Wertinger Zeitung

Läden müssen wegen Personalma­ngels schließen

Arbeitswel­t Vor allem kleine Geschäften suchen oft vergeblich nach guten Verkäufern. Arbeitszei­ten, Stress und schlechte Bezahlung schrecken Bewerber ab

- VON CHRISTINE HORNISCHER UND LEONIE BRAUNSCHWE­IG

Region Augsburg Immer mehr kleine Geschäfte müssen tageweise schließen. Der Grund: Personalma­ngel. Andere tun sich schwer, verlässlic­he Mitarbeite­r zu finden. Sowohl auf dem Land als auch in der Großstadt suchen viele Einzelhänd­ler teilweise verzweifel­t nach qualifizie­rten Verkäufern. Marcus Vorwohlt, Geschäftsf­ührer des Modehauses Rübsamen, bringt das Dilemma der Arbeitgebe­r in Zeiten einer niedrigen Arbeitslos­enquote so auf den Punkt: „Es kann nicht jeder eingestell­t werden, denn es geht nicht nur um die fachliche Eignung, sondern auch um den Umgang mit den Kunden.“

Rübsamen betreibt neben seinem Stammhaus in Augsburg und dem Shop in der City-Galerie unter anderem Filialen in Friedberg und Aichach. Vorwohlt tut sich schwer, geeignete Arbeitskrä­fte zu finden, berichtet er. Die Suche sei schwierige­r

„Erscheinun­gsbild und Empathie sind sehr wichtig“

als früher, dauere länger und müsse über verschiede­ne Kanäle ablaufen. „Es geht dabei nicht nur um einen guten Abschluss der Bewerber, sondern um die sogenannte­n Soft Skills, die man mitbringen muss: Offenheit, Erscheinun­gsbild und Empathie sind sehr wichtig.“In kleineren Städten sei es einfacher, Mitarbeite­r zu finden, da die Menschen sich dort mehr mit ihrem Ort identifizi­eren, ihr soziales Netzwerk und kurze Arbeitsweg­e schätzen. Außerdem seien die Arbeitszei­ten besser als in Augsburg, weiß er.

Trotzdem ist auch in Kleinstädt­en der Personalma­ngel ein großes Problem. Gabriele Schadl von Feinkost Schadl am Friedberge­r Marienplat­z berichtet: „Ich habe zwei Jahre lang gesucht, dann hatte ich endlich eine Verkäuferi­n. Sie hat aber nach zwei Monaten wieder gekündigt, weil ihr die Arbeit zu viel war und sie samstags arbeiten musste.“Damit hat Gabriele Schadl die Auswirkung dessen zu spüren bekommen, was allgemein über den Beruf gesagt wird: Die Arbeitszei­ten sind schlecht, es ist stressig und es man verdient schlecht.

In Gersthofen musste Georg Lie- eine Filiale seiner gleichnami­gen Bäckerei sogar ganz schließen, nachdem er kein Personal mehr finden konnte. Zuvor hatte er die Öffnungsze­iten begrenzt – das half aber nicht aus der Krise. Die anderen Liepert-Filialen in Nordendorf, Westendorf, Meitingen, Biberach, Langweid und Pfaffenhof­en sind regelmäßig geöffnet – im Moment zumindest. „Oft sind die Bewerber unqualifiz­iert oder es gibt überhaupt keine“, erzählt Liepert. Er sieht das Problem in der Attraktivi­tät des Berufs: „Viele interessie­ren sich für die Industrie, nicht mehr für Der eigene Erfolg und das Gehalt sind heutzutage scheinbar sehr wichtig.“

André Köhn, Bezirksges­chäftsführ­er des Handelsver­bandes in Schwaben, spricht von einem Trend, der bundesweit feststellb­ar sei. „Gute Angestellt­e werden rar“, weiß er. Durch alle Branchen hinweg gebe es Personalma­ngel – von Blumen- bis Textilhand­el. Für Köhn ist klar, dass das mit am demografis­chen Wandel liegt. Es gebe weniger junge Leute und somit auch weniger Berufsanwä­rter. Außerdem tendieren ihm zufolge viele Auszupert bildende zu Bürojobs. „Der Verkäufer muss für seine Ware brennen und der Funke soll auch auf den Kunden überspring­en“, so Köhn. Dies werde immer schwierige­r, da viele Konsumente­n bestens informiert sind, da sie im Internet recherchie­ren. Sie wollen von qualifizie­rten Angestellt­en beraten werden und diese seien schwierig zu finden.

Das hat auch Georg Eidelsburg­er zu spüren bekommen, der kürzlich seine Metzgerei in Merching eröffnete. Er hatte schon eine Verkäuferi­n gefunden, die aber wieder absprang, weil er später als geplant erVerkaufs­tätigkeite­n. öffnen musste. „Ich wollte ihr sogar den Lohn bis zur Eröffnung zahlen“, sagt der Merchinger. Arbeiten in Metzgereie­n sei leider nicht so gut angesehen, sagt der ausgebilde­te Metzgermei­ster.

Viele Betriebe zahlen ihm zufolge zu wenig und man müsse oft früh aufstehen und am Samstag arbeiten. „Ich wünsche mir, dass die Leute wieder vermehrt in kleinere Läden gehen. Das bedeutet einfach Lebensqual­ität“, so Eidelsburg­er. „Vielleicht wird dann auch das Berufsbild des Verkäufers wieder interessan­ter.“

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Symbolfoto: Thorsten Jordan Sowohl auf dem Land als auch in der Großstadt suchen Einzelhänd­ler teilweise verzweifel­t nach qualifizie­rten Verkäufern. Es gehe nicht nur um die fachliche Eignung, sondern auch um den Umgang mit den Kunden.

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