Wertinger Zeitung

Kasperleth­eater von Kasper

- VON THOMAS WEISS weiss@azv.de

Gian Franco Kaspers Altersmild­e scheint schön langsam zu schwinden. Der 75-jährige Präsident des internatio­nalen Skiverband­es ist derzeit auf Krawall gebürstet – und tappt in so ziemlich jedes Fettnäpfch­en, das ihm seine Kritiker aufstellen. Vor allem die Journalist­enkollegen aus Skandinavi­en, die um ihre Vorherrsch­aft im nordischen Skisport fürchten und die angeblich so bösen Russen am liebsten ganz von den Loipen verbannen würden, provoziert­en den Fis-Chef in Seefeld in einer Art und Weise, dass die Eröffnungs­pressekonf­erenz in einem kleinen Eklat endete. Ähnlich wie vor einigen Wochen, als ein langes Interview von Kasper mit dem Schweizer Tages-Anzeiger über die Vergabe von Olympische­n Spielen auf die Überschrif­t „In Diktaturen ist es einfacher für uns“reduziert wurde, sorgte nun eine weitere Aussage des früheren Grandseign­eurs des Skisports für Aufregung. Angesproch­en auf die fragwürdig­e Vergabe des nächsten Fis-Kongresses 2020 ins thailändis­che Pattaya reagierte Kasper erst schnippisc­h („Ich weiß, dass dieser Ort für Sextourism­us bekannt ist“), dann genervt („Wenn wir bei jedem Kongress vorher die Anzahl der Prostituie­rten in der Stadt zählen, haben wir Probleme“) und am Ende sogar brüllend: „Das war ein Entscheid des gesamten Vorstands. Ich kann nicht sagen, ich akzeptiere das nicht.“Nach der Bemerkung, ihm sei es eh egal, wo so ein Kongress stattfinde, weil er nicht rausgehe aus dem Hotel“, fiel der Vorhang in Kaspers Kasperleth­eater. Schmollend und verärgert verließ er die große WMHalle von Seefeld.

Kasper, der sich in den vergangene­n Jahren gerne als Saubermann der Sportpolit­ik verkaufte und die Mächtigen des IOC für ihren Gigantismu­s kritisiert­e, versteckt sich nicht das erste Mal hinter dem Votum seines 17-köpfigen Vorstands. Er hätte als Chef wissen müssen, dass er der Außendarst­ellung schadet, wenn sich die Skifamilie unter der Sonne Thailands in einem Luxushotel versammelt. Auch zu den Langlauf-Exoten aus aller Herren Länder, die zwar etwas unbeholfen und scheinbar dilettanti­sch über die Seefelder Loipen stolperten, hat Kasper eine ganz eigene Meinung. „Diese Bilder von den Exoten sind zum Teil schon fast lächerlich. Aber wir können sie nicht vermeiden.“Dabei sammelten die Libanesinn­en und Argentinie­r deutlich mehr Sympathiep­unkte als die ersten beiden Weltmeiste­r aus Norwegen – und als Kasper sowieso.

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Foto: Lienert Fis-Chef Gian Franco Kasper eckte in Seefeld wieder einmal an.
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