Spurensuche nach den Narren der 20er Jahre
Geschichte Das historische Faschingsfoto, das am Donnerstag auf der ersten Seite unseres Lokalteils prangte, gibt es noch in einer zweiten, leicht unterschiedlichen Version. Und ein weiteres Rätsel behält das Bild noch für sich
Gundelfingen/Lauingen Das historische Foto eines Faschingsumzuges, mit dem wir am Donnerstag einen Artikel unserer Zeitung bebildert haben, hat einiges ausgelöst. Denn darauf war nicht, wie wir es behauptet hatten, Gundelfingen zu sehen, sondern Lauingen. Hinten ist das Rathaus zu erkennen, links der Giebel der Augustinerkirche.
Doch das Foto hat noch mehr Rätsel zu bieten. Gerhard Kleiber, Vorsitzender der Gundelfinger Glinken, hat sich nämlich auch bei unserer Redaktion gemeldet: „Ich habe das gleiche Foto! Darauf ist vorne über dem Reserverad mein im Krieg gefallener Onkel Robert Burger.“Das Foto war zwar in Lauingen aufgenommen worden, zeigt aber Gundelfinger Faschingsfreunde. Dazu passt die Geschichte von Ralf Kaschta, wie er an sein Foto gekommen ist: Er hat es bei einer Wohnungsauflösung in Gundelfingen ergattert.
Das Bild hat er bereits einmal abgedruckt, nämlich in der Chronik der Glinken. Es handelt sich um ein Foto, das von der gleichen Position kurz zuvor oder kurz danach aufgenommen wurde. Denn der Clown, der vorne am Wagen steht, fehlt darauf. Allerdings ist im Wageninneren eine Person zu erkennen, die der Clown sein könnte.
Eine gewisse Unsicherheit gibt es bei der Frage, in welchem Jahr das Bild entstanden ist. Sowohl auf der Rückseite von Kleibers Foto als auch auf der Rückseite von dem Bild, das uns unser Leser Ralf Kaschta vorbeigebracht hat, steht das Jahr 1928. Sein Onkel, Jahrgang 22, sei darauf aber wohl noch keine sechs Jahre alt, vermutet Kleiber. Er habe auf 1926 als Entstehungsjahr geschlossen.
Kleiber weiß dafür, wer das Bild ursprünglich aufgenommen hat: Foto Stier. Das Lauinger Geschäft gibt es inzwischen nicht mehr.
Kleiber hat nicht nur seinen Onkel auf dem Foto identifiziert, sondern auch die meisten anderen Personen. Auf dem Dach des Autos sitzt ganz links Leo Müller, der lange Friseurmeister in der Gundelfinger Hauptstraße war. Neben ihm ist sein Nachbar Hermann Keusch, den viele Gundelfinger als Uhrmachermeister kennen dürften, zu sehen. Von der dritten Person auf dem Dach ist Kleiber nur der Nachname bekannt, es handelt sich offenbar um einen Herrn Lemp. Unten links sitzt Kleibers Onkel Robert Burger neben Hugo Knoll. Rechts ist Gustav Keusch zu sehen.
Eine Verwandte von Gustav und Hermann Keusch ist Erika Reile, die im Jahr 2019 in eben der Gundelfinger Hauptstraße wohnt. Sie hat das Bild in der Zeitung gesehen und kennt ein paar der Abgebildeten ganz genau. „Das war der Bruder von meiner Mutter“, sagt sie zuerst – es geht um ihren Onkel Hugo Knoll, der Erwachsene vorne auf dem Wagen. „Das war der Faschingshansel.“Und dann ist da auf dem Foto noch Hermann Keusch zu sehen. „Das ist mein Vater“, erklärt Erika Reile. Gustav Keusch, der kleine Junge neben Knoll, ist auch mit Reile verwandt: Es ist ihr Cousin. Die beiden Kinder auf dem Bild eint das gleiche Schicksal. Wie Robert Burger ist auch Gustav Keusch nicht aus dem Krieg zurückgekehrt.
Ein paar Fragen bleiben aber doch noch offen. Denn wer genau Herr Lemp ist, da ist sie sich auch unsicher. Und weder Vor- noch Nachnamen hat bisher der Clown.
Doch vielleicht lässt es sich ja noch klären, wer der Mann ist, der für das zweite Foto den Wagen verlassen hat.
Wenn einer unserer Leser Bescheid weiß oder mehr über Herrn Lemp erzählen kann, freuen wir uns über eine Nachricht per E-Mail an redaktion@donau-zeitung.de.