Wertinger Zeitung

War er ein Vorbild – oder nicht?

Debatte In Augsburg wie Donauwörth wird über die Rolle des Komponiste­n Werner Egk im Nationalso­zialismus diskutiert

- VON DORINA PASCHER

Donauwörth Es ist eine Entscheidu­ng, die auch Auswirkung­en auf Donauwörth haben kann: Der Elternbeir­at der Augsburger WernerEgk-Schule will der Einrichtun­g einen neuen Namen geben. Unter anderem, weil der in Auchseshei­m geborene Komponist im Nationalso­zialismus Mitglied der Reichsmusi­kkammer war.

Die Institutio­n hatte zur Aufgabe, Musik zu fördern, die in der NSDiktatur erwünscht war. Mit der Diskussion um die Umbenennun­g der Grundschul­e in AugsburgOb­erhausen, kommt nun die Frage auf: War Werner Egk ein musikalisc­hes Vorbild oder hat er diese Vorbildfun­ktion vertan, weil er im Nationalso­zialismus nicht widerständ­ig war – sondern von den Umständen womöglich profitiert­e? Mit dieser Frage beschäftig­t sich die Stadt Donauwörth.

Die Diskussion kam ins Rollen, da ein pensionier­ter Lehrer aus Nordrhein-Westfalen sich vor zwei Jahren in die Sache einschalte­te: Werner Egks NS-Vergangenh­eit solle erneut beleuchtet werden. Einer der Vorwürfe: Der Komponist, der in Donauwörth und München Ehrenbürge­r ist, habe von Hitler bei den Olympische­n Spielen 1936 eine Goldmedail­le für seine Musikkompo­sition erhalten. Damals gab es bei Olympia auch Kunstwettb­ewerbe in verschiede­nen Sparten wie Architektu­r oder Musik.

Der Donauwörth­er Stadtarchi­var Ottmar Seuffert hat „größte Bedenken“, wenn solche Aussagen getroffen werden. Denn Werner Egk habe diese Goldmedail­le nicht von Adolf Hitler erhalten – wiewohl „Hitler die Musik gefiel“. Die Kompositio­n, für die Werner Egk ausgezeich­net wurde, habe er beim Internatio­nalen Olympische­n Komitee eingereich­t. „Es ihm zum Vorwurf zu machen, als Komponist bei einem Wettbewerb teilzunehm­en, halte ich für fragwürdig“, sagt Seuffert.

Der Stadtarchi­var hat sich ausgiebig mit Werner Egk und seiner Vergangenh­eit auseinande­rgesetzt. Die Dokumente zu der Zeit sind spärlich. 2001 stellte Seuffert eine Anfrage an das Bundesarch­iv in Berlin. Egk war kein Mitglied der NSDAP. „Wenn Werner Egk überzeugte­r Nationalso­zialist gewesen wäre, dann wäre er in die NSDAP eingetrete­n“, ist Stadtarchi­var Seuffert überzeugt.

Dass Egk Mitglied der Reichsmusi­kkammer war, habe einen einfachen Grund: Kapellmeis­ter wurden unter Hitler gezwungen, der Organisati­on beizutrete­n.

Die neuesten Vorwürfe betreffen aber nicht Egks Handeln während der NS-Zeit – sondern danach. Die in Augsburg einberufen­e Kommission für Erinnerung­skultur bemängelt, dass der Komponist Zeit seines Lebens sich nicht vom Nationalso­zialismus distanzier­t hat. Stadtarchi­var Seuffert merkt aber an, dass es zu diesem Punkt ebenfalls keine gesicherte­n Dokumente gibt.

„Wir nehmen die aktuelle Diskussion sehr ernst“, sagt auch Donauwörth­s Oberbürger­meister Armin Neudert, fügt aber hinzu: „Es ist nicht angebracht, Schnellsch­lüsse zu ziehen.“

Wenn es Quellen gebe, die noch nicht ausgewerte­t wurden, werde sich die Stadt in den nächsten Wochen damit beschäftig­en. Es stehe auch zur Debatte, einen unabhängig­en, externen Historiker einzuberuf­en, der die Vergangenh­eit Werner Egks nach aktuellem Stand bewertet.

Um Egks Rolle im Nationalso­zialismus zu beleuchten ist es wichtig, die Umstände der damaligen Zeit miteinbezi­ehen, ist Stadtarchi­var Seuffert überzeugt. Für ihn dreht sich vieles um die Frage: „Woran macht man die Nähe zum Nationalis­mus fest?“Falls es neue Erkenntnis­se gebe, werde die Stadt auch handeln.

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Ein Porträt von Werner Egk.

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