Vom Aquarium in die Biotonne
Vorkommen In Höchstädter Seen sind Millionen Schadpflanzen entdeckt worden, weil sie vermutlich falsch entsorgt wurden. Warum die Unterwasserpflanze mittlerweile sogar verboten ist
Höchstädt/Lauingen In vielen deutschen Haushalten war die CarolinaHaarnixe lange Zeit eine beliebte Pflanze. Als sie aber bei einer Routineuntersuchung 2017 in den Höchstädter Seen entdeckt wurde, war das eine Sensation. Denn die robuste Unterwasserpflanze gehört eigentlich in das Aquarium und nicht in heimische Seen und Gewässer, wo sie große Schäden anrichten kann. Wie der Botaniker vom Landesamt für Umwelt in Augsburg, Andreas Zehm, im Interview mit unserer Redaktion sagt, sei die Pflanze nicht giftig.
Trotzdem warnt er davor, dass sie das Gleichgewicht in den Höchstädter Gewässern schädigen könne. Auch Samantha Fennell von Fressnapf, dem Fachhandel für Tiernahrung und Zubehör in Lauingen, teilt diese Meinung und vermutet, dass die Pflanze deshalb 2016 von der EU auf die Unionsliste für invasive Pflanzenarten gesetzt und ihr Verkauf verboten wurde. Als Leiterin der Aquaristik-Abteilung weiß Fennell, wie man überflüssig gewordene Wasserpflanzen richtig entsorgt – und nicht einfach in Seen ausschüttet, wie es im Fall Höchstädt vermutet wird.
Bei Fressnapf wird auch die sensiblere Version der Pflanze, die Riesen-Haarnixe in der Zwischenzeit nicht mehr verkauft. „Die Pflanzen schauen identisch aus, allerdings ist die Riesen-Haarnixe temperaturanfälliger und geht bei winterlichen Temperaturen kaputt“, sagt Fennell. Im Gegensatz zu der verwandten Carolina-Haarnixe sei sie zwar weniger robust, könne unter den richtigen Bedingungen allerdings genauso schnell wachsen, so die Expertin. Für ein Aquarium mit 54 Litern Wasserfüllmenge reiche deshalb eine einzelne Pflanze aus. „Die Riesen-Haarnixe wächst wie Unkraut und kann eine Höhe von bis zu 1,50 Metern erreichen“, sagt Fennell. Weil sie nur 2,19 Euro kostet und damit viel günstiger ist als die meisten anderen Unterwasserpflanzen, die zwischen fünf und sechs Euro liegen, sei sie bei den Kunden besonders beliebt gewesen. Zusätzlich biete die schnell wachsende Pflanze auch Hilfe bei unerwünschten Algen: „Sie verbraucht alle Nährstoffe, sodass die Algen nichts mehr abbekommen“, sagt Fennell.
die Carolina-Haarnixe in den Höchstädter Gewässern bestens gedeiht und zu einer richtigen Plage wird, wundert die Expertin deshalb nicht. „In Seen mit nährstoffreichem Boden und guten Bakterienstämmen fühlt sich die Pflanze sehr wohl“, sagt sie. In den Wintermonaten könne die Haarnixe zwar nicht wachsen, aber ihre Form trotzdem halten. Wärmere Temperaturen ab 15 Grad Celsius seien für die Wasserpflanze dagegen ein absolutes Paradies, so Fennell. „Dann kann sie ungestört wuchern.“
Auch der lockere Boden im See sei optimal für die Wurzeln, um sich festzusetzen. In den Höchstädter Seegewässern könnten diese sich ungehindert über den gesamten Boden verteilen, vermutet Fennell. Doch weil die Pflanze auf der Unionsliste stehe und das Ökosystem schädige, müssten Maßnahmen ergriffen werden, um sie zu entfernen. Wie der Botaniker vom Landesamt für Umwelt weiß, gibt es aktuell noch keine etablierte Vorgehensweise.
Zehm sagt: „Wir wollen verhindern, dass die Carolina-Haarnixe in die Donau gelangt und müssen schnellstmöglich handeln.“Um die Schadpflanze zu bekämpfen, kämen drei verschiedene Methoden infrage, so der Botaniker. Die CarolinaDass Haarnixen könnten von Tauchern gejätet und ausgezupft werden oder mit einem Verfahren, das den Boden ausspült, beseitigt werden. Auch eine natürliche Methode mit Karpfen, die den Boden aufwirbeln und damit der Pflanze schaden, komme zum Einsatz.
Dennoch könnte das eine schwierige Aufgabe werden, weiß die Aquaristik-Expertin von Fressnapf. „Die Wurzeln der Pflanze müssen komplett raus, abschneiden allein funktioniert in diesem Fall nicht“, sagt sie.
Im Aquarium stelle die Pflanze keine Gefahr dar, da die Fische sehr gern von ihren feinen Blättern naschen und sie damit im Wachstum bremsen, so Fennell. Wie die wuchernden Schadpflanzen überhaupt in den Höchstädter Seen landen konnten, ist bisher unklar. Der Botaniker vom Landesamt für Umwelt vermutet dass Aquarienwasser im See entsorgt worden sein könnte. Fennell von Fressnapf gibt zu bedenken, dass die Natur im Blick behalten werden muss, auch wenn man sein Aquarium schnell loswerden möchte. „Wasserpflanzen müssen sachgemäß entsorgt werden, entweder im Restmüll oder der Biotonne“, sagt sie. Dort würden sie austrocknen und keine Gefahr für die heimische Ökologie darstellen.