Wertinger Zeitung

Bürokratie killt Investitio­n

Regierung kommt mit Gesetz nicht voran

- VON STEFAN LANGE

Berlin Wer von Berlin nach Bayern reist und die baulichen Zustände in der Bundes- mit denen der Landhaupts­tadt vergleicht, kann über die prächtigen Münchner Verhältnis­se nur staunen. Der Süden schneidet besser ab als der Osten, zumindest im ersten Eindruck.

Aber nicht nur die Berliner fluchen über kaputte Straßen und marode Schulen, Beschwerde­n gibt es auch in Bayern zu hören. Dabei sind die vorhandene­n Summen für Investitio­nen gar nicht mal klein. Die Dauerbaust­ellen der Republik gehen vielmehr auf das Konto überborden­der Bürokratie.

Dass viele Milliarden Euro einfach so rumliegen und nicht verbraucht werden, wie es eine Boulevardz­eitung am Montag berichtete, stimmt in dieser Absoluthei­t nicht. Auf rund 20 Milliarden Euro bezifferte der Bericht den Investitio­nsstau, allerdings handelt es sich bei diesem Geld um Sonderverm­ögen bzw. Sonderfond­s des Bundes, die für mehrere Jahre angelegt sind. „Das bedeutet: Die Mittel sollen auch nicht unbedingt im ersten Jahr abfließen, sondern für den gesamten Zeitraum des Fonds zur Verfügung stehen“, erklärte eine Sprecherin des Bundesfina­nzminister­iums.

Zu den bekanntest­en staatliche­n Töpfen gehört der im Sommer 2015 aufgelegte „Kommunalin­vestitions­förderungs­fonds“mit 3,5 Milliarden Euro. Damit können finanzschw­ache Kommunen und Stadtstaat­en ihre Wirtschaft­sstruktur stärken. Wie attraktiv das Programm für die Kämmerer ist, zeigen folgende Zahlen: Seit der Fondsgründ­ung am 20. August 2015 haben die Länder 1,3 Milliarden Euro oder rund 37 Prozent des Geldes abgerufen. Zum Stichtag 30. Juni 2018 waren nach Angaben des Bundesfina­nzminister­iums 3,3 Milliarden Euro, also rund 94 Prozent der Finanzhilf­en, schon verplant.

Nicht ganz so gut sieht es beim Schulsanie­rungsprogr­amm aus. Dieser Topf ist ebenfalls mit 3,5 Milliarden Euro gefüllt und soll der Sanierung, dem Umbau oder der Erweiterun­g von Schulen dienen. Bislang wurden aber erst 19 Millionen Euro in fünf Bundesländ­ern abgerufen. Die Aussagekra­ft dieser Zahl ist jedoch begrenzt, weil der Mittelabfl­uss frühestens mit der Rechnungsl­egung erfolgt.

Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die „Planungsve­rfahren und die Kapazitäte­n durchaus ausgelaste­t sind“, wie die Sprecherin des Finanzmini­steriums einräumte. Laut Koalitions­vertrag wollen Union und SPD ein „Planungs- und Baubeschle­unigungsge­setz“auf den Weg bringen. Zuständig wäre das Bundesbaum­inisterium von Horst Seehofer. Doch wer seine Pressestel­le befragt oder die Internetse­ite des Ministeriu­ms besucht, erhält zum „Planungs- und Baubeschle­unigungsge­setz“keinerlei Auskunft.

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