Bahn: Pendler bleiben auf der Strecke
Verkehr Nach dem Güterzug-Unglück müssen Fahrgäste in Gersthofen auf Straßenbahn und Bus ausweichen. Das klappt nicht so richtig gut. Entsprechend ist die Stimmung am Bahnsteig
Seit einer dreiviertel Stunde steht Lukas Baitz in Gersthofen am Bahnhof. Er will nach Herbertshofen. Aber wann er dort ankommt, weiß er nicht. Auf der Anzeigetafel am Bahnhof steht nur: Zug fällt aus. Keine Durchsage, keine Information. Baitz ist genervt. „Seit Tagen geht das so. Es ist eine Katastrophe“, schimpft er.
Wie ihm geht es vielen Pendlern im Augsburger Land. Seit in der Nacht auf Freitag drei Waggons eines Güterzugs nahe des Oberhauser Bahnhofs entgleisten, herrscht Chaos. Der sieben Kilometer lange Abschnitt zwischen Augsburg und Gersthofen wurde gesperrt. Es kommt zu massiven Einschränkungen im Bahnverkehr. Betroffen sind vor allem die Regionalzüge zwischen München und Donauwörth.
Am Dienstag fuhren lediglich drei von ihnen regulär – einer morgens, zwei abends. Viele Pendler, die mit dem Fuggerexpress zwischen Augsburg und Donauwörth unterwegs sind, müssen zwischen Gersthofen und Augsburg auf den Schienenersatzverkehr umsteigen. Lukas Baitz hat das gemacht. Um nach Herbertshofen zu kommen, fuhr er von Augsburg mit der Straßenbahn zum P+R Augsburg-Nord und stieg in den Ersatzbus zum Gersthofer Bahnhof um. Von dort sollte die Fahrt mit dem Zug weitergehen. Doch als er ankam, war kein Zug in Sicht. „Warum richtet man einen Ersatzverkehr ein, wenn der anschließende Zug auch noch ausfällt“, schimpft er. Doch was ihn am meisten ärgert: „Man bekommt keinerlei Informationen.“Nur mit Glück komme man voran.
Ähnlich sieht es eine junge Augsburgerin, die jeden Tag nach Donauwörth zur Arbeit pendelt. Wie Baitz steht sie in Gersthofen am Bahnhof und kommt nicht weiter. „Es ist der dritte Tag, ich habe mich fast schon an das Chaos gewöhnt“, sagt sie. Am Montag habe sie ein Taxi von Donauwörth nach Augsburg genommen, weil kein Zug mehr fuhr. Auch sie bemängelt die „schlechte Informationspolitik“seitens der Bahn. „Man bekommt über die Anzeige keine Auskunft und es ist niemand hier, den man fragen kann“, sagt sie. Wer sich nicht auskennt, sei aufgeschmissen.
Die etwa zehn Fahrgäste, die am Gersthofer Bahnhof warten, um in Richtung Donauwörth zu fahren, helfen sich gegenseitig. Während der eine die Bahn-App nach Informationen durchsucht, fragt der anderer, auf welchem Gleis der Zug denn nun eigentlich komme.
Seit die Güterwaggons in der Nacht auf Freitag am Oberhauser Bahnhof entgleisten, herrscht Chaos auf der Strecke zwischen Augsburg und Donauwörth. Nach Angaben der Bahn müssen Pendler mit Zugausfällen, längerer Reisezeit, Umstiegen und weniger Platz rechnen.
Bereits am Freitagmorgen kam es zu massiven Behinderungen. Thomas Dür aus Meitingen hat es miterlebt. Er vergleicht die Fahrt von Meitingen nach Augsburg mit einer „Abenteuerreise“. Es habe keine Lautsprecherdurchsagen am Bahnhof gegeben, schrieb er unserer Zeitung. „In Gersthofen mussten die Bahnreisenden teilweise über den unbeleuchteten Bahndamm zur nächsten Haltestelle gehen“, erklärt Dür. Auch dort habe niemand die Menschenmenge über die Weiterfahrt informiert. Der Meitinger hält es für eine Frechheit, wie die Bahn mit ihren Kunden umgeht.
Die Bahn bittet dagegen um Verständnis und empfiehlt Reisenden, sich kurz vor der Fahrt im Internet nach dem aktuellen Stand zu erkundigen. Noch ist unklar, warum die drei Güterwaggons beim Oberhauser Bahnhof entgleisten. Nach ersten Ermittlungen dürfte es ein Bremskeil gewesen sein, der dort nicht hingehörte. Laut Bundespolizei laufen die Ermittlungen. Darum sei noch unklar, ob es sich um das Versäumnis eines Bahnmitarbeiters oder um eine technische Ursache handelt. Fest steht nur: die Einschränkungen für Pendler dauern an. Ein Bahnsprecher erklärte, man arbeite mit Hochdruck daran, die Schäden zu reparieren. Doch die Beeinträchtigungen für die Reisenden würden nach derzeitigem Stand noch bis Sonntag dauern. Für Pendler im Augsburger Land heißt es also weiter: umsteigen und warten.