Läden müssen wegen Personalmangels schließen
Arbeitswelt Vor allem kleine Geschäften suchen oft vergeblich nach guten Verkäufern. Arbeitszeiten, Stress und schlechte Bezahlung schrecken Bewerber ab
Region Augsburg Immer mehr kleine Geschäfte müssen tageweise schließen. Der Grund: Personalmangel. Andere tun sich schwer, verlässliche Mitarbeiter zu finden. Sowohl auf dem Land als auch in der Großstadt suchen viele Einzelhändler teilweise verzweifelt nach qualifizierten Verkäufern. Marcus Vorwohlt, Geschäftsführer des Modehauses Rübsamen, bringt das Dilemma der Arbeitgeber in Zeiten einer niedrigen Arbeitslosenquote so auf den Punkt: „Es kann nicht jeder eingestellt werden, denn es geht nicht nur um die fachliche Eignung, sondern auch um den Umgang mit den Kunden.“
Rübsamen betreibt neben seinem Stammhaus in Augsburg und dem Shop in der City-Galerie unter anderem Filialen in Friedberg und Aichach. Vorwohlt tut sich schwer, geeignete Arbeitskräfte zu finden, berichtet er. Die Suche sei schwieriger
„Erscheinungsbild und Empathie sind sehr wichtig“
als früher, dauere länger und müsse über verschiedene Kanäle ablaufen. „Es geht dabei nicht nur um einen guten Abschluss der Bewerber, sondern um die sogenannten Soft Skills, die man mitbringen muss: Offenheit, Erscheinungsbild und Empathie sind sehr wichtig.“In kleineren Städten sei es einfacher, Mitarbeiter zu finden, da die Menschen sich dort mehr mit ihrem Ort identifizieren, ihr soziales Netzwerk und kurze Arbeitswege schätzen. Außerdem seien die Arbeitszeiten besser als in Augsburg, weiß er.
Trotzdem ist auch in Kleinstädten der Personalmangel ein großes Problem. Gabriele Schadl von Feinkost Schadl am Friedberger Marienplatz berichtet: „Ich habe zwei Jahre lang gesucht, dann hatte ich endlich eine Verkäuferin. Sie hat aber nach zwei Monaten wieder gekündigt, weil ihr die Arbeit zu viel war und sie samstags arbeiten musste.“Damit hat Gabriele Schadl die Auswirkung dessen zu spüren bekommen, was allgemein über den Beruf gesagt wird: Die Arbeitszeiten sind schlecht, es ist stressig und es man verdient schlecht.
In Gersthofen musste Georg Lie- eine Filiale seiner gleichnamigen Bäckerei sogar ganz schließen, nachdem er kein Personal mehr finden konnte. Zuvor hatte er die Öffnungszeiten begrenzt – das half aber nicht aus der Krise. Die anderen Liepert-Filialen in Nordendorf, Westendorf, Meitingen, Biberach, Langweid und Pfaffenhofen sind regelmäßig geöffnet – im Moment zumindest. „Oft sind die Bewerber unqualifiziert oder es gibt überhaupt keine“, erzählt Liepert. Er sieht das Problem in der Attraktivität des Berufs: „Viele interessieren sich für die Industrie, nicht mehr für Der eigene Erfolg und das Gehalt sind heutzutage scheinbar sehr wichtig.“
André Köhn, Bezirksgeschäftsführer des Handelsverbandes in Schwaben, spricht von einem Trend, der bundesweit feststellbar sei. „Gute Angestellte werden rar“, weiß er. Durch alle Branchen hinweg gebe es Personalmangel – von Blumen- bis Textilhandel. Für Köhn ist klar, dass das mit am demografischen Wandel liegt. Es gebe weniger junge Leute und somit auch weniger Berufsanwärter. Außerdem tendieren ihm zufolge viele Auszupert bildende zu Bürojobs. „Der Verkäufer muss für seine Ware brennen und der Funke soll auch auf den Kunden überspringen“, so Köhn. Dies werde immer schwieriger, da viele Konsumenten bestens informiert sind, da sie im Internet recherchieren. Sie wollen von qualifizierten Angestellten beraten werden und diese seien schwierig zu finden.
Das hat auch Georg Eidelsburger zu spüren bekommen, der kürzlich seine Metzgerei in Merching eröffnete. Er hatte schon eine Verkäuferin gefunden, die aber wieder absprang, weil er später als geplant erVerkaufstätigkeiten. öffnen musste. „Ich wollte ihr sogar den Lohn bis zur Eröffnung zahlen“, sagt der Merchinger. Arbeiten in Metzgereien sei leider nicht so gut angesehen, sagt der ausgebildete Metzgermeister.
Viele Betriebe zahlen ihm zufolge zu wenig und man müsse oft früh aufstehen und am Samstag arbeiten. „Ich wünsche mir, dass die Leute wieder vermehrt in kleinere Läden gehen. Das bedeutet einfach Lebensqualität“, so Eidelsburger. „Vielleicht wird dann auch das Berufsbild des Verkäufers wieder interessanter.“