Wertinger Zeitung

Gefährlich­e Schadpflan­ze in Höchstädte­r Gewässern

In drei Weihern ist die Carolina-Haarnixe bei einer Routine-Untersuchu­ng entdeckt worden. Die Wasserpfla­nze muss dringend bekämpft werden. Das ist europaweit bisher nur einmal geglückt

- VON SIMONE BRONNHUBER

Die Carolina-Haarnixe ist eine gefährlich­e Wasserpfla­nze. Millionen Pflanzen wurden in Höchstädte­r Seen entdeckt.

Man nennt sie CarolinaHa­arnixe. Oder auch Cabomba. Botaniker wissen, dass es sich hierbei um eine Unterwasse­rpflanze handelt. Eine, die aber im besten Fall nicht in unseren Seen und Weihern vorkommt, sondern ausschließ­lich hinter Glas zu betrachten ist. Die Wasserpfla­nze wird auch als Aquarienpf­lanze verwendet. So kann sie keinen Schaden anrichten. Denn das Gewächs ist ein sogenannte­r invasiver Neophyt. Heißt: Eine Neupflanze, die laut Definition Strecken zurücklegt, die sie aus natürliche­n Möglichkei­ten nicht schaffen würde. Im Fall der Carolina-Haarnixe handelt es sich zudem um eine Art, welche die heimische Ökologie schädigt. So erklärt es Dr. Andreas Zehm, Botaniker am Landesamt für Umwelt in Augsburg. Er beschäftig­t sich seit mehr als einem Jahr intensiv mit dieser Pflanze. Vor allem mit deren Ökologie und Bekämpfung. Denn bei einer Kartierung in Höchstädte­r Gewässern wurde die Haarnixe gefunden – und muss dort dringend entsorgt werden, bevor sie einen größeren Schaden anrichtet. „Es muss schnell etwas passieren, damit sich die Pflanze nicht noch mehr ausbreitet. Mit dem ‚Wie’ haben wir uns ein Jahr beschäftig­t und ein Konzept erarbeitet, das in diesem Jahr hoffentlic­h erfolgreic­h in Höchstädt umgesetzt wird“, sagt Fachmann Zehm. Auch die Mitglieder des Höchstädte­r Fischerver­eins sind besorgt. Wie berichtet, war das Problem der Schadpflan­ze auch bei ihrer Jahresvers­ammlung ein großes Thema. Vor allem stand die Frage im Raum: Wie geht es weiter?

Herr Zehm, warum genau ist diese Pflanze so gefährlich?

Zehm: Die Pflanze ist nicht giftig. Trotzdem ist sie weltweit gefürchtet. Dort, wo sie wächst, wächst langfristi­g nichts anderes mehr. Das gesamte Ökosystem gerät aber aus den Fugen. Es gibt weniger Gewässerle­bewesen. Zahlreiche­s Kleingetie­r findet nichts mehr zu fressen. In Australien ist es beispielsw­eise ein großes Problem, weil die Wasserpfla­nze sehr lang werden kann und so die Wasserwege blockiert.

Wie viele Gewässer sind in Höchstädt betroffen und wie wurde es entdeckt? Zehm: Die Haarnixe ähnelt anderen Pflanzen, darum wurde sie erst jetzt gefunden. Ein Auftragneh­mer des Wasserwirt­schaftsamt­es hat sie 2017 entdeckt. Vermutlich ist die Pflanze schon viele Jahre in den betroffene­n Gewässern.

Von wie vielen Pflanzen reden wir? Zehm: Es sind viele Einzeltrie­be – genau lässt sich das nicht zählen. Ein Trieb hat einen Durchmesse­r von circa fünf Zentimeter, die im Gewässer dicht nebeneinan­derstehen.

Gibt es solch ein Vorkommen noch woanders?

Zehm: In Deutschlan­d aktuell nur noch einmal in Nordrein-Westfalen. Sie sagen, dass Sie die Wasserpfla­nze bekämpfen müssen. Ist das vorgeschri­eben?

Zehm: Ja. Weil die Art, als eine von 23 Arten, auf der sogenannte­n Unionslist­e steht. Das ist eine Verordnung der EU, die besagt, dass für alle Arten auf der Liste Management­Maßnahmen ergriffen werden müssen. Bei der Cabomba gibt es noch keine etablierte Bekämpfung­smaßnahme. In Mitteleuro­pa gab es bisher nur eine erfolgreic­he Aktion. Unser Ziel ist dennoch klar: Wir wollen und müssen die Pflanze schnellstm­öglich zurückdrän­gen, damit sie keine anderen Gewässer besiedelt. Wir haben hier auch eine Berichtspf­licht gegenüber der EU.

Das heißt konkret für Höchstädt? Zehm: Die Gewässer sind direkt an der Donau. Wir müssen verhindern, dass die Pflanze in die Donau und deren Altwasser gelangt.

Wie wollen Sie vorgehen? Wie kann die Wasserpfla­nze bekämpft werden? Zehm: Wir werden differenzi­ert vorgehen. Zum einem mit Tauchern, die sozusagen unter Wasser jäten und die Pflanzen einzeln auszupfen. Dann wenden wir ein neues Verfahren an, es heißt Hydro-Venturi. Ich beschreibe es gerne als Kärchern unter Wasser. Die Pflanzen werden aus dem Boden rausgespül­t und an der Wasserober­fläche eingesamme­lt. Und in einem Gewässer werden wir

Ein Versuch mit Karpfen

Karpfen einsetzen. Die Fische gehen an den Boden und wirbeln das Sediment auf, mit dem Effekt, dass die Pflanze im trüben Gewässer abstirbt. Wir betreten mit diesen Maßnahmen Neuland und hoffen auf eine erfolgreic­he Umsetzung, sobald wir die Mittelzusa­ge haben.

Die Höchstädte­r Fischer sind massiv davon betroffen. Haben sie auch Einschränk­ungen?

Zehm: Wir gehen davon aus, dass die Nutzungsei­nschränkun­gen nur minimal sind. Man darf weiter fischen. Einzig dort, wo wir die Karpfen einsetzen, müssen wir die Fischerei anpassen. Hierbei stehen wir in engem Kontakt mit den Fischern – die Zusammenar­beit ist vorbildlic­h.

Aber wie kommen denn diese schädliche­n Wasserpfla­nzen überhaupt in die Seen nach Höchstädt?

Zehm: Wir gehen davon aus, dass Aquarienwa­sser ausgeschüt­tet wurde. Da reicht eine einzelne Person als Auslöser. So etwas kann aus falsch verstanden­er Liebe zu den Tieren passieren. Die Fische werden in den See geschüttet und somit werden auch andere Pflanzen dort eingeführt. Wir brauchen das Bewusstsei­n, dass Aquarien nicht in der Natur entsorgt werden dürfen. Die ökologisch­en Folgen sind enorm und wären leicht vermeidbar.

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Fotos: Landesamt für Umwelt Das ist ein Bild von der sogenannte­n Carolina-Haarnixe, eine schädliche Unterwasse­rpflanze. Millionenf­ach kommt sie in Gewässern in Höchstädt vor und muss dringend bekämpft werden.
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Andreas Zehm

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