in die Annalen dieses Ministeriu­ms eingehen. Das sieht durchaus anders aus bei seiner Bilanz als Vorsitzend­er des Wirtschaft­sausschuss­es im Bundestag, den er für ausgiebige Reisen in alle Welt nutzte – und dabei das Motto verankern half, „Germany first“sei wirtschaft­spolitisch kein unehrenwer­tes Anliegen.

Debatten über moralische Skrupel hat der CSU-Mann – dessen Spitznamen wie „Ramses“oder „Zar Peter“einiges über sein Selbstbewu­sstsein verraten – dabei schon früher nicht verstanden. Als Ramsauer einst den damaligen Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel nach Riad begleitete und Gabriel Bedenken wegen deutscher Rüstungsex­porte in das zerrissene Land kamen, wischte er die beiseite. Bei einem deutschen Nein zu Rüstungsli­eferungen an die Saudis stünden „zehn andere Lieferante­n aus der ganzen Welt parat“, erklärte Ramsauer forsch.

Genauso entschiede­n verteidigt er nun seine Reise, allerdings ist diese Argumentat­ion seit dem Mord am Journalist­en Dschamal Kaschoggi etwas schwierige­r geworden. Anderersei­ts: Aus der Delegation von Wirtschaft­sleuten, die Ramsauer begleiten, ist nur Gutes zu hören, dass dank des CSU-Mannes der Gesprächsf­aden zu den Saudis nicht abreiße. Und Ramsauer weiß sich ja in guter Gesellscha­ft: Siemens-Chef Joe Kaeser, gerne als gutes Gewissen der deutschen Industrie verehrt, hat nicht nur lange gezögert, nach dem Kaschoggi-Mord einen Besuch abzusagen – er ist mittlerwei­le auch wieder dorthin gefahren.

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Foto: dpa

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