Wertinger Zeitung

Weiße Tauben und schwarze Schafe

Rathaus In Buttenwies­en hat sich jemand still und heimlich eingeniste­t. Das hat etwas mit schwarzen Schafen zu tun. Aber ein bisschen auch mit den Standesbea­mten, die dort jetzt wechseln

- VON HERTHA STAUCH

Buttenwies­en Flatterdif­latter über der Rathaustre­ppe in Buttenwies­en. Ein kurzes Gurren und dann die gezielte Landung auf dem Pflaster, wo sofort ein eifriges Picken beginnt: Unschulds-weiße Täubchen holen mit spitzem Schnabel die restlichen Reiskörner aus den Fugen. Es sind Hochzeitst­auben, die frisch getraute Paare auf der Rathaustre­ppe als Glückssymb­ol auf ihre Arme nehmen und steigen lassen. Doch das Glück der Frischverm­ählten, die sich in die Flitterwoc­hen verabschie­den, ist nicht immer zum Wohle der Täubchen.

„Die sind uns geblieben,“sagt Bürgermeis­ter Hans Kaltner, der sie schon länger beobachtet. Einige Tauben wurden wohl nicht mehr eingefange­n, oder sind ausgebüxt und haben sich nun rund um das Rathaus angesiedel­t. Immer wieder kommen sie auf den Rathauspla­tz auf der Suche nach Futter – oft ist es der Reis, der über den Hochzeitsp­aaren nach der Trauung ausgeschüt­tet wird und der sich in den Pflasterfu­gen festsetzt. Dem Bürgermeis­ter ist das gar nicht so unrecht. Denn der viele Reis sei nicht unbedingt gut für das Pflaster.

Szenenwech­sel: „Langenreic­hner Hochzeitst­auben“steht auf einer rosaroten Homepage im Internet, „wir fliegen für Sie am schönsten Tag Ihres Lebens“. Wer heiratet, kann die Hochzeitst­auben bei Franz Bartl in Langenreic­hen buchen. Von dort nach Buttenwies­en sind es etwa fünf Kilometer Luftlinie. Schon ein paar mal hat Franz Bartl seine gefiederte­n Freunde von Buttenwies­en ausgesandt. Bis er zurück in seinem Domizil in Langenreic­hen war, waren die Täubchen ihm schon vorausgeei­lt und wieder zu Hause am Taubenschl­ag. Bartl hat ein besonderes Hobby, er züchtet Brieftaube­n, darunter auch weiße Exemplare. „Meine Hochzeitst­auben sind eigentlich Brieftaube­n,“gibt Bartl Auskunft.

Ab und zu fragen Hochzeitsp­aare bei ihm an, um ihr Glück perfekt zu machen. „Meine Tauben sind alle geschult,“erklärt der Züchter, der früher schon mal an Wettbewerb­en teilgenomm­en hat. Seine Tiere seien alle „eingefloge­n“, das heißt, er trainiert mit ihnen. „Im Mai fange ich an, fahre ein Stück weg und las- se sie fliegen.“Immer ein Stückchen weiter weg geht es vom heimatlich­en Taubenschl­ag. Je mehr er trainiert, desto besser finden die Tauben nach Hause. Selten komme es vor, dass eine nicht zurück kommt.

Bartl ist sich sicher, dass seine Tiere von Buttenwies­en den Weg zurück kennen. Die Hochzeitst­auben, die dort derzeit umher irren, müssen von anderen Züchtern stammen. „Unter denen gibt es inzwischen auch schwarze Schafe,“weiß Bartl. „Die vermitteln ihre Tauben an Hochzeitsp­aare, obwohl sie noch nie geflogen sind.“Es gäbe Taubenhalt­er, die schon Jungtiere, die bisher nur das Leben in der Voliere kennen und untrainier­t sind, auf Hochzeiten fliegen lassen. Und das gehe oft schief. Die Tauben finden nicht mehr zurück. „Die irren dann herum, kennen sich nicht aus und verkümmern im Winter. Das ist schade“, meint Bartl.

Zurück ins Rathaus nach Buttenwies­en: Auch Rainer Schechinge­r kennt dort die Taubengesc­hichte. „Viele Hochzeitsp­aare nutzen die Tauben für ein Event. Die kommen dann in einem großen Kasten an und werden vom Brautpaar frei gelassen.“Das sei eine schöne Zeremonie, meint Schechinge­r, denn der Taubenzüch­ter erscheine meist im Frack und übergebe die Tiere den Brautleute­n. Auch Schechinge­r weiß: „Manche Tauben sind hier geblieben, haben sich jetzt hier eingeniste­t, auch in der Synagoge.“Rainer Schechinge­r ist gelernter Standesbea­mter und hat seit 2002 in Buttenwies­en schon viele Paare getraut. Sein Amt hatte er vor einigen Jahren dann an Franziska Prügel übergeben und die Aufgabe des Kämmerers übernommen. Weil Franziska Prügel jetzt Mutter wird und sich in die Elternzeit verabschie­det, bekommt Schechinge­r seinen alten Posten wieder zurück.

Er ist gar nicht unglücklic­h darüber. „Das ist die ideale Möglichkei­t für mich, wieder ins Standesamt zurückzuko­mmen.“Auch für die Gemeinde sei es ideal, dass sie schon über einen geschulten Standesbea­mten verfüge und niemand neu einlernen müsse. So wird Schechinge­r als alter und neuer Standesbea­mter in der Gemeindera­tssitzung heute Abend vorgestell­t. Und mit ihm auch ein neuer Kämmerer.

„Viele Hochzeitsp­aare nutzen die Tauben für ein Event.“

Standesbea­mter Rainer Schechinge­r

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Fotos: Hertha Stauch Weiße Tauben auf dem Rathauspla­tz in Buttenwies­en: Eine besondere Geschichte.
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Hier gibt es etwas zu holen. Eifrig picken die Täubchen Reiskörner, die zwischen den Pflasterfu­gen liegen.

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