Technisches Verständnis von Natur
Zum WZ-Artikel „Hochwasserschutz kontra Naturschutz“vom 15. Februar:
Die Uferbereiche der Zusam sind wegen ihrer Röhrichtbestände, Hochstaudenfluren und wasserbegleitenden Gehölze seit 1993 biotopkartiert. Aus diesem Grunde kritisiert der Ortsvorsitzende des Bund Naturschutzes Gernot Hartwig mit Recht deren großflächige Beeinträchtigung und Beseitigung.
Hochwasserschutz hat Vorrang vor Biotopschutz: Mit diesem Argument rechtfertigt die Abteilungsleiterin des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth Jingbo Hasubek die umfangreichen Eingriffe als notwendige Pflegemaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen.
Nach ihrer Aussage handelt es sich bei Deichen um Bauwerke, die jährlich auf Mängel zu überprüfen sind. Beide, Herr Hartwig und Frau Hasubek, haben aus ihren jeweiligen Perspektiven Recht.
Grund des Problems ist aber, dass Deiche für Baumaßnahmen von Wasserwirtschaftsämtern als ökologische Ausgleichsflächen herangezogen werden dürfen und in die Biotopkartierung aufgenommen werden können. Diese Vorgehensweise resultiert aus einem technischen Verständnis von Natur, in dem künstlich erzeugte Ausgleichsflächen ohne Berücksichtigung der ökologisch notwendigen Kreisläufe natürlich entstandenen Lebensräumen gleichgestellt werden können. Dieser Sachverhalt bedarf einer dringenden Korrektur, denn Natur ist weder beliebig austauschbar noch kurzfristig verfügbar.
In diesem Zusammenhang ist die Aussage des Flussbaumeisters, dass nach der Rodungsaktion auf den Deichen jetzt „ähnlich wie auf ökologisch bewirtschafteten Wiesen, Gräser und Blumen ungehindert wachsen und Insekten sich ansiedeln können“mehr berechnendes Kalkül als blauäugige Illusion: Denn die Überbewertung der ökologischen Wirkung von Ausgleichsmaßnahmen und Biotopen hat – auch bei Deichen – System: Nämlich mit geringstem Einsatz, sich der ökologischen Verantwortung zu entledigen.
Josef Schrallhammer, Buttenwiesen